High Fidelity (German Edition)
sie das nicht tut. Sie spricht von Kleinkram, Ballast, dem Zeug, das einen am Boden hält.
»Das ist leicht gesagt, oder, du tolle Staranwältin. Ich bin ja nicht schuld, daß der Laden nicht gut läuft.«
»Du lieber Himmel.« Sie schaltet bemerkenswert grob und spricht eine Weile nicht mit mir. Ich weiß, daß wir beinahe etwas erreicht hätten. Ich weiß, wenn ich kein Schwächling wäre, würde ich ihr sagen, daß sie recht hat und klug ist und daß ich sie liebe und brauche, und ich hätte sie gebeten, mich zu heiraten oder so was. Nur daß ich mir, na ja, meine Chancen offenhalten will, und überhaupt ist jetzt nicht der Moment, weil sie mit mir noch nicht fertig ist.
»Weißt du, was mich wirklich aufregt?«
»Ja. Alles, was du mir gerade gesagt hast. Die Art, wie ich mir meine Chancen offenhalte und alles.«
»Davon abgesehen.«
»Scheiße noch mal.«
»Ich kann dir genau – ganz genau – sagen, was mit dir nicht stimmt und was du dagegen tun müßtest, und du könntest nicht ansatzweise dasselbe für mich tun. Oder doch?«
»Ja.«
»Dann los.«
»Du hast deinen Job satt.«
»Und das stimmt nicht mit mir, ja?«
»Mehr oder weniger.«
»Siehst du? Du hast keinen Schimmer.«
»Gib mir eine Chance. Wir leben doch gerade erst wieder zusammen. In ein paar Wochen entdecke ich vielleicht mehr.«
»Aber ich habe meinen Job überhaupt nicht satt. Er macht mir sogar ziemlichen Spaß.«
»Das sagst du nur, um mich blöd dastehen zu lassen.«
»Nein. Ich liebe meine Arbeit. Sie ist abwechslungsreich, ich mag die Leute, mit denen ich arbeite, ich habe mich an das Geld gewöhnt … was mir nicht gefällt, ist, daß sie mir gefällt. Sie verwirrt mich. Ich bin nicht die, die ich werden wollte, als ich aufgewachsen bin.«
»Wer wolltest du denn werden?«
»Nicht irgendeine Frau im Anzug mit Sekretärin, die immer auf eine mögliche Partnerschaft schielt. Ich wollte Pflichtverteidigerin mit einem DJ als Freund sein, und daraus ist nichts geworden.«
»Dann such dir einen DJ. Was kann ich daran ändern?«
»Ich will nicht, daß du irgendwas daran änderst. Ich will nur, daß du siehst, daß ich nicht ausschließlich durch meine Beziehung mit dir definiert bin. Ich will, daß du verstehst, daß bei mir noch lange nicht alles klar ist, nur weil zwischen uns wieder alles klar ist. Ich habe andere Zweifel und Sorgen und Ambitionen. Ich weiß nicht, welches Leben ich führen will, und ich weiß nicht, wie das Haus aussehen soll, in dem ich leben möchte, und es macht mir Sorgen, wieviel Geld ich in zwei oder drei Jahren verdienen werde, und …«
»Warum konntest du mir das nicht direkt sagen? Wie soll ich auf so was kommen? Warum machst du so ein Geheimnis daraus?«
»Ich mache kein Geheimnis daraus. Ich will dir nur klarmachen, daß das, was mit uns passiert, nicht alles ist. Daß ich weiterexistiere, auch wenn wir nicht zusammen sind.«
Da wäre ich irgendwann auch alleine drauf gekommen. Ich hätte begriffen, daß es, nur weil ich völlig aus dem Leim gehe, wenn ich keinen Partner habe, anderen noch lange nicht so gehen muß.
4. (Vor dem Fernseher, am folgenden Abend.)
»… irgendwohin, wo es schön ist. Italien. Die Staaten. Vielleicht auch die Westindischen Inseln.«
»Ausgezeichnete Idee. Dann mache ich es so: Morgen besorge ich mir eine Handvoll Elvis-78er auf Sun in Mint-Verfassung und finanziere es so.« Ich muß wieder an die Lady aus Wood Green mit dem abtrünnigen Ehemann und der sagenhaften Singles-Sammlung denken, und es versetzt mir einen kurzen Stich des Bedauerns.
»Ich vermute, das ist irgendein sarkastischer Plattensammlerwitz.«
»Du weißt, wie blank ich bin.«
»Du weißt, daß ich dich einlade. Auch wenn du mir immer noch Geld schuldest. Warum mache ich diesen Job, wenn ich meine Ferien in einem Zelt auf der Insel Wight verbringen muß?«
»O ja, und woher nehme ich das Geld für ein halbes Zelt?«
Wir sehen zu, wie Jack Duckworth › Anmerkung versucht, eine Fünfzigpfundnote, die er beim Pferderennen gewonnen hat, vor Vera zu verstecken.
»Auf das Geld kommt es nicht an, weißt du. Mir ist es egal, wie wenig du verdienst. Ich möchte nur, daß deine Arbeit dich glücklicher macht, davon abgesehen kannst du tun, was du willst.«
»Aber so war es nicht geplant. Als ich dich kennenlernte, waren wir vom gleichen Schlag, und jetzt sind wir's nicht mehr, und …«
»Inwiefern waren wir vom gleichen Schlag?«
»Du warst ein Mensch, der abends zum Groucho kam, und ich war
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