High Heels im Hühnerstall
Frauen hier offenbar mit größter Begeisterung ihr Mittagessen zubereiten. Und die Moral der Geschichte lautet: Heirate nie überstürzt einen Mann, den du kaum kennst … Ups, sorry.«
»Das ist nicht das Gleiche«, rief Sophie entsetzt aus. »Diese Alison und ich, wir haben nichts gemein.«
»Nein, nein, ich weiß, und das habe ich auch gar nicht behauptet«, beeilte Christina sich, sie zu beruhigen. »Jedenfalls sind sie heutzutage ein ziemlicher Hit, diese Scheidungspartys. Aber ich habe noch nie von einer Entlobungsparty gehört. Vor allem nicht nach etwa fünf Minuten. Komm schon, Süße. Erzähl mir alles.«
»Ich will nicht«, antwortete Sophie und beobachtete Alison, die lachte und so glücklich und befreit wirkte. »Ich möchte heute Abend nicht darüber reden, ich möchte mich nur betrinken und ein bisschen Spaß haben.« Sophie griff begeistert nach ihrem Glas, doch kaum schmeckte sie das Getränk auf ihrer Zunge, wollte sie es nicht mehr, sie fühlte sich einsam und sehnte sich auf einmal nach Mrs Alexanders heißer Schokolade.
»Verfluchte Scheiße, ich bin sogar beim Trinken eine Versagerin«, seufzte Sophie. »Und dabei konnte ich mich darauf immer verlassen. Hast du irgendwelche harte Drogen dabei? Vielleicht kann ich damit eine Zeit lang meine Probleme vergessen.«
»Du nimmst keine harten Drogen«, entgegnete Christina. »Dafür bist du viel zu vernünftig. Ach, Süße, komm schon. Du siehst wunderbar aus, du hast fantastische Schuhe an, und du bist in der aufregendsten Stadt der Welt! Wie wäre es, wenn wir diese Party verlassen? Hier gibt es sowieso keine alleinstehenden Männer – was, wenn du mich fragst, bei einer Scheidungsparty ein Hohn ist –, lass uns durch die Clubs ziehen! Wir fahren mit dem Taxi zu diesem Nachtclub in Kensington, in dem Prinz William verkehrt. Vielleicht schaffen wir es, irgendwelche Royals zu verführen.«
»Ich bin nicht in der Stimmung für verbotenen aristokratischen Sex«, antwortete Sophie und rührte gelangweilt ihren Cocktail um.
»Gib es zu – du vermisst ihn, stimmt’s?« Christina seufzte. »Warum gehst du nicht raus und rufst ihn an? Es wird ihm nichts ausmachen, dass es spät ist, und du fühlst dich bestimmt besser, sobald du mit ihm geredet hast. Nach meiner Meinung klingt es ganz nach Nervenflattern vor der Hochzeit, verkompliziert durch das erwachsene uneheliche Kind – übrigens, ist er Single? Der uneheliche Nachwuchs?«
»Du hast recht«, sagte Sophie, die beschloss, die letzten Fragen zu ignorieren, weil Christina es im Gegensatz zu ihr geschafft hatte, sich mehrere Mojitos hinter die Binde zu kippen. »Ich rufe ihn an. Tut mir leid, dass ich so langweilig bin, nachdem ich dich darum gebeten habe, hierherkommen zu dürfen. Vermutlich hat die Seeluft das Partygirl aus mir herausgesaugt. Ich rufe Louis an, dann komme ich wieder und trinke diesen verdammten Cocktail, selbst wenn er mich umbringt.«
»Genau das habe ich immer an dir gemocht«, stellte Christina fest, als Sophie sich von ihrem Platz erhob. »Deine natürliche joie de vivre. «
Als Sophie die Bar verließ, kam sie an der großen Rothaarigen vorbei, die gerade von einem Mann mit langen Haaren innig umarmt wurde. Sie sahen aus wie Frischverheiratete im ersten Liebesrausch, dachte Sophie neidisch. Allein beim Anblick der beiden, wusste Sophie, dass sie bis jetzt noch keine Komplikationen oder Probleme bewältigen mussten, und sie schloss für eine Sekunde die Augen und wünschte sich inständig auf Louis’ Sofa vor dem elektrischen Kamin zurück.
Die Lobby des St Martins Lane Hotels war minimalistisch gehalten, fast ausschließlich weiß dekoriert, mit seltsamen zahnförmigen Sesseln und einem großen und allem Anschein nach wahllos aufgestellten Schachspiel auf dem glänzenden Fliesenboden. Unbeholfen nahm Sophie auf einem Zahn Platz und zog das Handy aus ihrer Tasche. Da sie sich nun erlaubt hatte, mit Louis zu sprechen, konnte sie es kaum erwarten, seine Stimme zu hören, ihm zu sagen, dass sie ihn natürlich liebte, und um jene Worte zu finden, von denen sie hoffte, dass sie sie wieder miteinander verbinden und ihr das sichere Gefühl vermitteln würden, dass er sie trotz aller Schwierigkeiten, die sich vor ihnen auftaten, liebte. Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn vermisste und dass sie gleich morgen Vormittag zu ihm zurückfahren würde.
»Sophie?« Der Klang ihres Namens mit fremdem Akzent ließ sie innehalten. Sie blickte auf und sah Jake Flynn auf sie zukommen.
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