High Heels im Hühnerstall
aber sein offenkundiges Desinteresse an ihr schmerzte so sehr, als hätte er ihr ins Gesicht geschlagen. Sie senkte den Kopf, vergrub das Gesicht in Izzys Haaren und schloss die Augen, bis die Gefahr vorüber war, dass sie in Tränen ausbrechen könnte. »Vielen Dank, dass sie hierbleiben dürfen. Sie sind viel lieber hier bei Soph und Ihnen als sonst irgendwo.«
»Kein Problem«, antwortete Iris und warf den Mädchen einen liebevollen Blick zu. »Schließlich gehört ihr quasi zur Familie, und ihr beiden Hübschen seid die bravsten kleinen Mädchen, die ich kenne!« Iris kraulte Izzy unter dem Kinn, als wäre sie einer ihrer Schoßhunde, und der Fairness halber musste gesagt werden, dass sie eine erstaunliche Ähnlichkeit mit ihnen hatte, weil sie, sobald die Kekse aufgetaucht waren, vom Sofa geklettert war und absolut reglos neben Scooby stand, ihr Kopf nicht ganz auf gleicher Höhe mit seinem, während beide Augenpaare die Beute fixierten.
»Na ja, dann komm mit mir«, sagte Iris. »Und du auch, Bella. Wir gehen in die Küche und lassen Daddy und Sophie in Ruhe reden.« Sie sah Wendy an und atmete kurz ein.
»Kommen Sie mit, und trinken Sie eine Tasse Tee, Wendy«, befahl sie beinahe. Sophie sah zu Louis’ Begleiterin hinüber. Sie sah müde aus, ihr Gesicht war angespannt, und sie hatte dunkle Ringe unter den Augen. Sie machte den Eindruck, als hätte sie, aber auch Louis, in letzter Zeit nicht viel geschlafen. Seine Bartstoppeln waren schon fast zu einem Bart gewachsen, und er wirkte ein bisschen verloren, ein wenig wie damals, als Sophie ihm an dem Abend nach seiner Rückkehr zum ersten Mal begegnete, nachdem er herausgefunden hatte, dass Carrie ums Leben gekommen war. Er hatte vor ihrer Wohnung auf sie gewartet, weil er unbedingt die Kinder treffen wollte, die er seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte, und um Wiedergutmachung zu leisten. An diesem Abend hatte Sophie ihn fälschlicherweise für einen Herumtreiber gehalten. Doch heute Abend bestand kein Zweifel, dass er der Mann war, den sie liebte, egal, wie zerzaust und müde er war, und auf einmal war sie von all dem Nachdenken und den Bemühungen, Gewissheit zu erlangen, erschöpft. Sie wusste nur, dass sie ihn liebte, und sie wollte alles tun, um ihn glücklich zu machen, damit dieses müde, verlorene Aussehen verschwand. Und wenn das bedeutete, darauf zu warten, bis er die Dinge mit Wendy und Seth geregelt hatte, dann würde sie sich so lange in Geduld üben.
»Wir haben nicht viel Zeit«, sagte Wendy und warf Louis einen Blick zu, während sie Iris in Richtung Küche folgte. »Ich möchte heute Abend wirklich versuchen, ihn zu treffen.«
»Wir brauchen nicht lange.« Louis lächelte Wendy beruhigend zu, während Sophie die letzten Hunde aus dem Zimmer scheuchte und die Tür hinter sich schloss. Endlich waren sie allein.
»Ich habe dich vermisst«, sagte Sophie, die ungünstiger Weise fast einen Meter von ihm entfernt stand.
»Tatsächlich?«, fragte Louis. »Ich war mir da nicht sicher.«
»Ja.« Sophie lächelte vorsichtig. »Ich weiß, dass ich nicht einfach so hätte davonlaufen dürfen, ich war erschöpft, und Wendy hat alles wirklich verkompliziert und na ja … Louis, es hat sich herausgestellt, dass das hormonbedingt war.« Sie hielt inne, weil sie ihn unbedingt fragen wollte, ob er sie ebenfalls vermisst hatte, aber sie fürchtete seine Antwort.
»Ist schon okay.« Louis zuckte mit den Achseln und wandte die Aufmerksamkeit dem Kaminsims zu, auf dem ihre Mutter eine Sammlung ihrer Schulfotos – von einer niedlichen Fünfjährigen mit Pony und Pferdeschwanz bis zu einem unbeholfenen und pummeligen Teenager – aufgestellt hatte. »Es ist schon richtig, dass du ein bisschen Freiraum brauchst, um über uns nachzudenken. Ich wollte nicht, dass du gehst, aber ich hatte seitdem keine Zeit, darüber nachzudenken, und vielleicht ist das genau das Richtige.«
»Das Richtige?« Sophie spürte, wie ein kalter Angstschauer sie durchfuhr. »Was ist das Richtige?«
»Dass wir eine Verschnaufpause einlegen, ein Weilchen getrennt sind. Die Verlobung auf Eis legen.«
»Auf Eis?«, fragte Sophie.
»Ja.« Louis wandte den Blick zur Decke, dann auf seine Schuhspitzen, da er allem Anschein nach lieber irgendwohin sah als zu ihr. »Es ist, wie Wendy gesagt hat, das Timing ist nicht gerade günstig. Ich muss die Sache mit Seth klären, ich muss herausfinden, was da los ist und das wieder in Ordnung bringen. Deshalb ist es für dich vielleicht das Beste,
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