High Heels im Hühnerstall
ein Nickerchen zu machen.
»Ich weiß«, seufzte Iris und verdrehte die Augen, als hätte sie sich mit dem Tier gerade unterhalten.
Es folgten ein paar Sekunden des Schweigens, die nur davon unterbrochen wurden, dass Miss Pickles unerwünschte Sachen von Sophies Bett beförderte, während sie sich auf ihr Nickerchen vorbereitete, dann meldete Iris sich zu Wort. »Ist die Zeit jetzt um?«
Sophie sah auf ihre Uhr.
»Noch zwanzig Sekunden«, sagte sie und behielt das Zifferblatt weiter im Blick. »Zehn.«
Die beiden Frauen sahen sich an, Abbilder ihrer Vergangenheit und Zukunft, und zählten im Stillen die letzten zehn Sekunden herunter, die Sophie blieben, bis sie erfuhr, was das Schicksal für sie bereithielt.
»Jetzt«, sagte Sophie und stieß die Badezimmertür auf.
»Ich bin mir nicht sicher, ob du den abgelaufenen Pfefferminztee trinken solltest, wo ich jetzt weiß, dass du definitiv schwanger bist«, sagte Iris, während sie den Wasserkessel aufsetzte, ihre Standardreaktion auf so gut wie jede Lebenslage. An dem Tag, als ihr Mann gestorben war, musste Iris wohl an die hundert Tassen Tee getrunken haben. Sophie erinnerte sich, dass sie zum Lebensmittelhändler geschickt worden war, um eine neue Packung mit achtzig Teebeuteln zu kaufen.
»Ich laufe schnell zum Laden an der Ecke und hole frischen«, sagte Iris und griff nach ihrer Tasche.
»Nein, gib mir einfach ein Glas Wasser«, entgegnete Sophie. »Bitte, geh nicht weg.«
Iris legte die Tasche zur Seite, füllte ein Glas mit Wasser und stellte es vor Sophie hin.
»Ist es nicht komisch, wie schnell sich das Leben ändern kann?«, sagte Iris im Plauderton und schnippte mit den Fingern, um ihre Aussage zu unterstreichen.
»Allerdings«, antwortete Sophie geistesabwesend.
»Hör zu, Schatz, ich weiß, dass das ein Schock ist, aber du weißt, dass du Louis liebst und ihn heiraten wirst. Vielleicht kommt das Baby jetzt ein bisschen früher als möglicherweise geplant, aber ich verspreche dir, dass es fantastisch sein wird, sobald du dich erst einmal an den Gedanken gewöhnt hast. Es wird wunderbar sein.«
»Es ist so endgültig«, stellte Sophie nachdenklich fest. »Es ist einfach so konkret.«
»Ja, Babys neigen dazu, sehr konkret zu sein.« Iris wirkte verblüfft. »Was meinst du damit?«
»Ich meine, dass ich bis jetzt immer noch die Wahl hatte. Ich hätte noch immer nach London zurückkehren, meinen alten Job oder einen ähnlichen wiederaufnehmen können. Ich hätte nach New York fliegen und Jakes Hochzeit verhindern können. Ich hätte Louis immer noch sagen können, dass ich die Nase vollhabe von ihm, seiner verrückten Ex und seinem unehelichen Sohn. Genau genommen hätte ich bis jetzt das vergangene Jahr jederzeit einfach ausradieren und nie mehr zurückblicken können, aber das kann ich jetzt alles nicht mehr. Das ist absolut unmöglich, weil ich das bin. Das Wort mit s. Schwanger. Das bin ich. In anderen Umständen.«
»Ja, das bist du«, erklärte Iris und setzte sich neben sie. »Und ich begreife ja, dass es den Anschein hat, als würde die Welt auf dich einstürzen. Aber frag dich selbst, hättest du das wirklich getan, wenn du nicht schwanger wärst? Wärst du nach London zurückgekehrt und hättest einen Bürojob angenommen, der dein Leben diktiert? Wärst du wirklich nach Amerika geflogen, um die Hochzeit eines Mannes platzen zu lassen, von dem ich noch nie gehört habe, aber der, wie ich vermute, der Mann ist, mit dem du heute beim Mittagessen warst? Hättest du Louis wirklich verlassen, weil er eine nervende Ex hat, oder hättest du ihm geholfen, die Sache mit Seth zu regeln, und ihm zur Seite gestanden, weil du ihn liebst, obwohl dich das zu Tode erschreckt? Und vor allem, Sophie, hättest du … Könntest du diese kleinen Mädchen jemals aus deinem Leben verbannen? Baby hin oder her, ich kann es mir nicht vorstellen. Weil das nicht zu dir passt, das passt nicht zu meiner Tochter, auf die ich so stolz bin.«
»Bist du wirklich stolz auf mich?«, fragte Sophie überrascht.
»Natürlich«, antwortete Iris und schlang die Arme um die Schultern ihrer Tochter. »Ich habe dich nicht verstanden, als du bei McCarthy Hughes rund um die Uhr gearbeitet hast, ohne jemals Luft zu holen, um das Leben zu genießen, aber ich war immer stolz auf dich. Und jetzt, als ich gesehen habe, wie mutig du warst, als du diese Mädchen bei dir aufgenommen und wie sehr du um sie gekämpft hast. Und wie du für dein Glück alles aufs Spiel gesetzt hast … Ich
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