High Heels im Hühnerstall
schien und sie die schöne Molligkeit eines Haustiers angenommen hatte. Sophie schmunzelte in sich hinein, als sie die schweren Lider wieder zufallen ließ; es gab in diesem Haus vier weibliche Wesen, und jedes hatte irgendwie seinen Platz zwischen den anderen gefunden. Was immer auch geschehen mochte, alle vier würden diesen Platz zumindest immer haben.
Sophies erschöpftes Gehirn war schon fast im Begriff, eine neue Frage zu formulieren, als sie einschlief und sich unangenehmen Träumen hingab, ohne dass ihre Sorgen und Ängste verflogen.
»Sophie … Sophiiiiiiie … Tante Sophie, wach auf! Heute ist Schule!«
Langsam und mühsam öffnete Sophie die verquollenen Augen und stellte fest, dass Izzys Gesicht nur Millimeter von ihrem entfernt war und sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
»Oh, mein Gott«, stöhnte Sophie, während sie sich auf den Rücken rollte und die Augen rieb. »Wie viel Uhr ist es?«
»Viertel vor neun«, hörte sie Bella irgendwo am Rand ihres Gesichtsfelds sagen. »Es ist gut, dass du in deinen Kleidern ins Bett gegangen bist, sonst würden wir wirklich zu spät kommen.«
Sophie setzte sich zu hastig auf, und ihr wurde schwindlig, das Zimmer drehte sich vor ihren Augen, während sie ihren schweren Kopf in die Hände stützte.
»Gut«, sagte sie und fuchtelte mit den Armen herum. »Geht und nehmt euch Müsli, und ich suche euch ein paar Kleider heraus … Wir werden natürlich zu spät kommen, doch dafür können wir euren Vater verantwortlich machen …«
»Wir haben aber schon gefrühstückt«, informierte Bella sie. »Wir hatten Coco Pops und jede ein Cornetto aus dem Gefrierschrank als Nachtisch, weil wir finden, es ist nicht fair, dass das Frühstück die einzige Mahlzeit ohne Nachtisch ist. Außerdem haben wir uns schon vor Stunden angezogen.«
»Vor vielen Stunden«, fügte Izzy hinzu.
Sophie schlug blinzelnd die Augen auf und sah die Mädchen an. Natürlich hatten sie so etwas wie ihre Schuluniform zusammengestellt und mit ein paar individuellen Stücken aus der Verkleidungskiste ergänzt. Izzy trug über einem gelben Sommerkleid einen von Bellas Schulpullovern, dazu ihre graue Schulstrumpfhose und als ziemlich gewagte Krönung ihre durchsichtigen Schuhe mit Absatz, die Sophie an ihr ungern im Haus sah, geschweige denn draußen im Freien. Bella hatte es ein bisschen besser hinbekommen, indem sie sich in einen von Izzys Schulpullovern gezwängt hatte, dessen Ärmel ihr nur knapp über die Ellenbogen reichten. Sie trug ihn über einem blau-weiß karierten Sommerschulkleid, dazu pinkfarbene Socken und ihre Sportschuhe, die hell aufblinkten, wann immer sie auf und ab hüpfte.
Sophie warf einen Blick auf die Uhr und wog das Pro und Kontra ab, die Mädchen in ihrer eigenen Version der Schuluniform abzuliefern, oder sie umzuziehen, sie zu kämmen und mit einer Stunde Verspätung zu erscheinen. In dem erneuten Versuch, den Schlaf zu vertreiben, reckte sie die Arme in die Höhe und schaute Bella und Izzy an.
»Das geht so«, stellte sie fest. Mühsam wuchtete sie sich aus dem Bett und fuhr sich mit den Fingern durch die ungewaschenen, zerzausten Haare.
»Weißt du was, Bella, du hast recht, wir können wirklich von Glück reden, dass ich schon angezogen bin.«
Wäre Sophie nicht erschöpft, wütend, verwirrt und schwanger gewesen, als sie die Mädchen bei der Schule absetzte, dann hätte sie sich angesichts der Blicke, die ihr ein paar der Mütter und Betreuerinnen zuwarfen, womöglich für ein bisschen paranoid gehalten, als sie die Mädchen zwischen der Unmenge frisch gewaschener, glänzender Haare und perfekt zusammengestellter Schuluniformen hindurchführte.
Aber sie war wieder einmal zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, um sich der Paranoia hinzugeben oder sich darum zu kümmern, was andere Eltern über sie, den Eindringling, die Geliebte, denken mochten. Außerdem waren Bella und Izzy die Attraktion der Schule und lockten Scharen von Bewunderinnen an, als sie ihr einzigartiges Styling präsentierten. Während Sophie den Schulhof verließ, wusste sie, dass sie auf Louis’ Anrufbeantworter eine Nachricht vorfinden würde. Darin würde man sie darauf hinweisen, dass durchsichtige Schuhe unpassend seien und man darum bitte, es möge ein Ersatzpaar vorbeigebracht werden. Und wenn sie die beiden heute Nachmittag abholte, würde zweifelsohne ein Brief in ihren Schultaschen stecken, mit dem Louis an den Dresscode der Schule und die Politik in Sachen
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