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High Heels im Hühnerstall

High Heels im Hühnerstall

Titel: High Heels im Hühnerstall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowan Coleman
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Glitzerlidschatten erinnert wurde, aber das war Sophie egal.
    Louis war verschwunden, er hatte sie mitten in der Nacht sitzen gelassen. Er hatte sie in sich verliebt gemacht, hatte sie aus ihrem vertrauten Leben herausgelockt, ihr Freuden bereitet, wie nie jemand zuvor, und er hatte sie überraschenderweise geschwängert, bevor er in die Nacht verschwunden war, um seiner neu entdeckten ersten großen Liebe zu helfen, seinen bis dahin unbekannten Sohn zu finden, dieser egoistische Scheißkerl! Und wenn die einzige Möglichkeit, ihm heimzuzahlen, was er ihr angetan hatte, darin bestand, ihn in Schwierigkeiten mit der Grundschule von St Ives zu bringen, dann würde sie diese Gelegenheit beim Schopf packen, obwohl sie darauf nicht gerade stolz war.
    Da Sophie unbedingt Klarheit brauchte, beschloss sie, das Auto unmittelbar vor dem Schultor im Halteverbot stehen zu lassen und zur Pension zu laufen, um in ihrem Zimmerchen Zuflucht zu suchen, einem Ort, an dem sie nachdenken und wieder einmal ihr eigenes Spiegelbild anstarren konnte.
    Der Vormittag war kalt und strahlend, als Sophie ins Stadtzentrum ging. Der Himmel blendete sie, da das Licht vom spiegelglatten Meer reflektiert und von den weiß getünchten Häusern zurückgeworfen wurde. Das war das Licht, das Carrie so geliebt hatte, dachte Sophie, als sie instinktiv auf die Küste zusteuerte, auf den zauberhaften Glanz, der sich über die Küstenlinie zu spannen schien und selbst dem kleinsten Felsen ein scharfes Relief verlieh, sodass es den Anschein hatte, als könnte man jeden Grashalm und jedes Sandkorn aus vielen Kilometern Entfernung erkennen. Sophie lebte schon lange in diesem Licht von St Ives, aber erst jetzt, da sie so benommen und verwirrt war, spürte sie die besondere Atmosphäre, das Gefühl, hier dem Himmel ein kleines bisschen näher zu sein als irgendwo sonst auf der Welt. Sie blieb stehen, atmete einen Moment durch und spürte, wie die kalte Luft sie von innen betäubte.
    Jetzt waren so gut wie keine Touristen mehr in der Stadt, und die Pflasterstraßen waren weitgehend menschenleer, deshalb beschloss Sophie, den Umweg zur Pension zu nehmen, durch die Stadt und um den Hafen herum zu gehen, um kurz beim kitschigen Souvenirladen vorbeizuschauen, dessen Eingang von Piratenhüten und bedruckten T-Shirts umrahmt war. Hier hatte Izzy ihrem Vater wochenlang in den Ohren gelegen, ihr einen lebensgroßen aufblasbaren Delfin zu kaufen.
    Sie blieb in der Hafenbucht stehen und sah auf die Boote hinaus, die bei Flut im Wasser dümpelten. In wenigen Stunden würde die Ebbe einsetzen, und die Boote würden auf dem weichen goldenen Sand stranden, viele davon zur Seite geneigt, sodass sich ihre dicken Bäuche himmelwärts blähten, darauf wartend, dass das Wasser zurückkommen und ihnen wieder ihre Schönheit verleihen würde. Noch vor wenigen Monaten waren sie, Bella und Izzy fast jeden Tag bei Ebbe zwischen den Booten umhergelaufen und hatten Steinchen und Muscheln gesammelt. Die Mädchen hatten sich ausgemalt, Meerjungfrauen zu sein und in der Meeresbrandung unter den Bootsrümpfen auf der Suche nach Schätzen umherzuschwimmen. Das war erst vor ein paar Wochen gewesen, aber es kam ihr so vor, als wären inzwischen Jahrhunderte vergangen, so viel hatte sich seitdem verändert.
    »Wo bist du?«, flüsterte Sophie geistesabwesend in der Hoffnung in den Wind, dass er ihre Worte zu Louis tragen würde, wo immer er auch sein mochte. »Bitte, Louis, tu mir das jetzt nicht an. Verschwinde nicht einfach, jetzt, wo du endlich weißt, wie sehr ich dich brauche.«

18
    Man kann nie wissen, vielleicht liegt er irgendwo in einem Krankenhaus.« Mrs Alexander tätschelte Sophie freundschaftlich die Schulter und bot ihr ein einzigartiges Zeichen des Mitgefühls an, indem sie ihr ein extra großes Frühstück vorsetzte. »So, wie sich das anhört, klingt es nicht danach, dass er Sie wirklich verlassen hat, meine Liebe. Es wird wohl etwas mit dem Jungen und dieser Wendy zu tun haben.«
    »Natürlich hat er Sie nicht verlassen«, versicherte ihr Grace Tregowan. »Jedenfalls nicht für immer. Vielleicht hat er ein letztes Techtelmechtel, bevor er sich mit Ihnen niederlässt – das ist nicht ungewöhnlich. Am Mittwochnachmittag beim Tanztee kann man sich kaum rühren vor lauter Typen, die einen in der Hoffnung begrapschen, noch ein letztes Mal zum Zug zu kommen, bevor sie das Zeitliche segnen. Vielleicht ist es bei Ihrem jungen Mann das Gleiche – allerdings hat der sich seine Hörner

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