High Heels im Hühnerstall
oder Drogen stehen, er war gepflegt und sauber und hat einen guten Eindruck gemacht.«
»Kein Erwachsener hat Ihnen gesagt, dass die beiden von ihrem Bruder abgeholt werden dürfen, Sie hätten sie mit niemand anderem als mir oder ihrem Vater mitgehen lassen dürfen!«, schrie Sophie sie an.
»Aber Bella hat mir gesagt, dass er ihr Bruder ist, dass sie mit ihm gehen will.«
»Sie ist sieben, Izzy ist vier. Sie wissen nicht, wann oder wohin sie gehen dürfen. Oh, mein Gott.« Sophie wandte sich von Mrs Sinclair ab, als sie schließlich die ganze Tragweite des Geschehenen begriff. »Oh, mein Gott, ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Ich hätte sie niemals gehen lassen – aber er hatte Izzy bereits bei sich, und sie hat mit ihrem Delfin so glücklich ausgesehen. Und Bella hat mir gesagt, es wäre in Ordnung. Sie sagte, dass er ihr Bruder ist …«
»Oh, mein Gott …« Sophie hatte mit der Tatsache zu kämpfen, dass sie Louis nicht erreichen konnte, dass sie Wendys Telefonnummer nicht kannte und keinen Schimmer hatte, wie Seth eigentlich war, außer dass er wütend und verwirrt war und möglicherweise unter Drogen stand und dass er ihre beiden Mädchen bei sich hatte.
»Ich muss sie finden«, sagte sie. »Ich muss sie finden.«
Sie machte auf dem Absatz kehrt, wollte auf einmal unbedingt hinaus und nach ihnen suchen, obwohl sie nicht die geringste Ahnung hatte, wo sie anfangen sollte.
»Ich rufe die Polizei an«, rief ihr Mrs Sinclair nach. »Es tut mir so leid! Bella sagte, er ist ihr Bruder … Ich dachte, es wäre in Ordnung.«
Sophie rannte zu ihrem Auto, riss den Strafzettel unter dem Scheibenwischer hervor und schrie auf, als sie sah, dass eine Radkralle angebracht worden war.
»Nein, nein, nein!«, brüllte sie und trat gegen das Auto, und spürte sogleich einen Schmerz, der ihr durch den Zeh und das Rückgrat fuhr.
Wo steckte Seth bloß? Wohin hatte er die beiden nur gebracht?
Von Seth wusste Sophie nichts, außer dass seine Mutter in Newquay wohnte und er in Falmouth das College besuchte. Sie wusste nicht, ob er einen Führerschein besaß, ob er ein Auto hatte. Und sie hatte keine Ahnung, was er mit den Mädchen vorhatte. Sie musste nachdenken. Sie musste die drei so schnell wie möglich finden.
Sie zog ihr Handy heraus, tippte Carmens Nummer ein und hielt den Atem an, während sie darauf wartete, dass sie abnahm.
»Ye Olde Tea Shoppe?«, bellte Carmen in den Apparat.
»Carmen, ich bin vor der Schule und … und Seth ist zurück, er hat … Er hat die Kinder, und an meinem Auto ist eine Wegfahrsperre. Ich weiß nicht, wo sie stecken, ich weiß überhaupt nichts und auch nicht, was ich tun soll …«
»Bleib an Ort und Stelle«, sagte Carmen. »Ich bin in fünf Minuten bei dir.«
Carmen hielt Wort, sie verließ den Tea Shoppe, nachdem sie einem Stammkunden die Verantwortung übertragen hatte, und kam schon nach wenigen Minuten bei Sophie an.
»Lass uns überlegen«, sagte Carmen, als Sophie in ihr Auto gestiegen war. »Wir wissen immerhin, dass er kein Irrer oder Perverser ist. Er wird ihnen nichts antun. Er ist nur ein verwirrtes Kind, das eine Dummheit begangen hat.«
»Wissen wir das?«, fragte Sophie, und während das Auto vom Straßenrand losfuhr, lief ihr ein kalter Angstschauer den Rücken hinunter. »Wissen wir, dass er ihnen nichts antun wird, denn wenn ihnen meinetwegen etwas zustoßen sollte, würde ich nie … Ich könnte nicht …«
»Sei still«, sagte Carmen. »Die Polizei hält bereits Ausschau, die haben schon herumgefragt, als ich den Tea Shoppe verlassen habe. Ich habe allen meinen Gästen gesagt, dass sie die Augen offen halten sollen. Er wird sie nicht aus St Ives fortbringen, da bin ich mir sicher. Bella würde das nicht zulassen, sie hat schon Erfahrungen mit Fremden gesammelt, sie weiß, was zu tun ist.«
»Aber er ist kein Fremder, er ist ihr Bruder, und sie wird versuchen, alles über ihn herauszukriegen, alles in Erfahrung zu bringen – du kennst sie doch.«
»Nein, ich bin mir sicher, dass er sie irgendwohin gebracht hat, wo sie sich auskennen. Wie wäre es mit dem Park? Komm, wir versuchen es beim Spielplatz.«
Sophie hatte gar nicht gewusst, wie qualvoll das Verstreichen der Zeit sein konnte. Als Carmen sie zum Park fuhr, zerrte jede Sekunde, die verging, ohne dass sie mit Sicherheit wusste, wo sich ihre Mädchen genau aufhielten, an ihren Nerven, als kratzte eine Nadel über jeden Quadratzentimeter ihrer Haut, während sie gegen die Angst vor dem
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