High Heels im Hühnerstall
Unbekannten ankämpfte. Jeder Augenblick verging zu schnell, zu viel Zeit war verstrichen, seit sie die beiden in Sicherheit gewusst hatte, als würden sie nach und nach ihrem Zugriff entzogen.
Der Park war menschenleer bis auf ein paar dort herumhängende Teenager, die sich gegen die Schaukeln lehnten und gemächlich auf den Kinderkarussells drehten, als wären sie Gangmitglieder in L.A, keine Gruppe von Kindern aus Cornwall.
»Entschuldigt«, sagte Sophie, als sie auf die Jugendlichen zuging, und sie war sich bewusst, dass die Höhe und der Tonfall ihrer Stimme sie augenblicklich verärgern würden, weil sie so hoch und wütend klang. »Habt ihr heute Nachmittag hier einen Mann, groß, mit längeren, dunklen Haaren und zwei kleine Mädchen gesehen?«
»Warum?«, fragte einer der Jungs und stieß das Karussell ein wenig an. »Ist er ein Perverser oder dergleichen?«
»Nein … nein, sie sind meine … Ich suche nach ihnen, und ich muss sie unbedingt finden«, flehte Sophie. »Bitte, wenn ihr sie gesehen habt …«
»Die Bullen waren schon da und haben gefragt«, meldete sich ein anderer von der Spitze des Klettergerüsts zu Wort. »Wir sind seit vier Uhr hier, und wir haben sie nicht gesehen.«
»Wirklich nicht?«
»Soll das etwa heißen, dass ich lüge?«, empörte sich der Junge.
»Sophie, komm!«, rief Carmen durch den Park.
»Ja, Sophie, los, geh!«, brüllte einer der Jungs.
»He, Sophie, hast du ein paar Kippen dabei?«, wollte ein anderer wissen, als Sophie zu Carmen zurückeilte.
»Was hast du sonst noch unter dieser Jacke versteckt, Sophie?«, hörte sie noch, bevor sie die Autotür zuschlug.
»Nimm von denen keine Notiz«, sagte Carmen. »Das sind einfach nur dumme Kinder. Mir ist eingefallen, dass wir im Haus nachschauen sollten. Bella weiß, dass die Nachbarn einen Schlüssel haben.«
Aber das Haus stand still in der Dämmerung da, in keinem der Zimmer brannte Licht, von außen war kein Lebenszeichen zu sehen. Carmen wartete bei eingeschaltetem Motor in ihrem Auto, während Sophie – nur um sicherzugehen – durch das Haus lief, in jedem Zimmer nachschaute, in den Zimmern der Mädchen stehen blieb, um sich die nachlässig auf dem Boden verstreuten Kleider anzusehen, die in eine Ecke gepfefferten Schuhe für die Schule. Nie hatte das Haus einen verlasseneren Eindruck gemacht. Sophie griff nach dem Telefon und lauschte dem monotonen Freizeichen. Es lagen keine Nachrichten vor.
Als sie wieder in Carmens Auto stieg, stand die Sonne schon tief am Himmel.
»Seth hat das nicht zu Ende gedacht, er weiß nicht, was er tut«, stellte Sophie besorgt fest. »Bald ist es dunkel – was dann? Er war noch nie in Louis’ Haus, er weiß gar nicht, wo sie wohnen. Was macht er dann? Was ist, wenn er in Panik gerät und ihm klar wird, wie groß das Schlamassel ist, in dem er steckt? Wendy hat gesagt, dass er impulsiv ist. Als Louis ihn das letzte Mal gesehen hat, war er aufgewühlt und auf irgendwelchen Drogen. Manchmal ist er gewalttätig … Oh mein Gott, Carmen.«
»Es hat keinen Zweck, jetzt daran zu denken, er ist ja noch ein Kind, ein Junge. Er wird nichts Dummes tun. Wir müssen einfach überlegen … Wohin könnten sie gegangen sein? Ob er sie wohl zu einem der Strände geführt hat? Vielleicht sind sie dort und essen Eis oder so. Überleg mal, er macht das, um mehr über Louis herauszufinden, um herauszubekommen, wie es ist, ein großer Bruder zu sein. Er will sicher, dass sie ihn mögen, dass sie von ihm beeindruckt sind. Ich wette mit dir, dass er ihnen irgendwo ein Eis spendiert. Er hat nicht daran gedacht, welche Ängste er damit auslöst, er ist doch selbst noch ein Kind. Er wollte sicher etwas Gutes tun.«
»Die Strände«, sagte Sophie leise und zwang sich, an Carmens Logik zu glauben, obwohl es kalt war und dunkel wurde und die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf dem Sand saßen und eine Kugel Eis vom Eiswagen aßen, immer geringer wurde, genau wie die Strände selbst immer kleiner wurden, da die Flut inzwischen hereinkam. Aber so hatte sie wenigstens etwas zu tun, und sie musste etwas unternehmen. »Lass uns nachschauen.«
Während die Sonne unterging, fuhren sie von Strand zu Strand, hielten an, um mit Hundebesitzern und unerschrockenen Schwimmern in Neoprenanzügen zu sprechen, von denen die meisten sagten, dass die Polizei ihnen bereits die gleichen Fragen gestellt hätte. Alle behaupteten, dass sie weder die Mädchen noch Seth gesehen hatten. Sophie und Carmen liefen gerade an der
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