High Heels mit acht, Diaet mit neun
angetan mit ihrem aufreizendsten Outfit, und hinterlassen bei Ihrer Tochter den Eindruck, dass Ihre Kleidung Ihr wichtigster Pluspunkt ist?
Pretty Babys? Eine Grenzziehung zwischen Schein und Make-up
»Viele der Mädchen verbringen ihre Pause auf der Toilette, um ihr Make-upaufzufrischen. Ich finde das unmöglich, weil die Mädchen sich auch im Unterricht andauernd mit Lipgloss und Puder beschäftigen, anstatt zuzuhören.«
Madeleine, Lehrerin an einer weiterführenden Schule
»Ich bin jetzt in der vierten Klasse, und ich möchte eigentlich kein Make-up tragen. Aber ich weiß, dass es in meiner Klasse andere Mädchen gibt, die das wollen. Die gehören zu der Gruppe, die ›Hannah Montana‹mögen – und sie wollen auch die Dinge, die Hannah Montana hat, Haarfärbemittel und Nagellack. Vielleicht trage ich ja Make-up, wenn ich 20 bin, aber jetzt bin ich ein Kind, und ich finde, Kinder sehen besser aus ohne Make-up.«
Paulina, 9 Jahre
»Als nach meinem Sohn meine Tochter auf die Welt kam, war ich so begeistert. Ich konnte es nicht abwarten, den ganzen Mädchenkram mit ihr zu machen. Sie war etwa sechs Jahre alt, als sie damit begann, ein wenig Make-up aufzutragen. Ich habe als Mädchen ungefähr im gleichen Alter damit angefangen. Ich fand das lustig, sie so zu sehen, denn ich wollte ja ein kleines Prinzesschen. Und sie mag es, weil – so sagt sie – die Leute sie dann mehr beachten.«
Claire, Mutter, 39 Jahre
Heute spielt die sechsjährige Rosalie eine etwas ausgeklügeltere Version ihres Dress-up-Spiels: Mit einem bonbonrosafarbenen Haarreif ausgerüstet, nimmt sie ihre Make-up-Anleitungin zehn Schritten auf Video auf, die sie dann auf YouTube einstellen will. Inspiriert dazu wurde sie von ihrer Heldin, Hannah Montana. Ihre bisherigen Videos wurden von rund 40 000 Leute angeklickt. Rosalie kennt sich mit den Kosmetik
linien, die sie benutzt, bereits sehr gut aus. Sie hält jedes Produkt mit der Kompetenz eines Moderators auf einem Home-Shopping-Kanal in die Kamera. Sie erklärt, dass der Lidschatten, den sie heute benutzt, die Farbnote »Fishnet« hat und von »Urban Decay«ist.
Rosalie hat bei ihren YouTube-Videos kaum noch etwas mit dem Grundschulkind gemein, das sie eigentlich ist. Die Kosmetikartikel setzt sie wie eine professionelle Visagistin ein. Wenn Sie bei YouTube die eingeblendete Videoliste auf der rechten Seite herunterscrollen, werden Sie Hunderte anderer Mädchen finden – manche erst drei Jahre alt –, die das Gleiche tun. Da ist die sechsjährige Hannah, die »Make-up-Junkies« berät, wie sie »Smokey Eyes« hinbekommen. Währenddessen stellt Emma, sieben Jahre, ihr spezielles Valentinstag-Gesicht zur Schau. Auch für ältere Mädchen finden sich hier Hunderte von Anleitungen, um ihren Look für die Schule zu perfektionieren.
Obwohl den Kommentaren auf YouTube zu entnehmen ist, dass viele Betrachter die Mädchen »süß« finden, ist es eigentlich ziemlich betrüblich, kleine Kinder zu sehen, die ihre makellose Haut und ihre Pausbacken mit Grundierung bedecken. Sie sind bereits von der Vorstellung infiziert, dass – ganz egal, wie schön sie sind – ihr natürliches Aussehen nicht ausreicht. Ein wachsender Markt an Produkten und Dienstleistungen unterstützt diese Vorstellung. Landauf, landab gibt es Styling- und Maniküre-Angebote speziell für Mädchen. Ein Unternehmenbietet Kindern ab vier Jahren »eine umwerfende Auswahl an Make-up und Glitter« für ihren großen Tag an. Eine andere Firma tönt: »Geben Sie sich nicht länger mit simplen Kinderspielen ab. Aufgepasst: Ihre Töchter werden hin und weg sein von unserem Angebot – von der Mini-Maniküre bis zum Haar-Glitter, und das alles in der behaglichen Atmosphäre Ihres Zuhauses!«
Es hat sich eine komplette Mini-Schönheitsindustrie etabliert, die durch den gegenwärtigen Hype um die Schul-Abschlussbällenoch begünstigt wird. Dieser Hype wiederum ist eine Folge der High-School-Musicalfilme. Für das große Event werden sogar schon Grundschülerinnen den ganzen Tag von Kosmetikerinnen vorbereitet und verwöhnt. Sie frisieren die Kinder und maniküren ihnen die Nägel für den einen Moment, wo sie wie die Promis posieren, in barbieähnlichen Roben und neben großen Limousinen.
Adele Wilk, stolze Mutter der sieben Jahre alten Ellie, berichtet mir nach dem Abschlussball ihrer Tochter an der Vorschule: »Sie hat so erwachsen ausgesehen, wie eine Große, und sie trug sogar Blumen rund um ihr Handgelenk. Sie trug
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