High Heels mit acht, Diaet mit neun
Girl« im Rampenlicht. Zusammen mit ihrer Mutter Madonnasteht sie auf dem roten Teppich und beantwortet Fragen. Beobachtet man ihre nervös umherhuschenden Augen, wird klar, dass Lourdes noch ein ganzes Stück Weg vor sich hat, ehe sie so ungezwungen wie ihre Superstar-Mutter vor der Kamera auftreten kann. Aber ihr Outfit – schwarzes Minikleid, schwarz gestreifte Lochstrumpfhosen, hochhackige Stiefeletten – spricht eine andere Sprache. Das Ensemble ist typisch für Lourdes’ Kollektion: eine Mischung aus kurzen Faltenröcken, transparenten Spitzenoberteilen und Bustiers in der Form, die ihre Mutter in den 1980er Jahren als Erste weltweit bekannt gemacht hat.
Ganz egal, welchen Modeladen man betritt – die Grenze zwischen Kleidung für Kinder und für Erwachsene ist mittlerweile so verwischt, dass sie nahezu nicht mehr zu definieren ist. Kinderkleidung soll nicht mehr einfach nur hübsch aussehen, nein, den Kindern wird auch das Bedürfnis unterstellt, sexy wirken zu wollen. Man fragt sich, warum Hersteller wie »Next«die Drei- bis 16-Jährigen in einen Topf, die sogenannte Kategorie »Ältere Mädchen«, werfen, wo die entsprechendeKleidung am einen und am anderen Ende dieses Altersspektrums sich enorm voneinander unterscheidet.
Zu »Abercrombie and FitchKids« – einem der hochpreisigen Labels für junge Mädchen – gehört auch die Leggings-Auswahl »niedlich« und »perfekter Po«. Der größte Einzelhändler Großbritanniens, »Tesco«, hat trotz Kritik an seiner Kinderkleidung in der Vergangenheit T-Shirts verkauft, auf denen Sprüche standen wie: »Always looking good«, »Ooh la la« und »I’ve got the X-Factor«. 71
Halten Sie einmal nach einem altmodischen schlichten Nachthemd für eine Achtjährige Ausschau, wie ich es vor ein paar Tagen gemacht habe. Was man Ihnen dann anbietet, sind schwarze Seiden-Boxershorts, mit pinkfarbenen Herzen verziert, passend dazu ein knappes Leibchen, auf dem der Satz steht: »I know I’m so cute«. 72 Kinder sind immer niedlich. Aber wenn man sie Kleidung tragen lässt, auf der diese Botschaft aufgedruckt ist, leitet man sie zu dem Schluss an, dass sie nur süß sind, weil sie bestimmte Teile ihres Körpers auf eine bestimmte Art und Weise zeigen. Eine 25-jährige Frau weiß in der Regel, was sie tut, wenn sie solche Sachen anzieht. Bei einer Fünfjährigen kann man davon keinesfalls ausgehen, und man sollte ihr diese Entscheidung nicht einfach aufzwingen.
Natürlich haben die Versuche ihrer kleinen Töchter, auf High Heels durch die Wohnung zu stöckeln, viele Mütter amüsiert. Aber ab einem bestimmten Alter ist es kein reines Kostümspiel mehr. Linda Papadopoulos meint dazu: »Wenn ein Mädchen merkt, dass der Grund, aus dem man es schätzt, im Sexy-Sein liegt, wird es höchstwahrscheinlich viel Zeit und Energie darauf verwenden, auf diese Weise Wertschätzung zu erlangen, anstatt seine Zeit anderen Bereichen seines Lebens zu widmen, wie Bildung, Sportetc.« 73 Wenn ein Mädchen dafür gelobt wird, dass es sexy Klamotten trägt, könnte das bei ihm den Eindruck erwecken, es würde genau deshalb auch wertgeschätzt. Wenn wir kleinen Mädchen Kleidung kaufen, die sie wie Erwachsene aussehen lässt, könnten sie auch auf den Gedanken verfallen, es sei in Ordnung, wenn sie sich auch wie Erwachsene verhalten.
Was Sie tun können
Für jüngere Mädchen:
Finden Sie andere Wege, damit Ihre Tochter sich als jemand Besonderes fühlen kann. Auch wenn sich jüngere Mädchen zu speziellen Anlässen wie Halloween und Geburtstagen gern verkleiden – versuchen Sie nicht, Make-upund High Heels zu einem Teil dieses Ritualszu machen.
Machen Sie Ihre Tochter nicht zu einer »Mini-Erwachsenen«, die aussieht wie Sie. Nur weil es in den Kinderabteilungen der Einkaufspassagen Miniaturausgaben der Sachen gibt, die Sie tragen, ist das noch lange kein Grund, Ihr Kind so anzuziehen, wie Sie angezogen sind. Kleine Mädchen haben noch viele Lebensjahre vor sich, in denen sie High Heels und Bustier-Tops tragen können, wenn sie es denn wollen. Geben Sie ihnen den Raum, Kinder zu sein, und ziehen Sie ihnen Sachen an, in denen sie ungehindert spielen können.
Meiden Sie Designermarken. Warum wollen Sie Ihr Kind abwerten, indem sie es zu einer wandelnden Reklametafel für die Produkte eines bestimmten Unternehmens machen? Jüngere Kinder kennen in der Regel nicht den Unterschied zwischen Marken- und Nicht-Markenkleidung – es sei denn, sie lernen ihn von Ihnen.
Beschweren Sie
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