High Heels und Gummistiefel
verwechseln Sie es ja mit Cendrillon – der französische Name für Cinderella.«
»Natürlich, ja. Wie albern von mir. Warten Sie – ich glaube, jetzt fällt es mir wieder ein. Ist ein Papillon so etwas wie ein Strudel?«
»Ein Strudel?«
»Etwas, das einen unwiderstehlich mitreißt«, sagte Tom Quince.
Isabelle runzelte die Stirn, dann fiel bei ihr der Groschen. »Oh, ich glaube, Sie meinen tourbillon. Ehrlich gesagt, papillon heißt >Schmetterling‹.«
»Ah, ja, natürlich. Ein sehr hübscher Name.«
»Es gibt da etwas, was ich Sie gern fragen würde.«
»Ach?«
»Es geht um Ihre Großtante.«
»Ach.«
Isabelle sah sich um. Die Mitglieder der Society plapperten alle fröhlich außer Hörweite. Gerade war ihr eine Idee gekommen.
»Vielleicht... die Leute, mit denen ich mir ein Haus teile, geben an Halloween eine kleine Party. Hätten Sie Lust, auch zu kommen? Dann könnten wir uns in Ruhe unterhalten.«
Er lächelte vage. »Halloween? Ja. Warum nicht? Soll ich meinen eigenen Kürbis mitbringen?«
12
Daisy
»Paris pulsiert im Takt der Modewoche. Wer ist in? Wer ist out? Welches sind die wichtigsten neuen Trends der Saison? Und was zieht man an, um bei den Schauen à la mode zu sein?« Langsam, mit nur zwei Fingern, tippte Daisy den Text in ihren Laptop.
Bisher waren ihre Sparkle-Blogs in fieberhafter Erregung nur so aus ihr herausgeströmt. Mit diesem hier tat sie sich viel schwerer. Teilnahmslos starrte sie aus dem Fenster von Isabelles Arbeitszimmer und zog ihren flauschigen rosafarbenen Morgenmantel enger um sich. Zum ersten Mal, seit sie nach Paris gezogen war, fror sie. Vielleicht würden ihr ja die Notizen, die sie sich bei den Schauen gemacht hatte, zur Inspiration verhelfen. Sie blätterte die Seiten ihres Blocks um und tippte alles ein, was annähernd relevant schien:
Alles aus Lackleder – blank blank blank.
Hautfarbene Strümpfe IN/nackte Beine OUT.
Zartes Grau ist das neue Schwarz?
Das neue Schwarz, wirklich? Und wenn schon. Im Augenblick war es schwer, derlei wichtig zu finden. Daisy hielt inne und schaute aus dem Fenster. Draußen hatte der Himmel just jene neue Modefarbe, ein zartes Grau. Es sah aus, als würde es gleich regnen. Sie blätterte noch eine Seite um und tippte:
Vintage kehrt als topaktueller Schlabberlook zurück.
Flughafenchic – »Bananen«-Hochsteckfrisur und türkisgrüne Wimperntusche.
18-Zentimeter-Absätze – 13 waren genug.
DER Look der Saison: Sophia Loren meets Hello Kitty.
Alles stinklangweilig. Was noch? Ach ja:
Beste Party: Markteinführung von Ça pue, non? Revolutionäres neues Parfum, das wie Benzin riecht. Tolles Party-Essen, experimentelle Canapes, manche köstlich, andere eklig, auf einem Tisch angerichtet, der aussah wie eine Rattenfalle.
Sie starrte den Absatz an und markierte dann das Wort »Ratte«. Dann tippte sie:
Ratte, Ratte, Octave ist eine Ratte.
Eine Kanalratte.
Ein absoluter, totaler Drecksack.
Wer hätte das gedacht?
Daisy schloss die Augen und spielte zum x-ten Mal den niederschmetternden Film von ihrem letzten Zusammentreffen mit Octave unter den Bäumen im Jardin du Luxembourg ab. »Mit gebrochenem Herzen« war nicht nur eine Redeweise – ihr Herz war im wahrsten Sinne des Wortes zerbrochen. Sie griff nach der Schachtel mit den Papiertaschentüchern. Nach einer Weile schaltete ihr Computer in den Standby-Modus. Es begann zu regnen.
»Was für ein Herz? Oh, diese Plastikbrosche, die du immer trägst?«, sagte Agathe, nachdem sie an ihrem Perrier genippt hatte. Sie war von Daisy zu einem Notfall-Treffen zitiert worden und saß ihr jetzt in einem lauten Café am Place Saint-Sulpice gegenüber. Heute sah Agathe in einer blauen Seidenbluse, die ihr wie
auf den Leib geschneidert passte, besonders strahlend und makellos aus. Ihr glattes Haar wurde von einem Samtband zurückgehalten. »Na ja, das ist doch okay!«, sagte sie mit einem übertriebenen Seufzer. »Ehrlich gesagt hast du Glück, Daisy. Jetzt kannst du dir stattdessen etwas hübsches Neues anschaffen. Ich kann dir ja beim Aussuchen helfen.
Sie haben da so eine Regel, dass es etwas sein muss, was das Mädchen vermissen wird. Wie eine Trophäe, die sie einander zeigen können, als Beweis für ihre Eroberung. Das machen sie alle, aber Octave ist am erfolgreichsten, glaube ich. Kannst du dir vorstellen, wie viele von diesen Schmuckstücken er haben muss? Wahrscheinlich Hunderte. Er ist wirklich schrecklich!«
Sie wollte schon lachen, doch als sie Daisys
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