High Heels und Gummistiefel
mal so sagen darf...«, fuhr er langsam fort, »du siehst ein bisschen... na ja... ein bisschen sexuell aufgeladen und überdreht aus.«
»Ich weiß gar nicht, wa-«, begann Isabelle unsicher. Dann begann sie zu weinen.
Chrissie war völlig entgeistert. »Oh Gott, entschuldige«, stieß er hervor und legte die Arme um sie. »Was ist denn los? Erzähl’s deinem Onkel Chrissie.«
Isabelle versuchte, durch ihre Tränen hindurch etwas zu sagen, doch das Ergebnis war enttäuschend.
»Nein, hab kein Wort verstanden. Alles klar.« Chrissie legte den Kopf in den Nacken. »Juuules!«
»Was ist?«, ertönte die Antwort von oben.
»Komm runter. Wir haben Krise.«
Später, als sie in Chrissies Daunendecke gewickelt und mit einem Becher Kaffee ausgerüstet auf dem Boden seines Zimmers saß, hatte Isabelle ihre Fassung hinlänglich wiedergewonnen, um von den Ereignissen des vergangenen Abends zu berichten.
»Auf dem Küchentisch?« Chrissie schnaubte. »Das ist ja so was von kultig. Ich bin grün vor Neid.«
»Chrissie«, mahnte Jules mit ausdrucksloser Stimme.
»Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
»Also, Darling, was das angeht, ich glaube, das können wir uns ziemlich gut vorstellen...«
»Klappe, Chrissie. Hör mal einen Augenblick auf.«
»Oh, na schön. Aber allzu viel Provokation ertrage ich nun mal nicht.«
»Alles klar«, wandte Jules sich an Isabelle. »Du hast also im Großen und Ganzen in Sachen Sex mal ein bisschen über die Stränge geschlagen. Na ja, weißt du, das haben wir doch alle schon mal...«
»Ich ganz besonders«, verkündete Chrissie, und ein verzücktes Lächeln erhellte sein hübsches Gesicht.
Jules brachte ihn mit einem starren Blick zum Schweigen, dann wandte sie sich wieder an Isabelle. »Mach dir keinen Kopf, das ist doch nicht das Ende der...«
»Darling, ich flehe dich an, spann uns nicht auf die Folter. Wie war es? Erzähl schon!«
»Chrissie, ich verpass dir gleich einen Maulkorb!«
»Es war fantastisch«, sagte Isabelle kummervoll.
»Und wie hat er gekocht? Oder hast du das Essen ganz links liegen gelassen, du schlimmes kleines Luder?«
»Nein, hinterher haben wir gegessen. Wir hatten Mordshunger.« Isabelle hielt inne, dann heulte sie auf: »Und es war köstlich!«
»Ich wusste es ja. Jetzt hast du sie wieder zum Weinen gebracht. Halt doch endlich mal den Rand, okay?«
»Ihr Franzosen seid ja so was von raffiniert«, schwärmte Chrissie träumerisch weiter. »Mit all euren tollen affaires und all so was. Was für eine absolut göttliche Lebensweise. Und weißt du, du hast völlig recht. Ein Lover ist genau das Accessoire, ohne das man auf gar keinen Fall auskommt. Ich muss mir unbedingt auch einen zulegen, und zwar extrem ruckartig. Zwei Wochen ohne Sex ist mein absolutes Limit. Danach werde ich total grantig und fange an, mein inneres Leuchten zu verlieren.«
»Aber Chrissie, ich habe doch gar keine Affären!«, entgegnete Isabelle verdattert.
»Hach, Darling, ist das dein erstes Mal? Das ist ja so was von bezaubernd! «
»Du meinst, du hast Clothaire noch nie betrogen?« Jules’ ungläubiger Tonfall war nicht zu überhören.
»Nein, natürlich nicht!«, gab Isabelle indigniert zurück. »Ich liebe Clothaire. Und wir werden heiraten.«
»Oh, ich verstehe. Du hattest vor, dir Liebhaber zuzulegen, nachdem ihr geheiratet habt?«
»Nein, Chrissie. Ich weiß gar nicht, wovon du redest.«
»Ehrlich, Darling, du enttäuschst mich. Keine Spur von oh-là-là. Da fragt man sich doch tatsächlich, ob du wirklich Französin bist.«
»Ist Clothaire ein echter Kracher im Bett?«, erkundigte sich Jules mit unbewegtem Gesicht.
Isabelle überlegte einen Moment. »Na ja... Weißt du, mit ihm, das ist wie...«
»Ein Spaziergang im Park?«, tippte Jules.
»Ja, genau.«
»Und das gestern Abend?«
Isabelle schloss die Augen und antwortete sehr schnell und ohne einen Augenblick lang zu zögern: »Das war, als ob man auf einem Zentaur durch ein Gewitter reitet.«
Chrissies Hände zuckten zu seinem Gesicht empor, und er gab einen kleinen, wimmernden Laut von sich.
»Meine Fresse«, brummte Jules fast unhörbar. Dann setzte sie hinzu: »Ehrlich gesagt, das ist ziemlich gothic.«
»Sieh an, sieh an. Und ich dachte, der sieht aus, als könnte er kein Wässerchen – Au! Wofür war das denn?«
»Triffst du dich wieder mit ihm?«, wollte Jules wissen.
»Nein. Ja. Ich weiß nicht. Er hat gesagt, er ruft mich heute Abend an. Ach, es ist schrecklich. Was soll ich nur
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