Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
auf dem Boden lag.
»Verschwinde von hier, und sag deinen Leuten, dass wir … Ach, dieses verfluchte Land! Spricht hier jemand Französisch?«
»Ich«, antwortete Korporal Ross.
»Sagt ihr, dass dies nur ein Vorgeschmack dessen ist, was sie und ihre Leute erwartet, wenn sie weiter Hinterhalte gegen unsere Männer legen…«
Ross übersetzte so gut er konnte, wobei er versuchte, die Drohung etwas zu mildern. Die Frau unterdrückte ein Schluchzen und warf ihm einen hasserfüllten Blick zu. Zitternd stand sie auf und versuchte, etwas Ordnung in ihre Kleidung zu bringen, dann setzte sie stolz ihre Haube wieder auf und schob eine Strähne darunter, die ihr schlaff in die Stirn gehangen hatte.
Sie murmelte noch ein paar Worte, die Alexander nicht verstand, deren Bedeutung er jedoch aus ihrem Ton ableiten konnte. Schließlich rannte sie davon, in die Wälder. Alexander schluckte. Er wagte es nicht, sich zu rühren, bis sein Vorgesetzter den Ort seines abscheulichen Verbrechens verlassen hatte. Erst dann ging er zu den anderen, um ihnen beim Ausheben der Gräber zu helfen.
Die Soldaten verließen das Haus und nahmen alles mit, was sie gebrauchen oder vielleicht verkaufen konnten. Alexander, der von dem Mord an dem Kind, den er kurz zuvor begangen hatte, noch zu aufgewühlt war, zog es vor, draußen Wache zu halten. Er hatte keine Lust, ein weiteres Mal an der Plünderung des Besitzes der armen Bewohner teilzunehmen, die sich zweifellos nicht weit entfernt versteckt hielten. Die Sonne ging unter, überzog den Himmel mit orangefarbenen Streifen und warf ein sanftes, goldenes Licht über die Landschaft. Belebt von der Aussicht auf eine von reichlich Rum begleitete Mahlzeit, plauderten die Männer fröhlich miteinander, während sie die kostbaren Esswaren und verschiedene Gegenstände auf den Karren luden.
Der Sergeant gab seine Befehle: Das Haus sollte niedergebrannt werden. Alexander runzelte die Stirn. Reichte es nicht aus, dass sie die Häuser plünderten; mussten sie auch noch alles brandschatzen? Er seufzte. So war der Krieg nun einmal. Man rechtfertigte so vieles, um zu überleben… Um ihn herum erhob sich das abendliche Krächzen der Raben. Rasch drang ihm der durchdringende Rauchgestank in die Lungen. Es brauchte nicht lange, bis die Flammen an den Holzwänden hochleckten. Alle betrachteten das Haus, das nach und nach vom Feuer ergriffen wurde, als aus dem Flammenmeer eine vom Knistern des Brandes fast übertönte Stimme zu ihnen drang. Alexander stockte das Blut. Die entsetzten Blicke Leticias und der anderen, die dasselbe gehört hatten wie er, bestätigten seine Befürchtungen: Da war noch jemand im Haus, der sich wohl dort versteckt gehalten hatte …
Der Schrei ertönte noch einmal, lauter jetzt. Dann stieg mitten aus den Flammen ein entsetztes Geheul auf. Jetzt versuchten die Männer panisch, in das Haus einzudringen, doch vergebens. Die starke Hitze, unter der die Fensterscheiben zersprangen, trieb sie zurück. So standen sie ohnmächtig da und wohnten dem sinnlosen Tod eines oder mehrerer unschuldiger Menschen bei. Kurz darauf verstummten die Schreie und das Wimmern. Ein bleiernes Schweigen senkte sich über sie, in dem nur gemurmelte Gebete und das Grollen des Feuers zu hören waren. Alexander fühlte sich von einer tiefen Trauer niedergedrückt. Wenn man alles recht bedenkt, bin ich nicht besser als die verfluchten Sassanachs …
Als Alexander ins Zelt trat, unterhielt Archibald Campbell sich mit Fähnrich MacQueen aus Camerons Kompanie. Der Offizier, der seinen Neffen nach seiner Rückkehr ins Lager zu sich hatte rufen lassen, bedeutete ihm, einen Moment zu warten. Dem jungen Mann gingen immer noch die Schreie und die Bilder von Frauen und Kindern, die von den Flammen verschlungen wurden, im Kopf herum. Zum Glück dämpfte der Alkohol seine Empfindungen ein wenig.
Um sich von seinen bedrückenden Gefühlen abzulenken, ließ er diskret den Blick durch den Raum schweifen. Da stand ein einfaches Feldbett, ein wenig zu schmal für Archies kräftige Gestalt. Ein alter Stuhl war anscheinend nur noch dazu gut, als Kleiderständer zu dienen. Aus Brettern, die auf Böcken standen, war ein Schreibtisch gebaut worden. Darauf lagen diverse, mit Steinen beschwerte Schriftstücke. In einer Ecke stand eine offene Schatulle, in der man die wenigen persönlichen Gegenstände erkennen konnte, die sie enthielt. Darunter erblickte Alexander das Medaillon, das Evan gehört hatte.
Als der junge Mann erneut
Weitere Kostenlose Bücher