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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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ein Beispiel an ihr nehmen und sich nichts aus seinem bevorstehenden Ruin machen. Ja, wenn das so einfach gewesen wäre… Aber da war noch Justine. Was hatte er nur getan, um eine derartige Gleichgültigkeit von der Frau zu verdienen, die er liebte, seit er sie zum ersten Mal in La Rochelle im Garten seines Freundes und Geschäftspartners Pierre Lahay erblickt hatte?
    Zu jener Zeit lieferte er Pierre Stockfisch, Zucker und Kaffee. Der Handel, der über Louisbourg abgewickelt wurde, war einträglich gewesen. Er hatte dafür Tuch und Seide aus Lyon, Wein aus Spanien und Portugal, aber auch Salz, Gewürze, Oliven und andere in der Kolonie seltene Nahrungsmittel importiert, die in den Mittelmeerhäfen reichlich zu haben waren. Mit Pierre hatte er einen Exklusivkontrakt abgeschlossen. Die Geschäfte florierten.
    Bei seiner dritten Reise nach La Rochelle hatte ein Sturm das Auslaufen seines Schiffs verzögert. Pierre hatte ihm großzügig seine Gastfreundschaft angeboten, und er hatte angenommen, ohne zu ahnen, wie sehr sich dadurch sein Leben verändern würde. Weniger als eine Stunde nach seiner Ankunft im Haus seines Freundes hatte er eine göttliche Vision gehabt: Justine, die in einem dick mit blühenden Rosenbüschen überwachsenen Laubengang saß und mit einem Kätzchen spielte. Sie besaß das schönste Gesicht, das er je gesehen hatte, mit lilienweißem Teint und umrahmt von braunem Haar, das in der milden Brise wehte. Und als sie die Augen zu ihm aufgeschlagen und ihm zugelächelt hatte … Ah! Noch heute konnte er sich an diesem Blick nicht sattsehen, den Gott in seiner Gnade auch seiner Tochter geschenkt hatte. Er war ganz einfach wie verzaubert gewesen.
    Die junge Frau war erst dreiundzwanzig Jahre alt. Er war damals auf die vierzig zugegangen, aber mit seiner hochgewachsenen Gestalt, seinen blonden, von Sonne und Seeluft gebleichten Haaren und seinen Augen, die so blau wie das Meer waren, brachte er die Frauen immer noch zum Erröten, wenn er sie eindringlich ansah. Seit er vor sechs Jahren Witwer geworden war, brach er ein Herz nach dem anderen, ohne jemals etwas von sich selbst herzugeben. Aber jetzt… diese Frau hatte ihn in ihren Bann geschlagen, und er wollte sie um jeden Preis haben … Und er hatte den Preis gezahlt … zu seinem Unglück, wie er zugeben musste.
    Heute war ihm klar, dass man Liebe nicht kaufen konnte. Damals hatte er geglaubt, mit der Zeit, nach dem ersten oder zweiten Kind, würde sich Justine schon in die Situation hineinfinden. Er hoffte, dass sie irgendwann einmal Liebe oder zumindest ein wenig Zuneigung für ihn empfinden werde. Und während er auf diesen sagenhaften Tag wartete, hatte er seiner jungen Frau, die immer anspruchsvoller wurde, jeden Wunsch erfüllt. Er überhäufte sie mit Schmuck und prächtigen Stoffen. Doch nichts fruchtete …
    Über die Gartenmauern drang ein schrilles Pfeifen heran. Mit einem Mal stand ein rotes Glühen am Himmel. Charles-Hubert runzelte die Stirn. Was machten denn die Artillerie-Schützen da? Unterhielten sie sich damit, ein Feuerwerk für die Engländer zu veranstalten? Eine Detonation ließ ihn zusammenfahren. Ihr folgte eine zweite, dann eine dritte… Der Lärm war ohrenbetäubend. Ohne jeden Zweifel eine Kanonade. Das Haus erbebte. Da erst begriff er: Die Engländer beschossen die Stadt!
    Mit schweißbedecktem Gesicht stürzte er aus seinem Arbeitszimmer. Isabelle und Madeleine kamen schreiend die Treppe heruntergelaufen. Ti’Paul, Museau und Justine tauchten aus dem Salon auf. Auch die Dienstboten ließen nicht auf sich warten. Sidonie murmelte ein Gegrüßet seist du, Maria nach dem anderen, Perrine fluchte auf die »verdammten Engländer«. Von draußen drang Geschrei herein, und dann kam Baptiste herbeigerannt. Sein Haar war zerzaust und sein Gesicht aschfahl. Er atmete mühsam, mit Schaum auf den Lippen.
    »Sie haben die Kirche der Jesuiten getroffen! Sie bombardieren uns! Diese dreckigen Hunde bombardieren uns!«
    »Die Jesuitenkirche?«, rief Isabelle panisch. »Aber das ist ja ganz in der Nähe! Nicolas hatte mir doch versichert, dass wir nichts zu befürchten hätten …«
    »Tja, dann hat er sich eben geirrt, Euer großartiger Monsieur des Méloizes, Mam’zelle Isabelle«, bemerkte Perrine bitter.
    Ein weiteres Geschoss zischte mit einem unheilverkündenden Pfeifen über sie hinweg und schlug mit einem schrecklichen Krachen in ein Dach ein. Charles-Hubert schickte alle in den Keller, denn nur dort waren sie noch sicher.

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