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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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in seinem Arbeitszimmer ein, das direkt unter dem seiner Tochter lag, um seine Bücher auf den neusten Stand zu bringen.
    Charles-Hubert bereitete es großes Vergnügen, den beiden jungen Frauen zuzuhören, wenn sie Fabeln von La Fontaine aufsagten oder Scharaden spielten. Einen Moment lang vergaß er über ihrem Lachen, welches das Haus erfüllte, seine finanziellen Probleme. Vor einer Woche hatte er die Nachricht erhalten, dass die Judicieuse vor der Küste der Inseln von Saint-Pierre et Miquelon von englischen Korsaren überfallen worden sei. In dieses Schiff, das er einzig und allein für den Handel mit den Antillen hatte bauen und ausrüsten lassen, hatte er seine gesamten Ersparnisse gesteckt.
    Die Judicieuse hatte ihm auf ihrer ersten Reise bereits ein Viertel seiner Investition einbringen sollen. Doch wenn die Nachricht stimmte, hatte sie ihn stattdessen in den Ruin gerissen. Geplant war gewesen, dass das Schiff seine Ladung auf der Île Saint-Jean an Land brachte. Von dort aus sollte ein Teil der Waren nach Frankreich gehen, der Rest auf kleine Schoner verladen werden, die ihre Ladung irgendwo am Nordufer anlanden sollten. Und von dort aus hätten die Waren auf dem Landweg nach Québec gebracht werden sollen. All das war langwierig und riskant, aber der einzige Weg, um an die Handelswaren zu kommen. Nur dass nun, da die Engländer die Flussmündung blockierten, nichts mehr an seinen Bestimmungsort gelangte.
    Das Licht der Kerze flackerte und brachte die Zahlen in den Hauptbüchern zum Tanzen. Am unteren Ende der Kolonnen standen nur noch lächerliche Zahlen. Er besaß nichts, um seine Geschäfte wieder anzukurbeln. Seine Schatullen leerten sich entsetzlich rasch. Er brach unter Forderungen zusammen. Die Ursulinen verlangten ihre Melasse, ihr Olivenöl und ihren Wein; Madame de Beaubassin wollte ihre Ananas, ihren Kaffee und ihren Zucker… Wie sollte er all diesen Leuten ihr Geld zurückgeben? Gewiss, er hatte noch Papiergeld 39 . Aber dieses war kaum mehr wert als das Material, auf dem es ausgestellt war. Er besaß immer noch seine Brigantine Isabelle , die Waren von den Handelsschiffen, die vor der Île Royale ankerten, aufnahm. Aber seit dem Fall von Louisbourg hatte das Schiff sich irgendwo in den Fjord von Saguenay geflüchtet und brachte ihm nichts mehr ein.
    So fühlte er sich seit fast einem Jahr finanziell wie moralisch immer weiter in die Ecke gedrängt. Eine Untersuchung folgte in erschreckendem Tempo auf die andere. Man nahm die Bücher des Intendanten auseinander und verlangte detaillierte Abrechnungen. Begriffen denn diese Idioten nicht, dass es der Kolonie nur gutging, weil ihre Geschäfte florierten? Er stieß ein kurzes, sarkastisches Auflachen aus und verstummte dann. Er verstand jetzt, dass es auch ihre eigene Schuld war, wenn es mit ihnen bergab ging. Um des Ruhms und des Geldes willen hatten sie die Fundamente dieser Kolonie ausgehöhlt. Und die Bedrohung durch die Engländer erledigte den Rest. Die Armee litt unter Mangel: Waffen, Munition, Brot, es fehlte an allem, auch an der Hoffnung. Die gute Gesellschaft dagegen pflegte ihre geheimen Absprachen und ihre Unterschlagungen und wälzte sich in irdischem Luxus.
    Charles-Hubert zog ein seidenes Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte sich die feuchte Stirn ab. Im Zimmer war es heiß. Wie sollte er nur Justine sagen, dass er Gefahr lief bankrottzugehen? Schon bei dem Gedanken daran wurde ihm ganz blümerant zumute. Er seufzte und sah auf seine Taschenuhr: zehn Uhr abends. Er schloss die Bücher mit den gefälschten Zahlen und blies die Kerze aus. Dann öffnete er ein Fenster, um etwas frische Luft einzulassen. Die Grillen zirpten, und am klaren Himmel glitzerten Myriaden von Sternen.
    Von seinem Standpunkt aus sah er die Kronen der Apfelbäume in der Obstpflanzung, die auf dem Hang hinter dem Haus angelegt war. Um die Bäume vor den kalten Nordwinden zu schützen, hatte er ihn mit einer Steinmauer umgeben lassen. Auf Justines Wunsch waren die Bäume vor fünfzehn Jahren aus der Normandie geliefert worden. Heute erzeugte die Pflanzung dank Baptistes guter Pflege reiche Ernten und brachte ihm das Fünffache seiner Investition ein, worauf er stolz war. Wenigstens dies war ihm geblieben, zusammen mit seinem Lagerhaus in der Rue De Meules … Ein ziemlich schwacher Trost!
    Oben hörte er seine geliebte Isabelle lachen. Selbst die schrecklichen Bedrohungen, die über ihnen hingen, vermochten ihre Lebensfreude nicht zu dämpfen. Er sollte sich

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