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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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seine Handgelenke gefesselt waren. Sein Hemd, das ihm bis auf die Knie hinunterhing, färbte sich nach und nach rot. Der fade Geruch seines eigenen Bluts machte ihn schwindlig.
    »Einhundertsechzehn!«
    Die Peitsche fuhr herab und riss ihm die Haut auf. Er wusste genau, in welchem Zustand sein Rücken nachher sein würde. Schließlich hatte er schon genug Auspeitschungen erlebt, um sich eine gute Vorstellung machen zu können. Zweihundert Schläge … Das war wenig im Vergleich zu den tausend Peitschenhieben, denen Soldat MacAdam sich letzte Woche hatte unterziehen müssen, weil er die goldene Uhr eines Offiziers gestohlen hatte. Der Mann war drei Tage später gestorben. Andere begingen Selbstmord, um nicht spüren zu müssen, wie die Stahlkugeln in ihr Fleisch eindrangen.
    »Einhundertsiebzehn!«
    Stöhnend biss er sich auf die Lippen, bis sie bluteten. Die Sonne schien ihm in den Nacken und verbrannte seine verletzte Haut noch zusätzlich. Merkwürdig, heute Morgen hörte er die Vögel nicht singen. Vielleicht hinderte ihn das Rauschen in seinen Ohren daran. Wo war Coll? Und John, sein Zwillingsbruder? Hätte er mit ihm gelitten, wenn er hier gewesen wäre? Hätte er im Herzen seine Qualen geteilt?
    »Einhundertachtzehn!«
    Bei diesem Hieb überwältigte ihn der Schmerz. Er schrie auf und grub die Fingernägel in die Handflächen. In der Menschenmenge, die um ihn versammelt war, kam Gemurmel auf. Er mochte die Augen nicht wieder öffnen, um nicht in diese mitfühlend verzogenen Gesichter sehen zu müssen. Er wollte das Mitleid dieser Leute nicht.
    »Einhundertneunzehn!«
    Ihm drehte sich der Kopf. Übelkeit stieg ihn ihm auf, so dass er die Zähne zusammenbeißen musste. Auf Archies Vorschlag hin hatte er heute Morgen nichts gegessen. Er umklammerte seine Fesseln, um seine Handgelenke, in die der Strick einschnitt, ein wenig zu entlasten.
    »Einhundertzwanzig!«
    Ein Schrei brach aus seiner Brust, und seine Knie gaben nach. Es wurde dunkel um ihn.
     
    Hier und da bedeckten noch die letzten Schneereste die Heide. Eine frühlingshafte Brise wehte über der Ebene von Rannoch Moor. Alexander stand nackt am Ufer des dunklen, kalten Loch. Seine Brüder verspotteten ihn:
    »Schwächling!«
»Du bist nur ein Mann, wenn du springst.«
Sogar sein Bruder John lachte.
    »Na, komm schon, mein Junge!«, ermunterte ihn sein Vater und versetzte ihm einen Schubs in den Rücken.
    »Ich habe Angst, Papa«, seufzte Alexander und starrte in das schwarze Wasser.
    Er hatte von Wasserungeheuern gehört, die einen holen kamen und in die Tiefen des Loch hinabzogen. Außerdem konnte er nicht schwimmen, was ihn verdross, sein Bruder John dagegen schon. Er hüpfte einfach ins Wasser und tollte herum wie ein Fisch. Warum hatte man es bei Großvater John Campbell nicht für nötig gehalten, ihn das Schwimmen zu lehren? Jetzt, bei seiner Familie, schämte er sich schrecklich deswegen. Er würde niemals wie sie sein, niemals …
    »Wovor fürchtest du dich, Alas? Sieh dir deine Brüder an, sie amüsieren sich. Geh zu ihnen.«
    Die Angst wühlte in seinen Eingeweiden.
    »Das Wasser ist zu kalt …«
    »Du musst lernen, dich deinen Ängsten zu stellen und den Schmerz zu ertragen, Alas. Du musst deinem Volk Ehre machen, mein Sohn. Eines Tages wirst du ein Krieger sein … Wenn du dann auf dem Schlachtfeld deine Furcht meistern kannst, wirst du unbesiegbar sein. Du musst in der Lage sein, klar zu denken, selbst wenn der Schmerz unerträglich wird. Verstehst du das?«
    Alexander sah seinen Vater stirnrunzelnd an.
    »Du bist fast acht und wirst bald beginnen, das Schwert zu führen. Du musst lernen, mutig zu sein.«
    »Mutig? Wie kann man das denn lernen?«
    »Indem man sich seinen Ängsten stellt und seinen Schmerz erträgt, mein Sohn.«
     
    Eine eiskalte Welle brachte ihn abrupt wieder zu sich. Dann schrie er vor Schmerzen auf und wand sich wie ein Aal, um irgendwie diesem entsetzlichen Schmerz zu entkommen.
    »Was soll denn das?«, knurrte der Offizier. »Dieses Wasser riecht ja eine Meile gegen den Wind nach Essig! Mackay! Wer hat diesen Eimer hierhergestellt?«
    »Ich weiß es nicht, Sir. Als Ihr mir befohlen habt, ihn aufzuwecken, habe ich nach dem ersten Eimer gegriffen, der mir zur Hand kam.«
    »Seid Ihr denn nicht in der Lage, den Geruch nach Essig zu erkennen?«
    »Ich … ich habe mir nicht die Zeit genommen, Sir.«
    Alexander öffnete die Augen, die wie vor Fieber stachen, einen Spalt breit. Das säurehaltige Wasser tropfte aus

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