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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Alexander die Augen, schloss sie in dem blendend hellen Licht jedoch sofort wieder. Er schluckte und spürte einen starken Schmerz in der Kehle. Er hatte gerade eben Zeit gehabt, eine Gestalt zu erahnen, die sich über ihn beugte. Mit einem Mal stand ihm wieder die Erinnerung an den Wilden vor Augen, der über ihm schwebte. Der Gesang war verstummt. Eine Hand legte sich auf seine Stirn, warm und leicht. Eine Stimme ließ sich vernehmen, eine Frauenstimme. War das eine Nonne? Sie sprach eine andere Sprache als er. Was sagte sie? Er versuchte noch einmal zu schlucken. Wie weh das tat! Die Hände fuhren fort, ihn abzutasten, vorsichtige, zögerliche Berührungen. Noch einmal schlug er die Augen auf und erblickte die schönste Vision, die er seit Monaten, wenn nicht Jahren hatte: Vor einem sanft beleuchteten Hintergrund kauerte eine Frau neben ihm. Ihr Gesicht war das eines Engels, und ihr Lächeln hätte das Schicksal jedes Mannes an diesem Ort des Todes wenden können. Ihre Augen hatten das von Braun gesprenkelte Grün der Hügel von Glencoe und lagen unter goldenen Augenbrauen. Dann verschwand seine Vision.
    »Nay, lass … Dinna leave… «, versuchte er zu sagen. Nein, Mädchen … Geh nicht fort…
    Er streckte die Hand aus, doch er traf nur auf Luft.
     
    Isabelle saß allein an einem der Tische und kaute ihren letzten Bissen Brot, der von einem Klecks Apfelgelee gekrönt gewesen war. Ach, ihre liebe, gute Cousine! Als sie noch im Kloster zur Schule gegangen war, hatte sie sich immer rührend um sie gekümmert. Oft hatte sie ihr insgeheim Süßigkeiten unters Kopfkissen gelegt. Da sie wusste, was für ein Leckermaul sie war, hatte sie oft ihre Portion Buchweizenpfannkuchen mit Melasse für sie abgezweigt und ihr unter dem Tisch des Refektoriums zugeschoben. Isabelle hatte dann die klebrige Süßigkeit in die Tasche gesteckt, um sie nach der verordneten Mittagsruhe in ihrem Zimmer zu verspeisen.
    Nachdem ihr Bedürfnis nach Nahrung befriedigt war, kehrten die Gedanken der jungen Frau zu dem Schotten zurück, und ihr schlechtes Gewissen meldete sich. Sie hatte nicht einmal versucht, ihm einen Schluck Brühe einzuflößen. Als es ausgesehen hatte, als erwache er, hatte sie Angst bekommen wie eine törichte Gans. Er hatte sie so durchdringend angeschaut… Und die Hand, die er nach ihr ausgestreckt hatte, war so groß gewesen … Ein seltsames Gefühl hatte sie ergriffen, und dann war sie in Panik geflüchtet. Was für ein dummes Benehmen! Dieser Mann stand auf der Schwelle des Todes. Was hätte er ihr schon antun können? Außerdem, hatte er nicht ihren kleinen Bruder gerettet?
     
    Einige Minuten später stellte Isabelle die dampfende Schale auf dem Boden ab. Der Raum wurde jetzt von einer eisernen Laterne erhellt. Es herrschte Stille, die nur von Schnarchlauten und leisem Stöhnen unterbrochen wurde. Die junge Frau kauerte sich ans Lager des Schotten. Im flackernden Licht der Lampe wirkten die Züge des Mannes ganz anders als eben. Das dunkle Haar und der gebogene Nasenrücken erinnerten sie eher an einen Indianer denn an einen Soldaten aus Europa. Sie betrachtete das Grübchen in seinem Kinn. Dieses Detail war ihr zuvor entgangen. Seine Lider bebten und öffneten sich dann einen Spalt breit. Isabelle erstarrte und fuhr abrupt zurück. Der Mann zuckte zusammen, stieß ein Stöhnen aus und richtete sich halb auf.
    »Es tut mir leid, ich …«
    Sie unterbrach sich, wie gelähmt angesichts des Ausdrucks in seinen Augen, die von langen schwarzen Wimpern gesäumt waren und tief unter den Brauen lagen. Der Fremde atmete pfeifend und in Stößen. Offensichtlich hatte sie ihn erschreckt. Sichtlich erleichtert sah er sich in dem Krankenzimmer um, ließ sich wieder aufs Bett fallen und stieß hörbar die Luft aus.
    »Habt Ihr Hunger?«
    Ob er wohl Französisch verstand? Sie hielt ihm die Schale hin.
    »Es ist Brühe.«
    Er sah sie unverwandt an. Kein Gefühl war auf seinen angespannten Zügen abzulesen. Sie wartete und streckte ihm weiter den Napf hin. Er stöhnte leise.
    »Suppe, kennt Ihr das Wort?«
    Der Verwundete sah auf den Behälter hinunter, dann schloss er die Augen und legte den Kopf auf das Kissen. Seine Brust hob und senkte sich langsam, als versuchte er, seine Atmung zu kontrollieren. Die junge Frau dachte, dass sein Hals ihm große Schmerzen bereiten musste. Sie nahm an, dass er heute Abend nichts mehr essen wollte, und verließ den Raum. Es war schon spät, und sie war erschöpft. Sie beschloss, nach Hause

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