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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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verstummte er; ihm ging sichtlich noch etwas anderes im Kopf herum.
    »Die junge Frau, die eben hier war… Mir ist aufgefallen, dass sie regelmäßig an dein Bett kommt. Das ist sehr großmütig von ihr. Die Nonnen, die ihr Werk auf zutiefst christliche Weise verrichten, könnten sich ebenso gut um dich kümmern. Sie kommt aus der Stadt hierhergefahren. Das ist ziemlich unvorsichtig. Wir können nicht allen unseren Soldaten Einhalt gebieten; sie lassen sich von ihrem Siegesrausch mitreißen und plündern. Manche haben sogar schon armen Frauen in den Vorstädten Gewalt angetan.«
    Alexanders Züge verhärteten sich. Archie bemerkte das und lächelte.
    »Ich werde ihr eine Eskorte stellen, die sie auf ihrer Rückfahrt schützen soll. So, damit verabschiede ich mich, mein Freund. Komm wieder zu Kräften. Noch ist nicht alles vorüber.«
    Der Leutnant fuhr auf dem Absatz herum und verließ das Zimmer. Alexander blieb nachdenklich zurück. Seine Finger fuhren über die geschnitzten Ornamente am Heft seines Dolches. Er kannte sie auswendig. Es war sein schönstes Werk und lag ihm sehr am Herzen. Die Hunde, die er eingearbeitet hatte, waren cù-sìth , Feenhunde. Aber sie erinnerten auch an den berühmten Cuchulain aus der Legende. Großmutter Caitlin hatte einst Großvater Liam mit diesem Namen geneckt. Dieses Schnitzwerk war sein Talisman. Bis zu diesem Tag hatte er ihn gut geschützt.
    Er drückte die Waffe an die Brust und schloss die Augen. Da erschien ihm Leticias Gesicht mit ihrem verhaltenen Lächeln und ihren grauen Augen. Etwas sagte ihm, dass die junge Frau noch lebte und es ihr gelingen würde, in diesem feindseligen Land zu überleben. Roderick Campbell kann dir nichts mehr tun, Leticia. Du bist frei. Ein Gefühl von Frieden überkam ihn, und er ließ sich vom Schlaf überwältigen.
     
    Den ganzen 17. September über war ein feiner Nieselregen vom Himmel gefallen. Er war ein Abbild der Verzweiflung, welche die Einwohner von Québec im Lauf der Tage nach und nach überkommen hatte. Die Menschen warteten nicht einmal mehr auf Verstärkung oder Nahrungsmittel. Unter dem Befehl von Kommandant de Lévis hatte die besiegte Armee sich bis zum Jacques-Cartier-Fluss zurückgezogen. Die Männer mussten neuen Mut schöpfen, denn die Moral der Soldaten lag völlig am Boden. Hätte man diese Truppen an die Front geschickt, hätte ihnen das nur alle Kraft geraubt, die sie noch besaßen. Die Männer, die in der Umgegend der Stadt noch unter Waffen standen, nahmen jede Gelegenheit zur Fahnenflucht wahr. In Québec herrschte eine trostlose Anarchie, die Kommandant Ramezay nicht mehr zu kontrollieren vermochte. Ein einziger Gedanke beherrschte die Stadtbewohner: Man hatte sie einfach ihrem traurigen Schicksal überlassen.
    Die Bewegungen der englischen Flotte und der Truppen an Land, welche die Stadt eingekreist hatten, ließen vermuten, dass sie einen neuen Angriff vorbereiteten. Ramezay, der für die Verteidigung von Québec verantwortlich war, hatte seine Offiziere versammelt, um sich noch einmal mit ihnen zu beraten. Es fehlte an allem, selbst an den einfachsten Dingen. Da sie praktisch über keine Verteidigung mehr verfügten, die dieser Bezeichnung würdig war, würde ein Blutbad unvermeidlich sein. Daher beschloss man, die weiße Fahne über den Stadtmauern zu hissen und einen Emissär zu Townshend zu schicken, der über die Kapitulationsbedingungen verhandeln sollte: Québec ergab sich.
    Am frühen Morgen des 18. fiel fahles Tageslicht durch die hartnäckigen Wolken. Schüchtern gelang es dann der Sonne, einen Platz über den Höhen zu beziehen, wo die englischen Truppen aufmarschiert waren. Armand de Joannès, Kommandant der Hauptstadt von Neufrankreich, schritt ins Zentrum dieses Meeres aus scharlachroten Uniformen hinein. Den Stadtbewohnern, die von den Mauern aus zusahen, kam die Szene vollkommen irreal vor. Langsam vergingen die Minuten. Mit ungläubig aufgerissenen Augen verfolgten die Zuschauer die Zeremonie, die durch den Austausch von Unterschriften das Ende eines Regimes besiegelte. Wie hatte es nur so weit kommen können? Wie um die Kapitulation zu besiegeln, erhob sich mit einem Mal lautes Geschrei, während Joannès sich respektvoll vor Townshend verneigte. Die englischen Truppen feierten ihren Sieg. Québec ist unser!
     
    Die Stadttore wurden geöffnet. Der Paradeplatz war voller Menschen. Dort hatten die französischen Offiziere unter der Lilienflagge, die zum letzen Mal wehte, Stellung bezogen. Da man

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