Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Goldpartikel darin. Er würde sich niemals daran sattsehen können. Doch ein Schatten glitt über ihre Augen, und er erriet den Grund. Er wusste, dass dieses Glück, das er erlebte, nicht andauern konnte … eines Tages würde sie ihm für seine Liebe danken, dafür, dass er sie ein Stück Weges begleitet hatte, und ihn dann bitten, sie nicht wiederzusehen. Er hatte lange über das nachgedacht, was Coll ihm ohne Unterlass predigte, seit er ihm die Liebe zu der jungen Frau gestanden hatte, und er war zu dem Schluss gelangt, dass sein Bruder recht haben musste. Am liebsten hätte er sein Leid laut herausgeschrien. Isabelle gehörte in eine Welt, die ihm verschlossen war. Und er konnte von ihr nicht verlangen, mit ihm in seiner zu leben. Ihre Liebe war ein Idyll ohne Zukunft. Gewiss hatte Isabelle das ebenfalls begriffen. Er hätte nur nicht gedacht, dass dieser Tag so rasch kommen würde.
Als wolle er heraufbeschwören, was er vorausahnte, fasste er Isabelle fest um die Schultern, zog sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. Er presste sich gegen sie und hielt sie an der Mauer fest. Sie versuchte nicht, seine Hände wegzuschieben, die unter ihren Umhang glitten und die Formen, die ihr Mieder wölbten, liebkosten.
»Isabelle … a ghràidh mo chridhe … ich begehre dich so sehr, dass ich bei Nacht nicht mehr schlafen kann. Herrgott! Ich möchte, dass du ganz mir gehörst …«
»Alex…«
Als er versuchte, ihr Mieder aufzuschnüren, stieß sie ihn ein wenig brüsk zurück.
»Alex!«
Mit entsetzt aufgerissenen Augen starrte Isabelle auf einen Punkt über seiner Schulter. Er drehte sich um und sah, was sie erschreckt hatte: Da stand, so kerzengerade, als hätte er seinen Spazierstock verschluckt, ein Mann in einem schweren braunen Wollmantel und beobachtete sie. Fast unmerklich presste der Unbekannte die Lippen aufeinander, doch Alexander entging sein Mienenspiel nicht. So standen die drei einen Moment lang regungslos da, dann wandte der Mann sich um und ging seiner Wege. Seine Schritte hallten über den Boden. Isabelle stöhnte leise auf, und er schenkte ihr erneut seine Aufmerksamkeit.
»Kennst du diesen Mann?«
Sie war kalkweiß geworden und nickte.
»Der Notar Panet. Er hat meinen Vater in den letzten Tagen einige Male aufgesucht.«
»Wenn es dir peinlich ist, dass man uns zusammen sieht, Isabelle…«
»Nein, Alex«, unterbrach sie ihn, »das ist mir überhaupt nicht peinlich, das müsstest du doch wissen. Ich mache mir nur Sorgen…«
»Glaubst du, er wird deinem Vater alles erzählen?«
»Mein Vater weiß über uns Bescheid. Ich mache mir eher Gedanken um meine Mutter… Ich fürchte, sie wird sich nicht so leicht damit abfinden. Doch so, wie ich Monsieur Panet kenne, glaube ich nicht, dass er weitererzählen wird, was er gesehen hat. Jedenfalls hoffe ich das.«
Sie biss sich auf die Lippen. Alexanders Hand bewegte sich unter ihrem Umhang und erinnerte sie an die Bitte, die sie dem jungen Mann unterbreiten musste. Sie hegte diesen Wunsch nicht wirklich, doch das war die einzige Lösung, die sie sah, wenn sie ihre Tugend bewahren wollte.
»Alex … ich glaube… wir sollten uns seltener sehen.«
Na bitte, da haben wir es ja, dachte er bitter.
»Es wäre vernünftiger so … für den Moment.«
»Sicherlich…«, murmelte er und rückte von ihr ab.
Sie hielt ihn am Kragen seines Rocks fest. Ihre Miene war bekümmert, und ihr Atem ging schnell. Sie schien noch etwas hinzusetzen zu wollen, sagte dann aber nichts. Er nahm ihre Hände.
»Ich verstehe.«
Aus der Ferne hörten sie das Knallen der Brown-Bess-Gewehre der exerzierenden Soldaten. Ein Schauer überlief Isabelle, und sie schloss die Augen.
»Glaub nicht, dass ich dich nicht mehr sehen möchte, Alex. Es ist…«
Wie sollte sie ihm erklären, dass sie fürchtete, seinen Liebkosungen und der Ekstase, die sie bei ihr auslösten, zu unterliegen? Dass sie Angst vor der Stärke ihrer Gefühle hatte, den Empfindungen, die er in ihr aufsteigen ließ? Sie biss die Zähne zusammen und verfluchte sich lautlos. Warum hatte sie ausgerechnet jetzt davon sprechen müssen? Der Zauber, der sie gerade noch eingehüllt hatte, war zerstoben. Vor Angst krampfte sich mit einem Mal ihr Magen zusammen. Und wenn er eine zugänglichere Frau fand, die ihm gewährte, was sie ihm verweigerte? Schließlich war er ein normaler Mann, und in Québec fehlte es nicht an Frauen, die auf der Suche nach Zuneigung waren. Plötzlich hätte sie ihren Entschluss am
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