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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Die Zahl drei besitzt bei den Kelten magische Kräfte. Man findet diese Dreigestalt überall: Erde, Wasser und Feuer; das Göttliche, das Menschliche und die Natur; oder die drei Aspekte der Götter. Alle Wesen und Elemente sind miteinander verbunden und bilden einen ewigen Kreislauf.«
    »Woher weißt du das alles?«
    »Ein alter irischer Priester hat es mich gelehrt.«
    »Ein… katholischer Priester? Aber ist dieser Glaube nicht… heidnisch?«
    Er lachte leise und erinnerte sich daran, wie er dem alten O’Shea dieselbe Frage gestellt hatte.
    »Bei uns sind christlicher Glaube und Heidentum untrennbar miteinander verbunden. Nimm zum Beispiel das keltische Kreuz. Es ist zwar dem lateinischen Kreuz nachgebildet, doch es bedeutet etwas ganz anderes. Heute wird es meist als Symbol des Triumphes des Christentums über das Heidentum ausgelegt. Doch eigentlich könnte man auch das Gegenteil behaupten. Wie du siehst…« – er zeichnete ein Kreuz und zog einen Kreis um seine Mitte – »… vollzieht sich die Existenz auf zwei Ebenen, Länge und Breite. In anderen Worten, die beiden Zweige des Kreuzes stellen die astrologische und die physische Dimension des Seins dar, also die, die unsere Gestirne betrifft, und unser körperliches Dasein. Dort, wo die beiden sich überschneiden, befindet sich so etwas wie eine Pforte zwischen zwei Welten, zwischen Leben und Tod. Dieses Tor nennen wir den ›Schleier‹. Der Kreis, der dieses Zentrum umgibt, ist dieser unendliche Kreislauf, von dem ich dir gerade erzählt habe; er vereint die beiden Dimensionen, die zwei Welten. Früher glaubte man, dass die Seele den Körper des Toten erst verließ, wenn ein Kreuz auf seinem Grab errichtet wurde. Dann erst legte sie die fleischliche Gestalt ab und stieg bis zum Schleier auf, um in die andere Welt überzugehen.«
    »Gleichsam ins Paradies.«
    »Ja, auf eine Weise schon.«
    Ihre Blicke trafen sich. Alexander sah Isabelle so eindringlich an, dass sie nicht ein noch aus wusste.
    »Deswegen habe ich dieses Symbol auf deine Schulter gezeichnet. Damit deine Seele weiß, dass wir uns eines Tages wiedersehen werden, selbst wenn ich …«
    Die junge Frau legte ihm die Hand auf den Mund. Tränen traten in ihre Augen.
    »Nein… sprich nicht vom Tod, Alex.«
    Er schloss die Augen und küsste ihre Finger.
    »Wir können nicht einfach darüber hinwegsehen, dass es so weit kommen könnte, Isabelle.«
    Sie ließ den Kopf hängen.
    »Ich habe kein Zeichen. Frankreich hat nur seine bourbonische Lilie.«
    »Die Lilie ist sehr schön. Du ähnelst ihr im Übrigen, mit deinem Teint, deiner weichen Haut und deinem Duft …«
    Sie lächelte und zeichnete mit dem Fingernagel eine Lilie auf Alexanders Schulter.
    »Aber ich kenne ihre Geschichte«, erklärte sie ein wenig munterer. »Sie erinnert mich sogar etwas an die keltischen Symbole, weil sie ebenfalls drei Dinge darstellt. Die beiden äußeren Blätter der Lilie stehen für Weisheit und ritterliche Tugend. Das längere in der Mitte für den Glauben. Der Glaube muss durch die Weisheit regiert und durch das Rittertum verteidigt werden. Diese drei Werte wirken zusammen. Ohne sie würde das Königreich Frankreich nicht mehr existieren.«
    Alexander verzog den Mund zu einem zärtlichen Lächeln. Dann legte er die Hand in den Nacken der jungen Frau und zog sie an sich, um sie zu küssen.
    »So wird jeder das Zeichen des anderen tragen.«
    Er sah auf das Medaillon aus Horn hinunter, das sie, seit er es ihr geschenkt hatte, nicht mehr abnahm. Sie folgte seinem Blick und hatte eine Idee. Sie löste das schmale Band, an dem ihr Taufkreuz hing, und knotete es um seinen Hals fest.
    »Und so hat jeder einen Talisman vom anderen.«
    Dicke Tränen liefen über Isabelles Wangen. Gerührt wischte Alexander sie mit einem Zipfel seines Plaids ab. Unwillkürlich streckten sie einander die Arme entgegen, als könnten sie jeden Moment auseinandergerissen werden. Vielleicht war das Leben ja tatsächlich ein Kreislauf, und sie würden sich wiedersehen, in dieser oder einer anderen Welt. Aber wie viel tröstlicher war es, sich einfach berühren zu können!
     
    Am frühen Morgen des 28. April 1760 stieg von der Erde, die sich nach dem heftigen nächtlichen Gewitter mit Wasser vollgesogen hatte, ein feiner Dunst auf, durch den die Sonnenstrahlen fielen. Die Vögel, die eifrig ihre Nester bauten und nach Nahrung suchten, zwitscherten fröhlich, denn sie wussten nicht, in welcher Welt die Menschen lebten. Im Osten wurde der

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