Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
was sie noch hatte, und nicht versuchen, alles zu verstehen, durfte ihre Kraft nicht durch Hass verschwenden. Ganz gleich, was sie tat, Julien würde nicht zurückkehren. Nie wieder würde sie das tröstliche Gewicht seines Körpers spüren. Nie wieder würde sie hören, wie er ihr leise ins Ohr flüsterte: »Ich liebe dich, meine kleine Lainie.« Isabelle war nicht für Juliens Tod und ihr Unglück verantwortlich. Jeder trug an seinem eigenen Schmerz. Isabelle hatte auch ihren Teil davon erlebt.
    Sie sah ihre Cousine an und schüttelte den Kopf, da sie nicht in der Lage war, die Worte auszusprechen, die sich auf ihrer Zunge stauten. Der Schmerz schnürte ihr die Kehle zu. Sie sank auf die Knie, brach in Schluchzen aus und weinte heiße Tränen in Isabelles Rock und Grominets weiches Fell. Der Knoten hatte sich gelöst, doch die Leere, die Julien hinterlassen hatte, blieb bestehen.
    Über Madeleine gebeugt, hatte Isabelle mit einem Mal das Gefühl, ihr Glück sei Verrat, und eine düstere Vorahnung überfiel sie. Sie würde einen Preis bezahlen müssen; im Leben gab es nichts umsonst, auch das Glück nicht. Eines Tages würde sie die Strafe für ihre Sünde annehmen müssen. Gott entging nichts. Gar nichts …
    Madeleine schluchzte jetzt weniger heftig, doch die junge Frau vergrub ihr Gesicht weiterhin im Fell der Katze, die ihren Körper der wärmenden Sonne entgegenhielt. Das Licht spielte auf ihrem Haar, das über Isabelles Knie fiel. Obwohl sie es vernachlässigte, hatte Madeleines langes, seidiges, schimmerndes Haar nichts von seiner Pracht eingebüßt. Isabelle streichelte sanft darüber. Ihre Cousine hob das abgemagerte Gesicht zu ihr. Die grünen Augen, in denen unermesslicher Kummer stand, flehten um Vergebung.
    »Verzeih mir, Isa. Ich liebe dich zu sehr, um dich zu hassen … Auf keinen Fall wollte ich dir weh tun …«
    »Ich weiß, Mado. Und du hattest ja recht; jetzt verstehe ich dich besser. Du hast alles verloren, und dass ich glücklich bin, schmerzt dich.«
    »Mir ist klar, dass dein Alexander nicht für mein Unglück verantwortlich ist. Aber ich kann nicht anders, als es ihm vorzuwerfen. Du hattest Glück, ich nicht. Das ist alles. Es ist weder deine noch seine Schuld. Aber es tut trotzdem weh, Isa.«
    Isabelle nickte.
    »Ihr werdet bald in die Stadt zurückkehren. Aber ich bleibe hier. Ich habe nicht den Mut, dorthin zurückzugehen. Allein der Gedanke, ich könnte dem Soldaten begegnen, der meinen Julien getötet hat…«
    »Ich… verstehe, Mado.«
    Isabelle wurden die Augen feucht. Nun würde sie den einzigen Menschen außer ihrem Vater und Alexander verlieren, der ihr jemals echte Zuneigung entgegengebracht hatte. Sie fühlte sich schrecklich allein.
     
    Noch sechs lange Tage donnerten die Kanonen ohne Unterlass. Die Franzosen erschöpften ihre Munition und ihre Pulvervorräte in der Hoffnung, der König von Frankreich würde ihnen die erbetene Verstärkung schicken. Dann endlich trafen die lang ersehnten Schiffe ein… doch sie segelten unter englischer Flagge. Zwei Kriegsschiffe, die Vanguard und die Diane , ankerten im Hafen von Québec. Weitere würden ihnen folgen. Alle Träume, welche die französischen Truppen noch gehegt hatten, waren endgültig zerstoben. Das französische Geschwader würde nicht mehr kommen.
    Die französische Armee gab die Belagerung auf und zog sich nach Montréal zurück, wobei sie noch eine nicht unerhebliche Anzahl Soldaten durch Fahnenflucht verlor. Lévis’ Flottille wurde von den englischen Schiffen verfolgt und mit Kanonen beschossen: Die Pomonte lief auf Grund; die Atalante ergab sich. Nun war nur noch die La Mane übrig.
    Die Einwohner von Québec kehrten ruhig nach Hause zurück und nahmen rasch wieder ihre gewohnten Tätigkeiten auf. Die Stadt erwachte zum Leben, und geschäftiges Treiben herrschte.
    Jeden Tag, an dem er die Möglichkeit dazu hatte, ging Alexander an dem Haus in der Rue Saint-Jean vorüber. Doch zu seiner Verzweiflung blieben die Fensterläden geschlossen, und der junge Mann verlor den Mut. Und wenn Isabelles Mutter beschlossen hatte, nicht mehr zurückzukehren? Schon der Gedanke daran, seine Liebste nie wiederzusehen, versetzte ihn in Panik und verleitete seine Fantasie zu den wahnwitzigsten Mutmaßungen. Und wenn dieser des Méloizes, dessen Namen er im Hof der Lacroix’ gehört hatte, nun gekommen war und die junge Frau mit sich genommen hatte? Dieser Mann war Hauptmann in den Freikompanien der Marine und stand, soweit er wusste,

Weitere Kostenlose Bücher