Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
zum Konvertieren zwingen!«
»Nun gut, um Gottes willen! Aber dann tötet sie auch alle, damit nicht einer übrig bleibt, um mir später Vorwürfe zu machen! 52 Erinnerst du dich nicht mehr an diese Worte, die Pierre Dubois so oft zitiert hat?«
»Monsieur Dubois war ein Hugenotte aus der Schweiz; und einer seiner Vorfahren war ein Überlebender des Massakers in der Bartholomäus-Nacht. Das war damals ein Religionskrieg, Mado. Lächerlich, dieses Massaker fand im Jahre 1572 statt! Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter!«
»Ja, glaubst du denn, die Protestanten hätten vergessen? Denkst du, seither wären die Menschen andere geworden? Komm schon, Isa! Dein Schotte ist doch auch Katholik und lebt in einem protestantischen Land, oder? Nun gut, dann frage ihn doch, was die Engländer von den popish , den Papisten, halten, wie sie uns nennen. Jeder Religion ihre Ketzer! Zumindest hat dein Alexander den Vorteil, dass er ihre Sprache spricht und auf ihrer Seite kämpft. Denk an Akadien, Isa, erinnere dich, was Perrine uns über die Deportationen erzählt hat. Das war auch nicht im Mittelalter!«
Erst in diesem Moment wurde Isabelle vollständig bewusst, welche Folgen die Ereignisse, die soeben abliefen, für das kanadische Volk haben würden. Ihre Cousine sah sie mit tief betrübter Miene an.
»Ich möchte, dass du das begreifst, Isa… Du liebst einen Engländer; du liebst unseren Unterdrücker.«
Eine leichte Brise ließ Madeleines Kleid flattern und enthüllte, dass die Röcke ihr an den Hüften zu weit geworden waren. Das lange Haar flog um ihr ausgezehrtes Gesicht. Die junge Frau aß fast nichts mehr. Juliens Tod hatte sie vollkommen niedergeschmettert. Erfolglos hatte Sidonie, unterstützt von Perrine und Cathérine, der Frau von Cousin Perrot, versucht, sie zu einer richtigen Mahlzeit zu überreden. Doch sogar der Magen der Ärmsten rebellierte. Isabelle machte sich große Sorgen deswegen.
»Ich liebe einen Mann, Mado, und nicht die Uniform, die er trägt. Siehst du denn den Unterschied nicht?«
Verletzt reckte Madeleine das Kinn. Sie presste die Lippen zusammen, um nicht in Tränen auszubrechen, doch vergeblich. Isabelle reichte der Cousine ihr Taschentuch, das Angebot eines Waffenstillstands. Gleichgültig betrachtete Madeleine das Stück Baumwolle, das im Wind flatterte. Dann nahm sie es und schnäuzte sich geräuschvoll.
»Danke.«
Durfte Isabelle diesen kurzen Dank als freundliche Geste deuten? Etwas streifte an ihrem Knöchel vorbei, und dann spürte sie einen sanften Biss und zuckte zusammen. Sie bückte sich und entdeckte Grominet, der unter ihren Röcken schnurrend um ihre Beine strich. Sie setzte sich auf die Bank, nahm den Kater auf den Schoß und streichelte ihn sanft. Sogleich machte er es sich auf dem Stoff, der von der Sonne gewärmt wurde, bequem. Der Kater der Perrots, der sein Revier durch den furchteinflößenden Museau bedroht sah, beehrte die Gäste nur sehr selten mit seiner Gegenwart.
»Bist du mir sehr böse, Mado?«
Madeleine hob fragend den Kopf.
»Bist du mir sehr böse?«, wiederholte Isabelle, als ihr klar wurde, dass sie beim ersten Mal nur leise gestammelt hatte.
Ihre Cousine wahrte eine undurchdringliche Miene. Dann ließ sich leise ihre Stimme vernehmen.
»Ja.«
»Du wärest froh, wenn ich Alexander nicht mehr sehen könnte oder wenn er sogar auf den Höhen gefallen wäre?«
Madeleines Herz war so voller Bitterkeit, dass sie schon in schneidendem Ton mit »Ja« antworten wollte. Doch sie hielt sich zurück und biss die Zähne zusammen. O ja! Sie war Isabelle furchtbar böse, weil sie glücklich war, während sie selbst am liebsten vor Gram gestorben wäre. Sie hätte sie gern ebenso leiden gesehen, wie sie es selbst tat … damit sie jetzt ihr Unglück hätten teilen können, so wie sie als Kinder ihre Glücksmomente geteilt hatten. Allerdings! Sie wollte schreien, um sich schlagen, etwas zerbrechen, töten … Doch ihre feindselige Haltung gegenüber Isabelle hatte sie nur noch unglücklicher gemacht.
Im Namen der Bande zwischen ihnen musste sie sich in ihr Schicksal fügen. Isabelle war ihr wie eine Schwester. Sie war die ganze Familie, die sie besaß, vor allem nun, da Julien nicht mehr bei ihr war. Sollte sie das, was sie noch hatte, aus Eifersucht aufs Spiel setzen? Nein, sie musste diese Gefühle, die sie aushöhlten, beiseiteschieben und ihr Leben ertragen, das aus Gründen, die sie nicht begriff, in tausend Stücke fiel. Sie musste sich an das halten,
Weitere Kostenlose Bücher