Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
nach kurzem Schweigen hinter ihrem Rücken, »dann gehe ich eben zu Suzette …«
»Nein!«, rief die junge Schankmagd und fuhr herum, dass ihre Röcke wirbelten.
Der Mann, der vor ihr stand, wirkte unglaublich zynisch und enttäuscht… Sie wusste über Isabelle Bescheid; Coll hatte ihr alles erzählt. Auch war sie sich vollständig darüber im Klaren, dass Alexander sie nicht liebte, sondern sich ihrer nur bediente, um seinen Schmerz zu lindern. Aber sie hegte immer noch die Hoffnung, dass er die andere irgendwann vergessen würde. Aus diesem Grund unterzog sie sich auch gleichmütig seinen erotischen Attacken, bei denen es ihm nur darauf ankam, seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Von einem anderen Mann hätte sie eine solche Demütigung nicht hingenommen. Aber ihn liebte sie.
Nachdem sie Suzette mit einem Nicken bedeutet hatte, dass sie kurz hinausgehen würde, trat Émilie hinter den Vorhang, der den großen Gastraum vom Lager trennte. Alexander folgte ihr in den hinteren Teil des Raums, wo es nach ranzigem Fett und Schimmel roch. Das Schankmädchen wusste im Voraus, wie sich ihre Begegnung abspielen würde. In fünf Minuten würde alles vorüber sein, und dann würde er sie um einen Becher Bier angehen, den er allein, in einer Ecke sitzend, trinken würde.
»Alex … wach auf! Gleich ist Sperrstunde! Du musst zurück in dein Quartier!«
Alexander grunzte. Er verströmte einen scheußlichen Alkoholgeruch. Émilie sah, wie er ein Augenlid hob und ein glasiges Auge enthüllte, das sie anstarrte, ohne sie wirklich zu erkennen. Er war sturzbetrunken. Mit einem dumpfen Knall fiel sein Kopf schwer auf den Tisch zurück, und dann regte er sich nicht mehr. Entmutigt sah die Schankmagd sich um. Munro war schon gegangen, und Coll war heute Abend gar nicht aufgetaucht. Doch ein paar Soldaten saßen noch in der Taverne, insbesondere zwei, die zur selben Kompanie gehörten wie der junge Mann. Entschlossen trat sie auf die beiden zu und wies mit dem Finger auf ihren zusammengesunkenen Kameraden.
»Bringt ihn zurück, Macpherson, ich selbst kann das nicht… Heda! Pfoten weg!«, empörte sie sich und warf dem Soldaten, der kühn eine Hand nach ihrem Mieder ausgestreckt hatte, einen scharfen Blick zu.
»Och! Come on , komm schon, Kleine!«, gab Macpherson in gebrochenem Französisch zurück. »Ein Gefallen für einen anderen, aye ?«
»Nein!«
Brüsk trat der Mann zurück, zuckte die Achseln und wandte sich zusammen mit Fletcher zum Gehen. Sie hielt ihn am Arm fest.
»Morgen gebe ich dir einen Krug Bier aus. Wäre das in Ordnung?«
Er drehte sich zu ihr um und sah sie aus blutunterlaufenen Augen an.
»For Fletcher and me ?«
Sie biss sich auf die Lippen und verfluchte lautlos alle Männer der Welt.
»Einverstanden, einen Krug für jeden von euch, und nichts weiter. Understand ?«
»’tis a deal, Kleine, wir sind im Geschäft«, meinte Macpherson zustimmend und versetzte der kleinen Frau einen Klaps aufs Hinterteil.
Auf der Straße herrschte Schneegestöber. Der Wind fuhr unter die Kilts der Männer und wehte sie hoch. Macpherson brummte und fluchte. Fletcher stolperte und riss im Fallen seine beiden Kameraden mit.
»Verflucht noch eins, Macdonald! Könntest du uns nicht ein wenig helfen?«
Ein Grunzen war die einzige Antwort, die er erhielt.
»Er ist voll wie eine Haubitze, Herrgott! Wenn wir ihn in Ruhe lassen, wird er die ganze Nacht hier liegen bleiben.«
Fletcher schüttelte sein Plaid aus. Mit der Stiefelspitze stieß Macpherson Alexander an, der sich kaum rührte.
»Ich hätte nicht übel Lust, ihm eine Lektion zu erteilen.«
»Du hast ihm heute Abend eine Menge Geld abgenommen, Macpherson. Solltet ihr beiden nicht quitt sein?«
Macpherson sah sich auf der Straße um und verzog kurz darauf die Lippen zu einem Lächeln. Ein abgedeckter Karren stand angespannt vor einem Lagerhaus. Er beugte sich über Alexander und packte ihn unter den Achseln.
»Was hast du vor?«, fragte Fletcher besorgt, denn er wusste, zu welchen Schandtaten sein Freund in der Lage sein konnte.
»Ich würde gern noch einmal sehen, wie er die Peitsche zu spüren bekommt, Fletch. Dieser Bastard nutzt es aus, dass der Hauptmann die Hand über ihn hält, und wir bekommen es beim kleinsten Fehler mit der neunschwänzigen Katze zu tun! Aber… ha, ha, ha! Heute Abend wird er beim Appell fehlen, und dann bleibt Campbell nichts anderes übrig: Er wird sich an die Vorschriften halten müssen wie bei jedem
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