Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
anderen.«
»Das kannst du doch nicht tun! Er wird erfrieren!«
»Halt’s Maul, Fletch! Innerhalb der nächsten Stunde wird ihn bestimmt jemand finden. Der Fahrer des Karrens kommt bald zurück. Außerdem wird ihm der ganze Alkohol, den er getrunken hat, das Blut wärmen, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen… Und wenn du irgendjemandem ein Wort sagst, dann werde ich dir eine unangenehme Viertelstunde bereiten, verstanden?«
Fletcher sah auf Alexanders reglosen Körper hinunter.
»Verstanden, Fletch?«
Er wusste, dass Macpherson seine Drohung in die Tat umsetzen würde, und nickte.
»Schon gut…«
Der andere quittierte seine Antwort mit einem neuerlichen ordinären Lachen. Gemeinsam hievten die beiden ihren Kameraden auf den hinteren Teil des Karrens. Alexander protestierte nur schwach.
»Schöne Träume, Macdonald!«, grinste Macpherson und zog die Plane aus Öltuch wieder herunter.
Zehn Minuten später traten der Fahrer und sein Handlanger mit den unterzeichneten Lieferdokumenten aus dem Lager.
»Mach die Plane wieder zu, Marcel«, befahl Ersterer und kletterte auf den Bock.
Der Helfer ging nach hinten und erklärte dann, alles sei erledigt.
»Hast du auch nachgesehen, ob dort alles gut verschnürt ist, junger Mann? Ich habe keine Lust, die Hälfte meiner Waren auf der Straße zu verlieren, bei Gott!«
Marcel brummte, alles sei in bester Ordnung, und er garantiere dafür, dass alles gut festgemacht sei. Er hatte die Ladung zweimal überprüft, bevor er, während sein Herr noch mit den Papieren beschäftigt war, nach drinnen gegangen war, um sich aufzuwärmen. Er brauchte dringend ein wenig Ruhe. Sie hatten einen weiten Weg vor sich…
Ein dumpfes, fernes Grollen; stechende Kopfschmerzen. Alexander wälzte sich auf die Seite und stieß mit der Schulter gegen eine harte Oberfläche. Ihm wurde übel, und er biss die Zähne zusammen. Das Donnern wurde plötzlich lauter. Er nahm wahr, dass er grob durchgeschüttelt wurde, und öffnete die Augen: Er war von Halbdunkel umgeben, in das ein winziger Lichtstrahl einfiel. Mit zusammengezogenen Augen musterte er den Ort, an dem er sich befand. Aufgestapelte Holzkisten und Fässer schwankten gefährlich und knarrten, wurden jedoch von Hanfstricken festgehalten.
Es dauerte ein wenig, bis sich der Nebel in seinem Kopf verzog. Alexander hatte Mühe, seine Gedanken zu ordnen. Er erinnerte sich an sein katastrophales Würfelspiel… dann daran, wie er Émilies weiße Hüften bestiegen hatte. Noch so ein Zechgelage, dachte er verbittert.
Erneut wurde ihm schlecht, und er stemmte sich auf den Ellbogen mühsam hoch. Befand er sich auf einem Schiff? Er steckte dem Kopf durch den Schlitz in der Plane, durch die der schmale Lichtstrahl eindrang, und wurde sogleich von der weißen Landschaft geblendet. Herrgott, wie sein Schädel brummte! Sein Magen rebellierte jetzt erst recht, und er erbrach sich über den Rand des Karrens. Eines war sicher: Auf dem Wasser befand er sich nicht. Schnee umwehte den Karren. Wo war er, und wohin fuhr er? Ganz bestimmt hatte er die Sperrstunde verpasst und beim Appell gefehlt. Archie würde ihm wieder Vorhaltungen machen, so viel war sicher!
Bei diesem Gedanken stieß er ein verächtliches Schnauben aus und ließ sich schwer auf den Boden des Karrens zurücksacken. Mit vor Kälte tauben Gliedmaßen schlummerte er wieder ein.
Ein Tritt in die Rippen riss ihn abrupt aus seinem traumlosen Schlaf; mit einem Aufschrei fuhr er hoch. Sein Kopf platzte fast, und er stöhnte.
»Raus, elender Schmarotzer!«, brüllte der Fahrer. »Das geht ja wohl nicht an, so einfach auf meine Kosten zu reisen!«
Die Kälte weckte Alexander endgültig. Er spuckte einen dünnen Faden Speichel und Galle aus.
»Los! Verschwinde!«, schrie der Mann gereizt und drohte ihm mit dem Kolben seines Gewehrs. »Ich habe keine Lust, mich aufhängen zu lassen, weil ich einem Deserteur geholfen habe! Du steigst hier aus.«
»Aye! Aye! Dinna … fash yerself! Regt Euch bloß nicht auf!«
Langsam stand Alexander auf und sah sich um. Er befand sich in einem Dorf. Vor ihm stand die Kirche, hoch aufragend und anheimelnd in ihrer ländlichen Umgebung. Daneben befand sich ein großes Gebäude, das er für das Pfarrhaus hielt. Etwa ein Dutzend Häuser und mit Reif überzogene Bäume säumten die Straße. Dahinter erstreckte sich weites, offenes Land, und dann kamen die Wälder.
»Wo sind wir?«, fragte er mit belegter Stimme.
»Du befindest dich in
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