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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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ab. Gerüchte wollten wissen, dass ihre Reise sich dem Ende näherte. Die Soldaten waren froh darüber und schüttelten ihre Apathie ab, in die sie ihre erzwungene Untätigkeit und das Leben auf engstem Raum versetzt hatten. Sie näherten sich der ausgedehnten Île d’Orléans. Doch allzu große Freude wäre verfrüht gewesen: Wenn die Lotsen nicht äußerste Vorsicht walten ließen, konnten die Untiefen den Schiffen immer noch den Rumpf aufreißen. Bisher hatten sie die erste natürliche Verteidigungsanlage des Landes ohne Schwierigkeiten hinter sich gelassen: Die Mündung des gewaltigen Sankt-Lorenz-Stromes – ein wahrhaft imponierender Schiffsfriedhof, wie einige behaupteten  –, konnte einem mit ihren unvermittelten Sturmböen, ihren plötzlich auftauchenden dichten Nebelbänken und ihren scharfen Riffen mancherlei Überraschungen bereiten und jedes Schiff auf den Meeresgrund schicken. Doch auch der lange Flusslauf hielt noch Fallen bereit.
    Gewiss segnete Gott ihre Mission, denn das Wetter war ihnen wohlgesinnt gewesen. Außerdem hatte der Nordostwind sie rasch über den großen Fluss bis nach Québec getragen, das vierhundertvierzig Meilen landeinwärts lag. Wie eine langgestreckte, majestätische Schlange wand sich der Sankt-Lorenz-Strom durch Landstriche, die sich, so weit das Auge reichte, ausbreiteten wie ein gewaltiger grüner Teppich, den jemand über eine Hügellandschaft geworfen hat. Alexander hatte den Eindruck, von dieser fremden Welt, die von barbarischen Wilden und blutrünstigen Kanadiern bewohnt wurde, verschlungen zu werden. Während des Winters hatte er anlässlich häufiger Scharmützel bereits nähere Bekanntschaft mit den Bewohnern dieses Kontinents gemacht und hing inzwischen sehr an seinem Skalp.
    Neufrankreich war eine Weltgegend, die nur Extreme kannte, in ihren Jahreszeiten ebenso wie in ihren Dimensionen. Die Winter waren eisig und die Sommer brütend heiß. Die Seen waren so groß wie anderswo Meere, und die Wälder nahmen kein Ende. So hatte Alexander es jedenfalls in Schottland gehört. Wenn also dieser Sankt-Lorenz, der sie bis ins Herz des Kontinents sog, bloß ein Fluss war, wie gewaltig mochten dann erst die Seen sein? Eine Art rauschhaftes Hochgefühl ergriff den jungen Mann, während das zerklüftete Ufer vor seinen Augen vorüberzog. Der Drang, diese Welt zu zähmen und zu erobern, war so stark, dass er Gänsehaut davon bekam. Erneut packte ihn die Lust auf Abenteuer und weite Landschaften.
    Der zweite Winter, den Alexander in den amerikanischen Kolonien verbracht hatte, war sehr kalt gewesen. Obwohl er an Entbehrungen gewöhnt war, ertrug der junge Mann die Minustemperaturen nur schwer und hatte sich oft gefragt, ob er nach dem Ende des Krieges tatsächlich in Amerika bleiben sollte. Doch jetzt machten die majestätische Landschaft und die linde Luft ihn den Winter und alles, was sein Leben in der britischen Armee ausmachte, vergessen.
    Nachdem Louisbourg gefallen war, hatte man das Highlander-Regiment als Verstärkung zu General Abercromby geschickt, der soeben, im Spätsommer 1758, in Fort Carillon eine abscheuliche Niederlage gegen den französischen General Montcalm hatte einstecken müssen. Trotz seines erwiesenen Kampfesmutes hatte das 42. königliche Highlander-Regiment, das allgemein »Black Watch«, also »Schwarze Garde« genannt wurde, schwere Verluste erlitten. Man hatte die Fraser Highlanders von Halifax nach Bosten gebracht und ihnen drei Tage lang Gelegenheit gegeben, ihren gerade errungenen Sieg bei der Festung von Cap-Breton  – so der englische Name der Île Royale – zu feiern. Dann hatte man sie, während sie noch ihren Wein verdauten, nach Albany in Marsch gesetzt, wo sie in den zahlreichen benachbarten Forts ihre Winterquartiere bezogen hatten.
    Alexanders Kompanie hatte sich in Fort Stanwix niedergelassen, das einige Meilen westlich von Schenectady lag. Zu seiner großen Erleichterung hatte der Truppenteil, zu dem seine Brüder gehörten, in Fort Herkimer Quartier genommen. Zweimal war es zu Scharmützeln mit den Wilden gekommen; ansonsten hatte der junge Mann seine Zeit damit verbracht, die Franzosen zu beobachten und an der Vollendung des Forts mitzuarbeiten. Nur ein einziger Zwischenfall, der allerdings übel für ihn hätte ausgehen können, hatte sich an seinem zweiten längeren Aufenthaltsort in Neu-England ereignet. Auf den ersten Blick hatte alles wie ein unglückliches Zusammentreffen von Zufällen ausgesehen…
    Sergeant Roderick

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