Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
gut Englisch sprach und wie ein Eingeborener gekleidet war.«
Chartrands düsterer Blick richtete sich jetzt auf Alexander, und es war leicht zu erraten, was er dachte.
»Du glaubst doch nicht, dass …? So etwas hätte ich nie getan. Die beiden gehörten doch zu uns!«, verteidigte sich Nonyacha plötzlich.
»Ich weiß, dass du der Einzige warst, der wusste, wo sich die Franzosen in jener Nacht aufhielten … Und was ich weiß, das weiß ich. Außerdem verstehe ich nicht, was du mit diesem Macdonald zu schaffen hast, der eben nicht mehr zu uns gehört.«
Chartrand wandte Alexander sein vor Zorn kreidebleiches Gesicht zu und fuhr fort.
»Und du, Macdonald? Ich frage mich, was dich wirklich hierher führt. Ich dachte, du hättest dich nach eurem Streit im letzten Winter von Philippe Durand getrennt, und dass du nicht mehr für ihn arbeitest. Warum also bist du hierher zurückgekehrt ? Was suchst du wirklich?«
Philippe Durand? Alexander wusste nicht, was er sagen sollte. Er lief Gefahr, sich in seinen Lügen zu verstricken… Für einen Augenblick hatte er vergessen, dass Didier Chartrand ihn mit seinem Bruder John verwechselte. Sein Instinkt sagte ihm, dass er dieses Spiel fortsetzen sollte, aber vorsichtig. Er hörte geradezu das Gold des Hollandais’ unheilverkündend klingeln.
»In Zukunft gehe ich meinen eigenen Weg und versuche, mir selbst mein Netz aufzubauen, nichts weiter.«
Chartrand betrachtete den Schotten prüfend. Lange schaute er auf die Hand, an der ein Finger fehlte, und runzelte die Stirn. Alexander ließ die Musterung gelassen über sich ergehen.
»Willst du etwa andeuten, wir wären für den Tod der Franzosen verantwortlich?«, rief Nonyacha mit einem Mal aus, und seine Hand fuhr an seinen Dolch.
»Mein Freund, mein Freund!«, schaltete sich Langlade ein und hob seine Waffe, um dem Huronen Einhalt und Ruhe zu gebieten. »Chartrand hat keineswegs behauptet, du hättest etwas mit dem Mord an den beiden Männern zu tun. So ist es doch, Didier? Ich habe nämlich schon gehört, was passiert ist.«
Chartrand zuckte zusammen und sah Langlade verblüfft an.
»Ich komme vom Ontario-See«, erklärte dieser, »wo ich soeben Casey getroffen habe. Er hat mir versichert, die beiden Indianer seien Algonquin gewesen, keine Huronen. Der Engländer war zweifellos ein Händler, der sich einen Teil des Marktes aneignen wollte … Aber du, Nonyacha«, fuhr er, an den Eingeborenen gerichtet, fort, »solltest doch als Führer für sie arbeiten. Warum warst du in jener Nacht nicht bei ihnen?«
»Ich habe meine Schwester Tsorihia geholt«, antwortete Nonyacha nervös. »Sie war von den Tsonnontouan, die wir besucht hatten, adoptiert worden …«
Der Hurone wandte den Kopf zu Alexander und verstummte. Fast wäre ihm herausgerutscht, dass der Weiße ihm geholfen hatte, seine Schwester aus dem Dorf zu schmuggeln. Das hätte Chartrands Argwohn nur noch verstärkt.
»Aber ich hatte mich mit Touranjau darauf verständigt, dass er mit den anderen an der Mündung des Genesee auf mich warten sollte. Dort sollte ich zusammen mit meiner Schwester zu ihnen stoßen.«
»Und du hast sie nicht angetroffen?«
Noch immer verstört schüttelte der Indianer den Kopf, während Langlades Miene aufrichtige Sorge zeigte.
»Ich habe allerdings gehört, du hättest deine Schwester wiedergefunden, Nonyacha. Geht es ihr gut?«
»Ja, wenn man so will… Unser Vater ist vor ein paar Tagen gestorben. Sie hatte ihn gerade erst wiedergesehen …«
»Hmmm … das tut mir leid. Ich hatte mich nur gefragt, ob du auf dem Rückweg nicht vielleicht den drei Männern begegnet bist, auf die die Beschreibung der Angreifer passt.«
»Nein.«
»Und als ihr bei Gayengwatha wart, habt ihr da im Dorf oder in der Umgebung Eingeborene bemerkt, die anderen Völkern angehörten?«
»Wir haben keine Algonquin gesehen, falls Ihr das meint. Aber warum sollten auch Algonquin etwas gegen die Franzosen haben?«
»Touranjau wollte sich von dem Plan für einen Gegenschlag gegen die Engländer zurückziehen«, erläuterte Chartrand mit verbitterter Stimme.
»Aber er hatte doch unterschrieben, oder?«
»Er hat das Dokument, das ihn mit der Liga der aufständischen Händler verband, ganz einfach zerrissen. Wollte sein Mäntelchen nach dem Wind hängen, wenn du verstehst, was ich meine … Viele betrachten ihn als Verräter. Genau wie van der Meer – möge Gott seiner Seele gnädig sein – hat er sein trauriges Schicksal selbst gewählt.«
»Die
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