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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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verpasst habe… Außerdem erkenne ich hier nichts wieder. Das ist nicht mein Dorf«, erklärte sie mit einer weit ausgreifenden Geste, »und die Einwohner sind nicht meine Freunde. Ich erkenne niemanden mehr wieder… Ich … ich hätte nicht zurückkommen sollen…«
    »Sag das nicht, Tsorihia. Diese Menschen sind deine Verwandten. Und du hast noch deinen Bruder.«
    Sie schniefte laut, nickte und sah ihn aus ihren geschwollenen Augen an.
    »Ich weiß«, schluchzte sie. »Aber ich fühle mich hier nicht wohler als in Ganundasaga.«
    »Dann komm doch mit mir, Tsorihia! Lass uns zusammen fortgehen! Ich kann dir nichts anderes bieten als meinen Schutz und meine Zuneigung, aber… das von ganzem Herzen.«
    Die Huronin sah ihn eindringlich an, sodass er das bestürzende Gefühl hatte, sie erforsche seine Seele. Dann nickte sie langsam.
    »Ich verdanke ›Der-mit-den-Augen-spricht‹ mein Leben, und ich werde ihm folgen. Ich verlange nichts außer ihm, und ich werde glücklich mit ihm sein, weil er meine Freude ist. Weisheit bedeutet zu wissen, dass das Glück in unsere hohle Hand passt. Größer ist es nicht, denn wir brauchen nicht mehr. Man soll nicht versuchen, mehr zu nehmen, als in unsere Hand passt, denn das Zuviel wird uns ohnehin entwischen und zu einem anderen gehen.«
    »Du bist sehr weise«, sagte Alexander und küsste ihre Fingerspitzen. »Ich werde versuchen, mich dieser Hand, die mich festhält, würdig zu erweisen.«
    Es gelang ihm, ihr ein leises Lächeln zu entlocken.
    Nicht weit von ihnen entfernt lehnte Mathias Makons an der Wand und beobachtete die beiden; so wie jedes Mal, wenn er sie zusammen sah. Er war auch am Ufer des Erie-Sees in der Nähe gewesen, an dem Abend, als das Licht am Himmel getanzt hatte. Er begehrte Tsorihia mit einer Leidenschaft, die sich nur noch gesteigert hatte, seit er wusste, dass sie dem Engländer gehörte.
    »Meine Schwester wählt selbst, mit welchem Mann sie geht«, hatte Nonyacha erklärt. Er hatte seine Gedanken erraten, ohne dass er sie in Worte zu fassen brauchte.
    Er konnte Tsorihia nicht zwingen, ihn zu lieben. Doch er wusste, dass der Engländer ihrer eines Tages überdrüssig werden würde. Die weißen Voyageurs waren alle gleich. Am Ende überwältigte sie alle die Sehnsucht nach ihren großen Städten, und sie verließen ihre eingeborene Frau, um wieder zu der hellhäutigen Ehefrau zu laufen, die sie zurückgelassen hatten. Auf den Tag wartete er geduldig.
     
    An diesem Morgen hingen die Wolken tief, schwer von dem Regen, auf den man so dringend wartete. Die Saat durfte nicht in der rissigen Erde sterben. Drei Wochen waren inzwischen verstrichen, und noch immer hatte man nichts von den französischen Händlern gehört, die Nonyacha nach Michillimacknac führten sollte. Alexander sagte sich, dass es besser so war. Sobald er seine Arbeit für die Witwe Pinceneau beendet hatte – er hatte noch drei Baumstümpfe auf dem Stück frisch gerodeten Landes auszugraben –, würde er fortgehen.
    Auf der Straße ritt ein Reiter im gestreckten Galopp vorbei. Wahrscheinlich ein Bote aus einem benachbarten Fort. Alexander sah ihm einen Moment lang nach und kehrte dann zu seinem Ochsen zurück. Das Tier kaute an einem Grasbüschel und wartete geduldig, bis er die Knoten seines Geschirrs gelöst hatte. Ein Tropfen traf Alexander auf die Stirn. Als er zum Himmel aufschaute, fiel ein weiterer auf seine Wange und einer auf sein Kinn. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
    »Komm, mein Alter!«, murmelte er.
    Er versetzte dem Tier einen Stockschlag aufs Hinterteil und schob es in Richtung Stall. Das Wasser lief in die ausgetrockneten Löcher auf dem Weg und bildete rasch riesige Pfützen, durch die sie waten mussten. Bis er den Ochsen ins Trockene gebracht hatte und ihm zur Belohnung Heu gab, war Alexander bis auf die Haut durchnässt. Er räumte das Werkzeug weg, vergewisserte sich, dass der Stall gut abgeschlossen war und schickte sich zum Gehen an. Doch die Landschaft verschwamm so in dem strömenden Regen, dass er das Haus der Witwe Pinceneau kaum erkennen konnte. Er beschloss zu warten, bis der Regen nachließ, und setzte sich auf den Hackklotz, der bei dem Brennholzvorrat stand, suchte sich ein Stück Holz aus und zog sein Taschenmesser hervor.
     
    »John?«, fragte jemand durch das ohrenbetäubende Rauschen des Regens hindurch.
    Alexander war vollkommen in seine Arbeit vertieft gewesen und hatte nicht gesehen, wie der Mann vom Pferd gestiegen war.
    »John

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