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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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lauschen.
    Nonyacha hatte Tsorihia und Mathias Makons alles erzählt. Alexander konnte beinahe hören, wie in ihren Köpfen kleine Uhrwerke tickten und jeder seine eigenen Schlüsse zog. Ganz offensichtlich konnte er nicht für den Tod der Franzosen verantwortlich sein. Aber man konnte sich natürlich die Frage stellen, ob er nicht etwas mit der Sache zu tun hatte…
    Tsorihia schien ihrem Gefährten nicht gram zu sein. Ob er nun John oder Alexander hieß, änderte nichts an ihren Gefühlen für ihn. Mathias brütete vor sich hin. Wahrscheinlich war er eher empört darüber, dass die Liebe der jungen Frau zu Alexander nicht geschmälert war, als dass er ihn für schuldig an einem scheußlichen Verbrechen gehalten hätte. Nonyacha brachte keinen offenen Groll zum Ausdruck, vermied es jedoch, das Wort an den weißen Mann zu richten.
    Tsorihias Bruder schob seinen geleerten Teller zurück und stand auf. Mathias wollte es ihm nachtun, doch Nonyacha bedeutete ihm mit einer Handbewegung, ihm nicht zu folgen. Dann verließ er das Haus. Der Wind schlug die Tür hinter ihm so heftig zu, dass die drei anderen zusammenzuckten. Ein paar Minuten später ging Mathias ebenfalls.
     
    »Ich glaube, für mich ist es Zeit, dass ich fortgehe, Tsorihia«, begann Alexander. »Ich will dich aber nicht zwingen …«
    »Ich gehe mit dir«, erklärte sie mit entschlossener Miene und legte ihre warme Hand auf die seine. »Nonyacha kann mich nicht gegen meinen Willen zurückhalten.«
    Sie saßen auf einem Bärenfell, das über den Boden gebreitet war. Die junge Frau schmiegte ihre Stirn an seine Schulter, und er streichelte ihr pechschwarzes Haar. Im Kamin loderte ein Feuer; seine glühenden Zungen leckten an den geschwärzten Steinen. Der Duft des gebratenen Fleisches hing noch in der Luft, aber er konnte den durchdringenden Gestank des Abfalls auf den Straßen, den niemand aufsammelte, nicht übertünchen. Von den Essensresten lebten die Hunde, aber sie lockten bei Nacht auch Ratten, Stinktiere und Waschbären an.
    »Ich bin es dir schuldig, dir die Wahrheit zu sagen, Tsorihia … Wenn du dich entscheidest, mir zu folgen, musst du das wissen.«
    Die junge Frau legte ihre warme, tröstliche Hand auf seine Brust.
    »Ich weiß, dass du mich nicht angelogen hast. Das ist alles, worauf es für mich ankommt.«
    »Ach, Tsorihia!«, seufzte Alexander und legte den Kopf in den Nacken. »Du musst das verstehen. Sie werden Jagd auf mich machen, bis sie entweder das Gold oder meine Haut haben. Wenn du bei mir bleibst, begibst du dich in Gefahr …«
    Er legte eine Pause ein und lauschte dem Knistern des Feuers.
    »… denn ich weiß, wo dieses Gold, das sie suchen, versteckt ist.«
    »Ich weiß.«
    Alexanders Kopf fuhr hoch. Tsorihia sah ihn mit ernster Miene an.
    »Woher … ?«
    »In der Nacht nach deiner Marter hast du im Schlaf gesprochen.«
    »Ich habe geredet? Und was habe ich gesagt?«
    »Verschiedenes … Du hast geschworen, den Mann, dem du dein Wort gegeben hattest, niemals zu verraten.«
    Verblüfft riss Alexander die Augen auf und saß mit offenem Mund da. Sie hatte es die ganze Zeit gewusst und nie etwas davon gesagt! Vielleicht hatte sie ja ihrem Bruder davon erzählt … und der hätte sehr gut alles an Chartrand weitertragen können. Möglicherweise befand sich Nonyacha ja gerade bei Chartrand!
    »Ein Mann, der am Marterpfahl der Tsonnontouan Wort hält, hat seinen Mut von den Göttern. Sein Herz ist edel und verdient Achtung. Der Große Geist hat die Tsonnontouan geleitet, dass sie dich verschont haben.«
    »Und Nonyacha weiß davon? Hast du ihm davon erzählt?«
    »Deine Worte haben meinen Mund nie verlassen. Ich spreche niemals an deiner Stelle. Du entscheidest selbst, wann die richtige Zeit ist, die Stimme des Großen Mysteriums freizulassen.«
    »Das Große Mysterium?«
    »Das Schweigen. Es schenkt Geduld, stärkt den Mut und festigt die Würde.«
    Ihre heitere Miene und ihr Lächeln verwirrten ihn.
    »Glaubst du, dass dieser Moment gekommen ist, Tsorihia? Findest du, ich sollte das Große Mysterium freilassen?«
    »Der Mord an den Franzosen hat Nonyacha erschüttert. Jetzt muss er entscheiden, in welchem Lager er steht. Unser Volk ist immer stolz darauf gewesen, gegen die Engländer zu kämpfen. Für ihn bedeutet es Feigheit, die Waffen niederzulegen. Mein Bruder weiß nicht, dass es oft mehr Mut erfordert, der Stimme der Vernunft zu folgen als seinem Instinkt.«
    »Mein Gott!«, seufzte Alexander und zog die junge Frau an

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