Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
sich, um sie zu küssen. »Weißt du, dass du die Stimme der Weisheit in Person bist?«
Sie lachte leise und löste sich dann von ihm, um sich auf dem Fell auszustrecken.
»Ich werde zu ihm gehen… noch heute Abend.«
»Er wartet schon auf dich.«
Nachdenklich betrachtete Alexander Tsorihias Gesicht und konnte sich nicht dagegen wehren, dass sich Isabelles Züge darüber legten. Es störte ihn, dass er immer noch an Isabelle dachte, und er wünschte sich mehr als alles andere, sein Herz schlüge nur für die junge Huronin … Er schickte sich zum Aufstehen an.
»Wo ist er?«
»Warte noch. Es hat keine Eile.«
Tsorihia umarmte ihren Gefährten und schlang die Arme um seinen Hals, um ihn an sich zu ziehen. Doch sie mochte ihm nicht in die Augen schauen, um dort nicht die Dinge zu lesen, die sie verletzen würden. Trotz allem, was sie über Alexander wusste, war sie entschlossen, ihm zu folgen. Die Nacht nach seiner Tortur hatte der weiße Mann vom Gold eines Holländers gesprochen. Aber er hatte auch von einem anderen Schatz gesprochen, der ihm über alles ging. Er hatte einen anderen Namen gemurmelt, den einer Frau. Er hatte nach ihr gerufen, in seinem unruhigen Schlaf nach ihr gesucht. Dann hatte er sich beruhigt: In seinen Träumen war er bei ihr, das zeigten seine Züge. Oder diese Träume waren eine Vision der Zukunft.
Tsorihia wusste, dass eines Tages die Stimme der Vernunft ihr befehlen würde, ihren ganzen Mut zusammenzunehmen, denn ›Der-mit-den-Augen-spricht‹ würde diese Frau wiederfinden, nach der er im Schlaf gerufen hatte, das war unvermeidlich. Sie hatte es von Anfang an gewusst und litt darunter. Aber aus dem Leid entspringt auch die Kraft. Also würde sie stark sein, weil sie hinnehmen musste, was nicht zu ändern war. Sie schüttelte den Kopf, um ihre trüben Gedanken zu verscheuchen, und umschlang ihren Gefährten fester.
»Nonyacha kann ruhig noch ein wenig warten …«
Dann drückte sie Alexander sanft neben sich auf das Fell und zog ihr Kleid aus. Für den Moment wollte sie ausnutzen, was der Große Geist ihr geschickt hatte. Sie beugte sich über ihren Gefährten und ließ ihren warmen Atem über die Haut an seinem Hals streichen. Seine Härchen stellten sich auf.
»Hmmm …«
»Liebe mich wie der Wind, Alexander«, wisperte sie.
Zögernd und leise lächelnd zog er sie an sich, um sie zu küssen.
»Und wie liebt der Wind, Tsorihia?«
»Schließ die Augen und spüre den Wind auf deiner Haut. Lausche dem, was er dir zuflüstert …«
Alexander schloss die Augen und gab sich den Empfindungen hin, die der Windhauch, den sie über ihn blies, in ihm aufsteigen ließ. Er hörte, wie sein leises Sausen sich mit dem Knistern von Blättern vermischte und spürte seine Liebkosung auf seiner Haut. Wie oft hatte er schon im Gras gelegen und dem Atem des Himmels gelauscht? Er dachte an Schottland und seine Berge, an den Duft des Heidekrauts … Mit einem Mal stieg ihm der Duft einer Frau in die Nase. In seinen Ohren hallte das Knarren des Mühlrads, das Klirren von Porzellan, das Zwitschern der Vögel und das ferne Plätschern der Wellen. Dann spürte er den zuckrig-salzigen Geschmack eines Kusses auf seiner Zunge. Gänsehaut überlief ihn, als er spürte, wie Isabelles warme Finger zugleich mit Tsorihias Hand über sein Gesicht strichen.
»Möge ich wie der Wind sein …«
Zutiefst erschüttert von diesem Bild aus einer fernen Vergangenheit öffnete er die Augen einen Spalt breit und betrachtete Tsorihias hingebungsvollen Körper. Die junge Huronin machte ihm ein einzigartiges Geschenk. Er begehrte sie, aber er würde sie niemals lieben. Er hätte ihr so gern sein Herz geschenkt, so wie sie ihm das ihre gab, hätte ihr so gern mehr von sich gegeben …
Mit den Fingerspitzen strich er über die bronzefarbene Haut, die erschauerte. Sie bäumte sich auf wie eine Katze unter der Hand ihres Herrn und nahm die Zuneigung, die er ihr schenkte, ohne jemals mehr zu verlangen, als die Lust, die ihr das bereitete. Der Schein der Flammen spielte auf diesem Garten der Lüste mit ihm. Während das Licht ihre runden Brüste umfasste, ließ er die Hand zwischen sie gleiten. Als es ihren Bauch modellierte, strich er über ihre Hüften. Es übergoss ihre Schenkel mit Gold, und er drang in das dunkle Tal zwischen ihnen ein. Und der Wind, diese wunderbare Geliebte, ließ langsam die Blütenknospe der Lust aufsteigen, liebkoste sie und trug sie bis auf den Gipfel des Genusses, wo wie in einer Explosion
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