Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
Fehler, die beide Seiten begangen hatten, und kritisierte Montcalms Laschheit, Lévis’ Starrköpfigkeit und Bougainvilles unverzeihlichen Fehler. Dieses unerwartete Zusammentreffen mit dem Kanadier, der mit ihm redete, als seien sie beide alte Freunde, tat Alexander gut und hinderte ihn daran, in die Melancholie zu verfallen, die man stets vor Antritt einer Reise empfindet.
So vergingen zwei Stunden. Schließlich gingen den beiden die Gesprächsthemen aus, und Pausen traten ein. Der Kanadier wurde immer schweigsamer und verstummte schließlich ganz. Er trommelte mit den Fingern auf den Tisch, runzelte die Stirn und betrachtete Alexander mit der Miene eines Mannes, der einen Gegner abschätzt, um die Strategie für seinen Angriff auszuarbeiten. Dann holte er tief Luft und stürzte sich ins kalte Wasser.
»War der Feldzug mit Wolfe Euer erster?«
»Ähem … nein. Unter Waffen habe ich zum ersten Mal in Louisbourg an Kämpfen teilgenommen.«
»Und ohne Waffen?«
»Nun ja, etliche Jahre zuvor bin ich in Schottland mit den jakobitischen Regimentern gezogen… Damals war ich noch ein halbes Kind.«
»Hmmm … Der Feldzug des jungen Stuart-Prinzen? Ja, ich habe in Frankreich davon gehört. In Paris habe ich einen Offizier getroffen… MacNeil of Barra, wenn ich mich recht erinnere. Er war nach Eurer Niederlage aus Schottland geflohen. Die Insel Barra war von Caroline Scott und seiner Kompanie verwüstet worden. Nach dem, was er mir erzählt hat … hat dieser Mann besonders Katholiken gegenüber eine außerordentliche Brutalität an den Tag gelegt.«
»Ich hatte mehrfach Gelegenheit, das Werk von Hauptmann Scott zu betrachten«, meinte Alexander und nahm einen Schluck aus seinem Glas, um zu verbergen, wie aufgewühlt er war. »Dieser Whisky ist wirklich ausgezeichnet.«
»Ja«, gab Michel zurück und ließ die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Glas kreisen. »Ihr habt recht, er ist ziemlich gut.«
Alexander hegte nicht den Wunsch, länger über Hauptmann Caroline Frederick Scott zu sprechen. Dieser Mann hatte die Strafexpeditionen in Glencoe und dem gesamten Westen der Highlands angeführt. Seine Methoden als brutal zu bezeichnen, war bei weitem untertrieben! Alexander war auf der Suche nach etwas zu essen gewesen, als Scotts Kompanie in Glen Nevis einfiel. Die Soldaten waren zu Alexander Cameron geritten, besser bekannt unter dem Namen MacSorley. Der Mann, der gar nicht an dem Aufstand teilgenommen hatte, empfing den Hauptmann überrascht. Er begriff erst recht nicht, was vor sich ging, als er sich plötzlich mit einer Schlinge um den Hals unter einer großen Eiche wiederfand. Scotts Soldaten fielen auch über seine Frau und seinen kleinen Sohn her und zündeten sein Haus an. Die Frau und das Kind, die nichts mehr besaßen, nicht einmal mehr Kleider auf dem Leib, mussten sich den kommenden Winter über in eine Höhle flüchten.
»Viele Schotten haben sich nach der Kapitulation hier niedergelassen. Nach und nach verdrängt der Whisky den Rum von den französischen Inseln. Aber ich muss sagen, auch ich schätze Euren … wie nennt Ihr ihn in Eurer Sprache?«
»Usquebaugh.«
»Genau, so heißt er.«
Der Kanadier hob sein Glas, um die Farbe des Getränks zu begutachten. Dann trank er einen Schluck und schnalzte zufrieden mit der Zunge.
»Ich habe Euch nie wirklich danken können, wie sich das gehört. Deswegen freue ich mich darüber, dass Gott mir heute die Gelegenheit gibt, das nachzuholen und die Ehrenschuld einzulösen, die ich Euch gegenüber habe, Monsieur Macdonald.«
»Eine Schuld? Aber nein, Monsieur, Ihr schuldet mir gar nichts …«
»Und ob! Ihr müsst zugeben, dass es auf einem Schlachtfeld nicht üblich ist, einen seiner Landsleute zu töten, um einem feindlichen Soldaten das Leben zu retten. Außerdem war dieser Mann Euer Vorgesetzter, nicht wahr?«
»Sergeant Campbell war ein Mann ohne jegliche Moral.«
»Die haben Militärs nicht immer«, meinte Michel und lächelte wissend.
Mit einem Mal musste Alexander an das verwüstete Red River Hill und an das Massaker in dem kleinen Algonquin-Dorf am Rivière du Lièvre denken.
»Das trifft auch auf andere Menschen zu«, meinte er und sah dem Kanadier in die Augen.
»Allerdings … Aber ich danke dem Himmel dafür, dass es noch Männer von Ehre gibt. Ihr habt mir das Leben gerettet, Monsieur Macdonald. Erlaubt mir, ruhigen Herzens nach Frankreich zurückzukehren, in dem Bewusstsein, dass ich meine Pflicht erfüllt habe.«
»Ich
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