Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
verfügbar. Für weitere Auskünfte bitte an Kapitän Henry Mure wenden . Er wusste, dass die Reise beschwerlich werden würde. Erst heute Morgen hatte er sich entschieden und seine Fahrkarte gekauft.
John war verschwunden, höchstwahrscheinlich tot. Wie Marie-Anne sagte – seine Frau, der Alexander einen Besuch abgestattet hatte –, war Jean l’Écossais nie wieder nach La Batiscan zurückgekehrt, nachdem er im Frühjahr 1768 mit seinen Männern nach Michilimackinac aufgebrochen war. Nur der Mann mit dem Beinamen Cabanac war noch einmal aufgetaucht. Er hatte seinen Bericht vorgelegt und Verträge für Ruderer erneuert. War es möglich, dass es sich bei dem Unbekannten, der in Red River Hill am Waldrand begraben lag, um seinen Bruder handelte? Erfahren würde er das erst, wenn er Munro fand. Da waren noch so viele Fragen, auf die es keine Antwort gab.
Alexander war drei Tage in La Batiscan geblieben. Er hatte der untröstlichen Marie-Anne von seiner zufälligen Begegnung mit John erzählt. Und er hatte seine kleine Nichte Marguerite Macdonald kennengelernt. Die hellen Augen und der fröhliche Blick des Kindes hatten ihn sehr an ihre Mutter Marion erinnert. Dann hatte er sich auf die Rückreise nach Québec gemacht. Unterwegs hatte er unablässig an die letzten Gespräche mit seinem Zwillingsbruder denken müssen und immer stärker den Wunsch empfunden, endlich nach Schottland, in das Tal seiner Vorfahren, zurückzukehren. Die Ereignisse der letzten Monate hatten ihn sehr verändert. Er verspürte das Bedürfnis, wieder an seine Wurzeln anzuknüpfen, um seinen Weg zu finden.
Bis jetzt hatte er seine Kinder noch nicht finden können. Doch er hatte Finlay Gordon wiedergesehen. Er hatte ihn zufällig auf der Straße getroffen, als er vor einem Laden wartete, in dem seine Frau und ihre vier Töchter ihre Einkäufe tätigten. Er hatte im Viertel Saint-Roch seine eigene Schusterwerkstatt eröffnet, und da er den günstigsten Preis geboten hatte, durfte er als einziger Schuhmacher Reparaturen für die Armee vornehmen.
Finlay hatte ihm versprochen, dass er alles tun würde, um seine Kinder und Munro zu finden, ehe er im kommenden Frühjahr ebenfalls nach Schottland zurückkehrte.
Alexander drang in die Straßen der Unterstadt ein, die von den Gerüchen des Hafens erfüllt waren. Langsam wurde es dunkel. Die Menschen flüchteten sich nach Hause und schlossen die Fensterläden, um bei dem dicht gedrängten Zusammenleben, zu dem der knappe Raum sie zwang, ihre Privatsphäre zu wahren. Die Farben verblassten und machten den Schatten Platz.
Als er die Rue Saint-Pierre entlangging, bemerkte Alexander eine neue Erdaufschüttung. So entriss man dem Ufergestade Klafter um Klafter, um eine Verbindung zur Rue du Sault-au-Matelot zu schaffen, die am Fuß des Steilhangs verlief. Ohne darüber nachzudenken, ging er nach Westen, in Richtung Oberstadt. Da er den Blick auf den Boden richtete, um nicht in eines der unzähligen Schlaglöcher zu treten, stieß er einen jungen Burschen an, der versuchte, das restliche Brennholz von seinem kleinen, von einem Hund gezogenen Karren zu verkaufen. Dann erblickte er eine Kutsche, die direkt auf ihn zukam, und versuchte, über eine besonders tief ausgefahrene, schlammige Wagenspur zu springen. Er stürzte beinahe und zog eine Grimasse, als er auf seinem schlimmen Bein landete. Der Wagen streifte ihn, und sein Stock fiel ihm aus den Händen, und als er sich an die Wand drückte, trat er in einen Hundehaufen. Er fluchte. Also wirklich, auf den Straßen von Québec begab man sich ja in größere Gefahr als auf einem Schlachtfeld!
Während er sich noch bückte, um seinen Stock aufzuheben, rempelte ihn ein Fußgänger an und zwang ihn, ein weiteres Mal das Gewicht auf sein gerade eben genesenes Bein zu verlagern. Murrend richtete er sich auf und wollte ihm schon eine Grobheit nachrufen. Doch dann verstummte er mit erhobener Faust und schaute dem bäuerlich gekleideten Mann nach, der sich entfernte. Dieses rote Haar, das unter dem zerbeulten Hut hervorschaute, diese hochgewachsene Gestalt, der selbstsichere Gang… Wäre dies Glasgow oder Edinburgh gewesen, hätte er geschworen, Coll gesehen zu haben.
Der kräftige Bursche verschwand um die Ecke der Côte de la Montagne. Die Dunkelheit verbarg sein Gesicht. Alexander, der neugierig geworden war, hätte am liebsten die Verfolgung aufgenommen. Doch das Ziehen in seinem Bein belehrte ihn eines Besseren. Er sah auf seinen Stock hinunter und stellte
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