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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Fanatiker, der ohne zu zögern seine eigene Mutter erwürgen würde, wenn er dadurch die Engländer besiegen könnte. Ich kenne ihn seit seiner frühesten Kindheit. Sein Vater, der am Handelsposten Michillimackinac Handel trieb, war ein Freund von mir. Er hat in der Schlacht am Parent-Bach 32 auf der Seite der Chippewa gekämpft und ist vor den Augen seines Sohnes von einem englischen Sergeanten getötet worden. Seitdem ist Wemikwanit blind vor Rachedurst. Er hat Gräueltaten an englischen Soldaten verübt, deren Einzelheiten ich Euch erspare. Dieser Mann kämpft nur für seine eigene Sache, nicht für die seines Volkes. Er weiß gar nicht mehr, was recht und unrecht ist. Mit welchem Argument hat er Euch zu überzeugen versucht?«
    Der Gewehrlauf drückte fester zu.
    »Rache … Er hat mir erklärt, so könnte ich meine Leute rächen …«, erwiderte Alexander, der sich entschieden hatte, ganz ehrlich zu sein.
    Van der Meer trat ein wenig zurück.
    »Das ist gut, sehr gut. Und… ist es ihm gelungen, dieses Gefühl in Euch zu erwecken?«
    Alexander, dessen Herz heftig pochte, stützte sich auf die Ellbogen hoch. Der Hollandais musterte ihn aufmerksam und versuchte sich einen Eindruck davon zu machen, ob er eine ehrliche Antwort bekommen würde.
    »Ich habe darüber nachgedacht, Monsieur. Aber ich habe beschlossen, mein Versprechen zu halten.«
    »Ich hoffe, dass das wahr ist. Wenn nicht, wird Euch diese Sache Euer Leben lang auf dem Gewissen liegen, Alexander. Denkt doch an Mikwanikwe und ihre kleine Tochter. Es gibt Tausende wie sie, Frauen und Kinder, die nirgendwo wirklich hingehören, unschuldige Opfer dieses Krieges. Denkt an die beiden!«
    Aufgewühlt wandte der Hollandais sich ab. Er überzeugte sich davon, dass alle Voyageurs sich zum Aufbruch bereit machten. Die Muskeln an seinem Unterkiefer arbeiteten und zeigten, wie nervös er war.
    »Seht zu, dass Ihr keine Zeit verliert!«, versetzte er schließlich und entfernte sich.
    Alexander, der den Atem angehalten hatte, stieß einen tiefen Seufzer aus und sah zu, wie der Mann zu seinem Unterstand ging, der soeben abgebaut wurde. In einigen Schritten Entfernung stand le Revenant und musterte ihn unter seinen buschigen Brauen.
     
    Das Wetter war schlecht, und in der Ferne grollte Donner. Wenn das Gewitter losbrach, würden sie erneut Zuflucht am Ufer suchen müssen und noch mehr Zeit verlieren. Die Ruderer sangen, um ihren Rhythmus zu wahren. Alexander allerdings schwang energisch, aber schweigend sein Paddel und betrachtete die Blätter, die an der Wasseroberfläche trieben und in den Strudeln, die die Paddel aufwirbelten, untergingen.
    Er rang mit seinem Gewissen. Hier bot sich ihm tatsächlich die Gelegenheit, das zu tun, wovon sein Vater, sein Clan und sein Volk immer geträumt hatten, nämlich den Sassanachs einen furchtbaren Schlag zu versetzen. Er hatte die Macht, die Hand abzuschlagen, die ihn und die seinen unterdrückt hatte. Hatte nicht van der Meer selbst diese Seite der Sache hervorgehoben, als er ihm sein gefährliches Geheimnis anvertraute? Der Händler hatte auf sein Mitgefühl gesetzt und das Banner der Ehre und der Klugheit geschwenkt, um ihn von seinem Anliegen zu überzeugen. In einem Punkt, das musste er zugeben, hatte er recht: Es gab keine Lösung für diesen Konflikt. Nach der Unterzeichnung des Vertrags von Paris hatten sich die meisten Franzosen, die auf dem linken Mississippiufer gelebt hatten, ins spanische Louisiana geflüchtet, wenn sie nicht gleich nach Frankreich zurückgekehrt waren. Aber ohne sie hatten Pontiac und seine Männer kaum Aussicht auf Erfolg, ganz gleich, welche kriegerischen Großtaten sie vollbrachten. Frankreich war ruiniert und würde ihnen nicht eine einzige Flinte schicken … Alexander war sich sicher, dass Wemikwanit erneut Verbindung zu ihm aufnehmen würde. Er musste eine Entscheidung treffen …
    »Herrje, ein Schwein! Da hinten ist ein Schwein! Hey, Hollandais, dürfen wir uns das holen?«
    Alexander wandte den Kopf zum Ufer, in die Richtung, in die der Mann gezeigt hatte, und erblickte ein riesiges Wildschwein, das im Farn herumwühlte. Genau wie den anderen lief ihm bei diesem Anblick das Wasser im Mund zusammen, weil er sich schon den köstlichen Braten vorstellte, den das Tier abgeben würde. Van der Meer, der nicht weniger ein Mensch war als seine Männer, ließ die Kanus an Land bringen. Er gab sechs seiner Leute ein paar Minuten Zeit, um das Tier zu erlegen; danach würden sie wieder aufbrechen,

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