Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
Isabelle gesehen, die allein zum Teich ging.
Zunächst hatte er angenommen, das Ehepaar hätte sich gestritten, und hatte sich gesagt, Pierre wolle wohl vor Blicken geschützt seinen Zorn abreagieren. Nach Isabelles Äußerungen war er vollkommen außer sich gewesen. Doch als er auch Caroline de Rouville nirgendwo entdecken konnte, hatte Jacques begonnen, sich Gedanken zu machen. Pierre war sehr verschwiegen, was sein Privatleben anging, aber es war offensichtlich, dass er seine Frau anbetete. Die Neugier hatte den jungen Guillot überwältigt, und er war noch einmal zu der Laube gegangen … In der Tat, Pierre gönnte sich ein kleines Schäferstündchen hinter der Hecke der Sarrazins.
»Monsieur Guillot, könntet Ihr bitte Pierre suchen und ihm sagen, dass ich nach Hause möchte?«
Der junge Mann erstarrte.
»Ich kann Euch auch fahren, Madame.«
»Nein, das könnt Ihr nicht! Was sollen die Leute denken? Unmöglich! Wo ist Pierre? Ich muss ihn finden.«
Isabelle machte sich von ihm los. Sie musste mit Pierre sprechen, erfahren, was mit Alexander war. Diese Ungewissheit ertrug sie nicht länger.
»Nein, Isabelle!«
Mit ein paar Schritten hatte Jacques Guillot sie eingeholt und hielt sie zurück.
»Lasst uns durch den Garten gehen. Es gibt ein Tor, das auf die Rue Saint-Vincent führt. Niemand wird Euch sehen.«
»Das ist doch völlig unsinnig! Ich kann doch nicht einfach gehen, ohne mich bei Cécile zu bedanken! Das gehört sich einfach nicht!«
»Ich beschwöre Euch! Hört auf mich! Es wäre vernünftiger, Euch von mir heimbringen zu lassen. Monsieur Larue …«
Erneut hatte er die Hand der jungen Frau ergriffen und drückte sie fest. Isabelle musterte ihn. Sie fand es verdächtig, dass er so plötzlich verstummt war. Er war sich seines ungeschickten Verhaltens bewusst und schloss seufzend die Augen.
»Warum wollt Ihr nicht, dass ich Pierre suchen gehe? Was hat mein Mann denn so Wichtiges zu tun, das es mir verbietet, zu ihm zu gehen? Er hat mir gesagt, er müsse wegen einer dringenden geschäftlichen Angelegenheit mit jemandem sprechen. Sein Klient … wird es mir sicher nicht übelnehmen …«
Als sie sah, wie der junge Mann sich auf die Lippen biss, begann sie zu begreifen, um welche Art von dringendem Geschäft es sich handelte.
»Caroline de Rouville?«
»Ich … ich kann nicht. Das dürft Ihr nicht von mir verlangen.«
»Antwortet!«
»Ich glaube es zumindest«, stotterte er schließlich und schlug die Augen nieder.
Wie um seine Worte zu bestätigen, drang über den verlassenen, stillen Weg aus einer Baumgruppe das Klingen von Gläsern und dann anzügliches Gelächter zu ihnen. Isabelle stockte das Blut. Sie fühlte, wie sie zu Eis erstarrte, sie spürte gar nichts mehr. Mit vorgetäuschter Ruhe löste sie sich von Jacques Guillot, der nicht mehr versuchte, sie zurückzuhalten.
»Holt mir bitte meinen Umhang. Ich warte am Teich auf Euch.«
Isabelle saß zusammengekauert im Dunkel und hörte, wie die Tür sich öffnete und wieder schloss. Charlotte, die auf ihren Knien döste, hob den Kopf, als sie aufhörte, sie zu streicheln. Pierre tat zögernd ein paar Schritte. Der schwache Schein der Lampe, die auf der Konsole in der Eingangshalle stand, warf seinen Schatten an das rötliche Holz der Tür, die sie halb offen gelassen hatte. Mehrere Sekunden vergingen, bis er wagte, in den Salon zu treten. Er lehnte seine schlanke Gestalt an den Türpfosten. Sie konnte seine Züge nicht erkennen und wusste nicht, ob seine Miene zerknirscht oder verärgert war.
»Jacques hat mir gesagt, Ihr hättet Euch nicht wohlgefühlt …«
Seine Stimme klang kalt.
»Ja.«
»Hat er Euch hergefahren?«
»Ja.«
»Hat er sich korrekt verhalten?«
Jetzt verriet Pierres Stimme, dass er besorgt war. Sie schwieg und spürte, wie sie zornig wurde. Wie konnte er es wagen?
»Isabelle! Hat er sich korrekt verhalten?«
Gekränkt stand die junge Frau auf, das Kätzchen auf dem Arm. Sie baute sich vor ihrem Mann auf und musterte ihn wütend und verächtlich.
»Ganz bestimmt korrekter als Ihr!«
Er atmete schwer, stand aber reglos und stumm da.
»Ich weiß, wir haben ein Abkommen geschlossen. Doch ich erinnere mich genau, dass ich Euch gebeten habe, Diskretion zu wahren.«
Pierre wandte sich ab, und die Lichtquelle beschien seine beschämte Miene, die er in seinen Händen zu verbergen versuchte. Sie hatte mehr als eine Stunde auf ihn gewartet und Zeit zum Nachdenken gehabt. Doch immer liefen ihre Überlegungen
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