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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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während sie einen anderen Mann beweinte, erschütterte sie. Mit einem Mal sah sie wieder, wie ihr Vater ihre Mutter auf die gleiche Weise anschaute, und sie begriff, welche Qualen sie ihrem Mann bereitete. Pierre hatte Besseres verdient, mehr, als Charles-Hubert je bekommen hatte. Sie wollte nicht wie Justine werden. Nein, niemals!
    »Ich glaube, jetzt geht es besser …«
    Ein Schluchzen schüttelte sie, und ihr schmerzverzerrtes Gesicht strafte ihre Worte Lügen. Pierre breitete die Arme aus, und sie schmiegte sich an ihn und weinte in ihrem unermesslichen Kummer sein Hemd nass.
    »Könnt Ihr nicht heute Nacht bei mir bleiben?«, fragte sie unter Tränen.
    Pierre spürte, wie ihm das Herz vor Freude schwoll. Eng umschlungen streckten sie sich auf dem Bett aus. Doch dieser kleine Sieg hinterließ einen bitteren Geschmack in seinem Mund. Isabelle überließ sich ihm, erlaubte ihm, ihr seidiges Haar und ihren zitternden Rücken zu streicheln. Er drückte sie an sich, küsste ihre Lider und hoffte ganz einfach, eines Tages Gnade in ihren Augen zu finden.
    Nach und nach schluchzte Isabelle weniger heftig, und als grau der Morgen anbrach, ging ihr Atem regelmäßiger. Pierre berührte ihre heiße, nasse Stirn, dann ihre Wangen, die kühler waren, in dem quälenden Bewusstsein, dass er selbst der Urheber der tiefen Verzweiflung seiner Frau war.
    »Verzeiht mir, meine Liebste«, murmelte er in ihr duftendes Haar hinein.
    Er zürnte sich furchtbar. Würde er sich jemals vergeben können?

6
Der Weg in die Hölle
    Ein entsetzlicher Schrei bohrte sich in sein Hirn wie eine Messerklinge. Der unerträgliche Schmerz ließ ihm Tränen in die Augen steigen und entlockte ihm ein Stöhnen. Dann ließ die Pein kurz nach. Doch ein weiteres Aufheulen erklang, und alles begann wieder von vorn. Alexander wälzte sich auf die Seite. Ein starker Geruch nach feuchter Erde stieg ihm in die Nase, und dann ein anderer, ekelhafter, nach verbranntem Fleisch. Sein Magen zog sich krampfhaft zusammen, und ein Gallerinnsal floss über seine Wange und hinterließ einen bitteren Geschmack auf seiner Zunge. Er spuckte aus.
    Er konzentrierte sich auf seinen Atem, um die Übelkeit zu vertreiben. Leise Stimmen zogen seine Aufmerksamkeit auf sich. Mühsam öffnete er ein verklebtes Auge und suchte nach ihrem Ursprung. Es war dunkel, aber durch das Astwerk hindurch erkannte er den Flammenschein eines Lagerfeuers. Wieder erscholl der graueneinflößende Schrei und ließ sein Blut gefrieren. Alexander erstarrte und glaubte, er hätte es mit einem wilden Tier zu tun.
    »Wenn Er ihn doch endlich holen käme, der verfluchte liebe Gott!«, knurrte jemand.
    »Bei den Wilden wartest du vergeblich auf den lieben Gott«, seufzte jemand anderes.
    »Was wollen sie denn bloß von dem Hollandais?«
    »Ich weiß es nicht, Dumais. Aber ich bete darum, dass sie nicht glauben, wir wären darin eingeweiht.«
    Dann trat erneut Stille ein. Alexander versuchte, einen Sinn in das Gehörte zu bringen. Dumais? Ein Holländer?
    »Du glaubst, er weiß etwas, was sie wissen wollen?«
    »Keine Ahnung. Aber ich habe gesehen, wie er gestern und heute Morgen lange mit dem Mischling diskutiert hat, und der Hollandais wirkte nicht besonders glücklich …«
    Ein neues Geheul brachte Alexanders Trommelfell fast zum Platzen, und er stöhnte. In seiner Nähe knackten Zweige, und dann tastete eine Hand ihn vorsichtig ab.
    »Hey, Macdonald! Bist du wach? Kannst du mich hören?«
    Macdonald …
    »Hey, mein Alter, du kannst mich doch nicht im Stich lassen. Komm, wach auf!«
    Macdonald … Alexander Colin Macdonald … Das war sein Name, ja, das passte. Die Hand drehte ihn sanft auf den Bauch, und er fand sich mit dem Gesicht im Gras wieder.
    »Mmmh …«, fuhr die Stimme fort, während die Hand jetzt durch sein dichtes Haar fuhr, »man kann wohl behaupten, dass du einen harten Schädel hast, mein Freund!«
    Wieder durchfuhr der Schmerz seinen Kopf und ließ ihn aufstöhnen. Er versuchte, der forschenden Hand zu entrinnen.
    »Ein Schlag, wie du ihn abgekriegt hast, hätte dir eigentlich den Schädel zerschmettern müssen! Du hast eine Beule von der Größe einer Melone! Glück gehabt, die Wunde ist nicht besonders lang. Sie darf sich nur nicht allzu sehr entzünden.«
    Zerschmettern … Beule … Melone … Wunde … Langsam drangen die Worte in Alexanders Bewusstsein, und er versuchte zu begreifen, was um ihn herum los war. Im Moment hatte der junge Mann das Gefühl, sein Kopf sei ein

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