Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
zurückkehren werden, und ich kann nicht sagen, ob ich Gelegenheit haben werde zu schreiben, doch ich werde es tun, wenn ich kann, und bitte Dich, in der Zwischenzeit in Liebe zu denken an
Deinen Sohn William
Ende Oktober 1776 Quebec
W illiam wusste nicht recht, was er von Hauptmann Denys Randall-Isaacs halten sollte. Nach außen hin war er ein freundlicher, unauffälliger Mann, wie man ihn in jedem Regiment fand; etwa dreißig, brauchbar beim Kartenspiel, immer zu Scherzen aufgelegt, auf romantische Weise gut aussehend, offen und verlässlich. Außerdem war er ein sehr angenehmer Reisebegleiter, denn er verfügte über einen großen Fundus an unterhaltsamen Geschichten für unterwegs und kannte sich bestens mit obszönen Liedern und schlüpfrigen Gedichten aus.
Was er nicht tat, war, über sich selbst zu reden. Was Williams Erfahrung nach das war, was die meisten Menschen am besten konnten – oder zumindest am häufigsten taten.
Er hatte versucht, vorsichtig in ihn zu dringen, indem er mit der dramatischen Geschichte seiner Geburt herausrückte, und war dafür mit einigen nüchternen Fakten belohnt worden: Randall-Isaacs’ Vater, ein Dragoneroffizier, war vor seiner Geburt auf dem Highlandfeldzug umgekommen, und seine Mutter hatte ein Jahr später wieder geheiratet.
»Mein Stiefvater ist Jude«, hatte er William erzählt. »Ein reicher Jude«, hatte er hinzugefügt und ironisch gelächelt.
William hatte freundlich genickt.
»Besser als ein armer«, hatte er gesagt und es dabei belassen. Es war zwar nicht viel, doch es erklärte zumindest, warum Randall-Isaacs für Richardson arbeitete, anstatt bei den Lanciers oder den Füsilieren dem Ruhm nachzujagen. Mit Geld konnte man zwar ein Patent kaufen, doch das garantierte noch lange nicht, dass einen das Regiment auch herzlich aufnahm – oder dass sich einem jene Art von Gelegenheiten bot, wie man sie durch Familienverbindungen und echten Einfluss bekam.
Zwar fragte sich William flüchtig, warum genau er seinen eigenen beachtlichen Verbindungen den Rücken kehrte, um sich an Hauptmann Richardsons zwielichtigen Unternehmungen zu beteiligen, doch dieses Thema tat er als eines ab, mit dem er sich später befassen konnte.
»Erstaunlich«, murmelte Denys und legte den Kopf in den Nacken. Sie hatten ihre Pferde auf der Straße angehalten, die vom Ufer des St.-Lorenz-Stroms zur Zitadelle Quebec emporführte; von hier konnten sie das steile Felsenkliff sehen, das Wolfs Truppen vor siebzehn Jahren erklommen hatten, um den Franzosen die Zitadelle – und Quebec – abzunehmen.
»Mein Vater ist ebenfalls dort hinaufgeklettert«, sagte William und versuchte, es ungerührt klingen zu lassen. Randall-Isaacs’ Kopf fuhr erstaunt zu ihm herum. »Wirklich? Ihr meint, Lord John – er hat mit Wolfe auf dem Abrahamsfeld gekämpft?«
»Ja.« William betrachtete die Felsen mit gebührendem Respekt. Sie waren
zwar dicht mit Baumschösslingen bewachsen, doch die Oberfläche darunter bestand aus bröckeligem Schiefer; durch die Blätter konnte er dunkle Risse in allen Größen und Formen sehen. Bei der Vorstellung, eine solche Anhöhe im Dunkeln zu erklimmen, und nicht nur das, sondern die ganze Artillerie mit nach oben zu schleppen, schauderte es ihn.
»Er hat gesagt, die Schlacht war vorbei, kaum dass sie angefangen hatte – es wurde nur die eine große Salve abgefeuert -, doch der Aufstieg zum Schlachtfeld war das Schlimmste, das er je erlebt hat.«
Randall-Isaacs grunzte respektvoll und hielt einen Moment inne, bevor er die Zügel wieder aufnahm.
»Ihr sagt, Euer Vater kennt Sir Guy?«, sagte er. »Er wird es gewiss zu schätzen wissen, diese Geschichte zu hören.«
William fixierte seinen Begleiter. Eigentlich hatte er nicht gesagt, dass Lord John mit Sir Guy Carleton, dem Oberbefehlshaber für Nordamerika, bekannt war – obwohl es stimmte. Sein Vater kannte schlichtweg jeden. Und bei diesem simplen Gedanken begriff er plötzlich, was seine wahre Funktion bei dieser Expedition war. Er war Randall-Isaacs’ Visitenkarte.
Es stimmte zwar, dass er sehr gut Französisch sprach – Fremdsprachen lernte er leicht – und dass Randall Isaacs’ Französisch nur rudimentär war. Was das betraf, hatte ihm Richardson wahrscheinlich die Wahrheit gesagt; es war immer besser, einen Dolmetscher zu haben, dem man vertrauen konnte. Doch selbst wenn sich Randall-Isaacs auf schmeichelhafte Weise an William interessiert gezeigt hatte, kam William nun verspätet zu Bewusstsein, dass
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