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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sehen, an denen noch das Grün der letzten Mahlzeit des Tiers klebte.
    Der Hirsch brüllte, ein lauter, schallender Kehllaut, seine Herausforderung an jeden anderen Hirsch in Hörweite. Einen Atemzug lang erwartete Roger, einen von Ians Pfeilen aus den Ebereschen hinter dem Hirsch sausen zu spüren oder Jamies Gewehr in der Luft widerhallen zu hören. Dann schüttelte er sich und kehrte in seine Haut zurück. Er bückte sich, um einen Stein aufzuheben – doch bevor er ihn werfen konnte, hatte ihn der Hirsch gehört und flüchtete raschelnd und krachend durch den Farn.
    Er stand still und roch seinen eigenen Schweiß, immer noch orientierungslos. Doch dies waren nicht die Berge North Carolinas, und das Messer in seiner Tasche diente dazu, Schnüre zu zerschneiden und Bierflaschen zu öffnen.
    Er hatte Herzklopfen, wandte sich aber erneut dem Pfad zu, immer noch auf der Suche nach Zeit und Raum. Gewiss würde es mit etwas Übung einfacher werden? Seit über einem Jahr waren sie zurück, und doch erwachte er manchmal nachts, ohne zu wissen, wo – oder wann – er war, oder schlimmer noch, er stolperte im Wachen durch ein plötzliches Wurmloch in die Vergangenheit.
    Die Kinder, die nun einmal Kinder waren, schienen nicht so sehr an diesem Gefühl zu leiden, anderswo zu sein. Mandy war natürlich zu klein und zu krank gewesen, um sich an ihr Leben in North Carolina oder die Reise durch die Steine zu erinnern. Jem erinnerte sich daran. Doch Jem … Er hatte nur einen Blick auf die Autos auf der Straße geworfen, die sie eine halbe Stunde nach ihrem Auftauchen aus den Steinen auf Ocracoke erreicht hatten, und schon hatte er fasziniert dagestanden, ein breites Grinsen im Gesicht, wann immer ein Wagen an ihnen vorbeibrauste.
    »Brumm«, hatte er zufrieden zu sich selbst gesagt, und schon schien er das Trauma des Abschieds und der Zeitreise vergessen zu haben – während Roger selbst kaum laufen konnte und das Gefühl gehabt hatte, dass ein wichtiger, unwiederbringlicher Teil seiner selbst noch in den Steinen gefangen war.
    Ein freundlicher Fahrer hatte angehalten, ein mitfühlendes Ohr für ihre Geschichte mit dem Bootsunfall gehabt und sie in den Ort gefahren, wo ein R-Gespräch mit Joe Abernathy ihre unmittelbaren Bedürfnisse nach Geld, Kleidern, einem Zimmer und etwas zu essen gestillt hatte. Jem hatte auf Rogers Knie gesessen und mit offenem Mund durch das offene Fenster gestarrt, während sie die schmale Straße entlangfuhren und ihm der Wind durch die weichen, leuchtenden Haare fuhr.

    Er hatte es gar nicht abwarten können, das nächste Mal Auto zu fahren. Und kaum hatten sie sich in Lallybroch niedergelassen, hatte er Roger breitgeschlagen, ihn mit dem Morris über die Feldwege fahren zu lassen, auf Rogers Schoß, die kleinen Hände begeistert um das Lenkrad gekrallt.
    Roger lächelte ironisch vor sich hin; er konnte wohl von Glück sagen, dass sich Jem diesmal noch zu Fuß davongemacht hatte – ein oder zwei Jahre weiter würde er bestimmt groß genug sein, um an die Pedale zu kommen. Am besten gewöhnte er sich allmählich daran, den Autoschlüssel zu verstecken.
    Er befand sich jetzt weit oberhalb der Farm und verlangsamte sein Tempo, um nach oben zu blicken. Brianna hatte gesagt, die Höhle befände sich am Südhang des Hügels etwa fünfzehn Meter oberhalb eines großen, weißlichen Felsens, den die Einheimischen »Leap o’ the Cask« nannten – weil der Bedienstete des Dunbonnets , der seinen Herrn in seinem Versteck mit Ale versorgen wollte, dort einmal auf eine Gruppe englischer Soldaten gestoßen war. Weil er sich weigerte, ihnen das Fässchen zu überlassen, das er bei sich trug, hatte ihm ein Schwerthieb die Hand abge-
    »Großer Gott«, flüsterte Roger. »Fergus. O Gott, Fergus!« Konnte augenblicklich das lachende, zierliche Gesicht vor sich sehen, dunkle Augen, die belustigt funkelten, als er mit dem Haken, den er anstelle seiner fehlenden linken Hand trug, einen zappelnden Fisch aus dem Wasser hob – und das Bild einer kleinen, reglosen Hand, die blutig vor ihm auf dem Pfad lag.
    Denn es war hier gewesen. Genau hier. Als er sich umwandte, sah er den Felsen, hoch und rau, ein stummer, unbeirrter Zeuge des Grauens und der Verzweiflung – und der Umklammerung, mit der ihn die Vergangenheit in diesem Moment an der Kehle packte, plötzlich wie die Schlinge des Henkers.
    Er hustete krampfhaft, versuchte, seine Kehle freizubekommen, und hörte den heiseren, gespenstischen Ruf eines anderen Hirsches,

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