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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ihn sanft nach vorn und spürte einen Luftzug in ihrem Gesicht, als sich der Wagen lautlos ins Innere der Erde bewegte.
    Sie musste langsam fahren. Der kleine rote Knopf warf zwar einen beruhigenden Schimmer auf ihre Hände, hatte aber keine Chance gegen die Dunkelheit vor ihr, und sie hatte keine Ahnung, wo die Schienen Kurven hatten und wie scharf diese waren. Auch wollte sie nicht zu schnell auf das Schienenende auffahren und den Wagen womöglich zum Entgleisen bringen. Sie hatte das Gefühl, zentimeterweise durch die Dunkelheit zu schleichen, doch es war immerhin besser, als zu Fuß zu gehen und sich mehr als eine Meile weit an einer Tunnelwand entlangzutasten, an der Hochspannungskabel entlangliefen.
    Es traf sie in der Dunkelheit. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie, jemand hätte ein stromführendes Kabel auf die Schienen gelegt. Im nächsten Moment durchfuhr sie ein Klang, der kein Klang war, berührte jeden Nerv in ihrem Körper, und ihr wurde weiß vor Augen. Und dann streifte ihre Hand über
die Felsen, und sie begriff, dass sie auf die Konsole gestürzt war und halb aus der vor sich hin dümpelnden Maschine hing, sodass sie fast in die Dunkelheit hinausgefallen wäre.
    Obwohl ihr elend schwindelig war, bekam sie die Kante der Konsole zu fassen und zog sich wieder in den Führerstand. Legte mit zitternder Hand den Schalter um und ließ sich halb zu Boden fallen, wo sie sich zusammenrollte, sich an ihre Knie klammerte, jeder Atemzug ein Wimmern in der Dunkelheit.
    »Guter Gott«, flüsterte sie. »Heilige Mutter Gottes. O Himmel.«
    Sie konnte es spüren. Immer noch. Es machte jetzt kein Geräusch mehr, doch sie spürte es in der Nähe und konnte nicht aufhören zu zittern.
    Sie blieb lange still sitzen, den Kopf auf den Knien, bis sie allmählich wieder vernünftig denken konnte.
    Sie konnte sich nicht irren. Sie war schon zweimal durch die Zeit gereist und wusste, wie es sich anfühlte. Doch dies hier war nicht einmal halb so schreckenerregend gewesen. Ihre Haut kribbelte zwar noch, ihre Nerven zuckten, und ihre Ohren summten, als hätte sie den Kopf in ein Hornissennest gesteckt – doch sie fühlte sich stabil. Sie fühlte sich, als hätte ein glühender Draht sie in zwei Hälften geschnitten, doch sie hatte nicht dieses grauenvolle Gefühl gehabt, in ihre Einzelteile zerlegt und körperlich von innen nach außen gekehrt zu werden.
    Ein schrecklicher Gedanke ließ sie aufspringen, und sie klammerte sich an die Konsole. Hatte sie einen Sprung gemacht? War sie irgendwo – irgend wann – anders? Doch sie spürte die Metallkonsole kalt und fest unter ihrer Hand, und es roch unverändert nach feuchtem Fels und Kabelisolierung.
    »Nein«, flüsterte sie und schaltete die Startleuchte ein, um sicherzugehen. Sie leuchtete auf, und der Wagen, dessen Gang noch eingelegt war, schwankte plötzlich nach vorn. Hastig drosselte sie das Tempo auf weniger als Kriechgeschwindigkeit.
    Sie konnte nicht in die Vergangenheit gesprungen sein. Kleine Gegenstände in direktem Kontakt mit der Person eines Reisenden schienen die Portale mit zu passieren, doch ein kompletter Triebwagen mitsamt Schienen war ja wohl doch etwas übertrieben. »Außerdem«, sagte sie laut, »wäre der Tunnel gar nicht da, wenn du mehr als fünfundzwanzig Jahre in die Vergangenheit gereist wärst. Du würdest … im Felsen stecken.« Plötzlich wurde ihr übel, und sie übergab sich.
    Doch das Gefühl, dass … es … da war, wurde jetzt schwächer. Es – was auch immer es war – lag hinter ihr. Nun, damit war ja dann alles klar, dachte sie und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Es musste einfach eine Tür am anderen Ende sein, denn sie würde auf keinen Fall auf diesem Weg zurückkehren.
    Es gab eine Tür. Eine schlichte, gewöhnliche Fabriktür aus Metall. Und ein offenes Vorhängeschloss, das an einer losen Haspe hing. Sie roch WD-40; jemand hatte vor sehr kurzer Zeit die Scharniere geölt, und die Tür schwang problemlos auf, als sie den Knauf drehte. Sie fühlte sich plötzlich wie Alice nach
dem Sturz in den Bau des weißen Kaninchens. Eine ziemlich aufgebrachte Alice.
    Auf der anderen Seite der Tür befand sich eine schlecht beleuchtete, steile Treppe – und oben wartete eine weitere Metalltür, die von Licht umrahmt wurde. Sie konnte das Rumpeln und das metallische Surren eines Laufkrans hören.
    Sie atmete schnell, und zwar nicht von der Anstrengung des Treppensteigens. Was würde sie auf der anderen Seite vorfinden?

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