Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
öffnen, um einen letzten Blick auf die Welt zu werfen – oder vielleicht auf der Suche nach einem vertrauten Gesicht.
»Sei gesegnet«, flüsterte ich und schloss ihr sanft die Augen. Dabei fragte ich mich, ob es wohl eines Tages ein Fremder sein würde, der das Gleiche für mich tat. Es war extrem wahrscheinlich. Es sei denn …
Jamie hatte die feste Absicht geäußert, nach Schottland zurückzukehren, seine Druckerpresse zu holen und dann zurückzukommen, um zu kämpfen. Doch was, sagte eine leise, feige Stimme in meinem Inneren, wenn wir nicht zurückfuhren? Was, wenn wir nach Lallybroch gingen und dort blieben?
Doch noch während ich über diese Vorstellung nachdachte – mit ihren rosigen Visionen, in den Armen einer Familie in Frieden zu leben und langsam alt zu werden, ohne sich ständig vor Aufruhr, Hunger und Gewalt fürchten zu müssen -, wusste ich, dass es nicht funktionieren würde.
Ich wusste nicht, ob Tom Wolfe recht damit gehabt hatte, dass man nicht mehr nach Hause zurückkonnte – nun, wie sollte ich das auch wissen, dachte ich ein wenig bitter; ich hatte ja nie ein solches Zuhause gehabt – doch ich kannte Jamie. Abgesehen von etwaigem Idealismus – den er durchaus besaß, selbst wenn er von einer sehr pragmatischen Sorte war – war es einfach so, dass er ein Mann von Anstand war und daher halt anständige Arbeit brauchte. Nicht irgendeine körperliche Betätigung, irgendeinen Lebensunterhalt. Arbeit. Ich verstand den Unterschied.
Und ich war mir zwar sicher, dass Jamies Familie ihn überglücklich in die Arme schließen würde – wie man mich aufnehmen würde, war schon zweifelhafter, doch ich ging zumindest davon aus, dass sie nicht den Priester rufen würden, um mich exorzieren zu lassen -, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Jamie nicht länger der Herr von Lallybroch war und es auch nie mehr sein würde.
»›… und Ungestüm wird ihn von seinem Ort treiben‹«, murmelte ich, während ich den Intimbereich der alten Frau mit einem feuchten Tuch wusch – er war überraschend wenig verschrumpelt; vielleicht war sie ja jünger gewesen, als ich dachte. Sie hatte seit Tagen nichts mehr gegessen; selbst die Entspannung im Moment des Todes hatte sie kaum verändert – doch jeder Mensch hatte es verdient, sauber ins Grab zu gehen.
Ich hielt inne. Apropos. Würden wir sie überhaupt beerdigen können? Oder würde sie einfach bis zum Frühjahr friedlich unter der Heidelbeermarmelade und den Bohnensäcken ruhen?
Ich ordnete ihre Kleider und atmete mit offenem Mund aus, um an meinem dampfenden Atem die Temperatur einzuschätzen. Dies war erst der zweite große Schneefall des Winters, und es hatte bis jetzt noch nicht richtig gefroren; das geschah normalerweise erst Mitte bis Ende Januar. Wenn der Boden noch nicht gefroren war, konnten wir sie wahrscheinlich beerdigen – vorausgesetzt, die Männer waren bereit, genug Schnee beiseitezuschaufeln.
Rollo hatte sich resigniert niedergelegt, während ich meiner Arbeit nachging, doch jetzt fuhr sein Kopf mit gespitzten Ohren hoch.
»Was?«, sagte ich erschrocken und drehte mich auf den Knien, um aus der offenen Tür der Vorratskammer zu schauen. »Was ist los?«
»SOLLEN WIR IHN SOFORT ERGREIFEN?«, MURMELTE IAN. ER TRUG DEN BOGEN über der Schulter; er ließ den Arm sinken, und der Bogen fiel ihm geräuschlos in die Hand, bereit.
»Nein. Erst einmal soll er es finden«, sagte Jamie langsam, während er versuchte zu entscheiden, was mit dem Mann zu tun war, der so plötzlich wieder vor ihm aufgetaucht war.
Auf keinen Fall töten; Arch und seine Frau hatten mit ihrem Verrat für reichlich Aufregung gesorgt, aye, doch sie hatten nicht vorgehabt, seiner Familie zu schaden – zumindest nicht ursprünglich. War Arch Bug in seinen Augen überhaupt wirklich ein Dieb? Jamies Tante Jocasta hatte schließlich auch keinen größeren – allerdings auch keinen geringeren – Anspruch auf das Gold als er.
Er seufzte und hob die Hand an den Gürtel, wo sein Dolch und seine Pistole hingen. Dennoch, er konnte nicht zulassen, dass sich Bug mit dem Gold davonmachte, und er konnte ihn auch nicht einfach vertreiben und ihn weiter sein Unwesen treiben lassen. Was in Gottes Namen er mit ihm anfangen würde, wenn er ihn hatte … Es würde so sein, als hätte man eine Schlange in einem Sack. Doch zunächst blieb ihm nichts anderes übrig, als den Mann zu fangen und sich später Gedanken zu machen, was er mit dem Sack tun sollte. Möglicherweise
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