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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ein kleines Tabakspäckchen aus Wachspapier und eine Bratpfanne. Beides schien ihm gegenwärtig wenig nützlich zu sein, doch es widerstrebte ihm, sich von irgendeinem Überbleibsel der Zivilisation zu trennen.
    Zitternd und nass bis auf die Haut kroch er mit seinem notdürftigen Leinendach zwischen die Wurzeln eines Gummibaums und sah zu, wie die Blitze den Nachthimmel zerteilten. Selbst mit geschlossenen Augenlidern blendete ihn das blauweiße Aufblitzen noch, und jeder Donnerschlag ließ die durch beißenden Brandgeruch geschärfte Luft erbeben.
    Fast hatte er sich an die Kanonade gewöhnt, als ihn ein heftiger Schlag flach zu Boden warf und ihn seitwärts durch Schlamm und Laub schleuderte. Hustend und keuchend setzte er sich hin und wischte sich den Schlamm aus dem Gesicht. Was zum Teufel war denn jetzt geschehen? Heftige Schmerzen in seinem Arm durchdrangen seine Verwirrung, und als er den Blick senkte, sah er im Licht des nächsten Blitzes, dass ihm ein fast zwanzig Zentimeter langer Holzsplitter im rechten Unterarmmuskel steckte.

    Er blickte sich wild um und stellte fest, dass der ganze Sumpf ringsum plötzlich voller Splitter und frischer Holzstücke steckte, und der Geruch nach Harz und frischem Holz mischte sich durchdringend unter den scharfen tanzenden Duft der Elektrizität.
    Da. Wieder ein Blitz, und er sah es. Dreißig Meter weiter war ihm vorhin eine riesige Sumpfzypresse aufgefallen, die er als Orientierungspunkt benutzen wollte, wenn die Dämmerung kam; es war mit Abstand der höchste Baum weit und breit. Jetzt jedoch nicht mehr: Der Blitz zeigte ihm Leere, wo sich der riesige Stamm befunden hatte, der nächste Blitz die zerfetzte Spitze dessen, was noch übrig war.
    Zitternd und vom Donner halb taub zog er sich den Splitter aus dem Arm und presste sein Hemd auf die Wunde, um die Blutung zu stillen. Sie war zwar nicht tief, doch seine Hand zitterte von den Nachwirkungen der Explosion. Er zog sich den Leinensack fest um die Schultern, um sich vor dem Wolkenbruch zu schützen, und schmiegte sich wieder zwischen die Gummibaumwurzeln.
    Irgendwann im Lauf der Nacht zog das Gewitter weiter, und als der Lärm endete, fiel er in beklommenen Schlaf, aus dem er schließlich erwachte – um in weißes Nebelnichts zu starren.
    Ihn durchfuhr eine Kälte, die tiefer reichte als die durchdringende Kühle der Dämmerung. Er hatte seine Kindheit im englischen Lake District verbracht und wusste aus seinen frühesten Erinnerungen, dass es gefährlich war, wenn sich der Nebel auf die Hügel senkte. Schafe gingen oft im Nebel verloren, weil sie zu Tode stürzten, weil sie von ihrer Herde getrennt und von Hunden oder Füchsen getötet wurden, weil sie erfroren oder weil sie einfach verschwanden. Auch Menschen verschwanden manchmal im Nebel.
    Die Toten kamen mit dem Nebel zur Erde, hatte Elspeth, das Kindermädchen, gemurmelt. Er konnte sie vor sich sehen, eine schmale alte Frau, die aufrecht und furchtlos am Kinderzimmerfenster stand und in das dahintreibende Weiß hinausblickte. Sie hatte es leise gesagt wie zu sich selbst; er glaubte, dass ihr gar nicht bewusst war, dass er überhaupt da war. Als sie es bemerkte, zog sie abrupt die Vorhänge zu, kam herbei, um ihm seinen Tee zu machen, und sagte keinen Ton mehr dazu.
    Eine Tasse Tee könnte er jetzt gut brauchen, dachte er, am besten mit reichlich Whisky. Heißer Tee, heißer Toast mit Butter, Marmeladenbrote und Kuchen …
    Der Gedanke an die Teemahlzeiten in seinem Kinderzimmer erinnerte ihn an sein matschiges Brot und den Käse. Er zog beides vorsichtig aus seiner Tasche, und die bloße Tatsache, dass es noch da war, spendete ihm Mut. Er aß es langsam und genoss die geschmacklose Masse wie einen in Brandy eingelegten Pfirsich. Er fühlte sich besser, trotz des feuchtkalten Nebels in seinem Gesicht, des Wassers, das ihm von den Haarspitzen tropfte, und der Tatsache, dass er nass war bis auf die Haut; seine Muskeln schmerzten, weil sie die ganze Nacht gezittert hatten.

    Er hatte die Geistesgegenwart besessen, in der Nacht seine Pfanne in den Regen zu stellen, und so hatte er frisches Trinkwasser, das herrlich nach Schinkenspeck schmeckte.
    »Gar nicht so schlimm«, sagte er laut und wischte sich den Mund ab. »Jedenfalls noch nicht.«
    Seine Stimme klang merkwürdig. Alle Stimmen klangen im Nebel merkwürdig.
    Er hatte sich schon zweimal im Nebel verlaufen und hegte keinerlei Bedürfnis, dies erneut zu erleben, auch wenn er das in seinen Albträumen ohnehin

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