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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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manchmal tat – wenn er blind durch derart dichtes Weiß stolperte, dass er seine eigenen Füße nicht sehen konnte, und die Stimmen der Toten hörte.
    Er schloss die Augen, weil ihm die Dunkelheit zumindest vorübergehend lieber war als das weiße Wirbeln, doch die kalten Finger des Nebels konnte er in seinem Gesicht deutlich spüren.
    Damals hatte er die Stimmen gehört. Jetzt versuchte er, erst gar nicht darauf zu lauschen.
    Er stand entschlossen auf. Er musste weiter. Doch es würde Wahnsinn sein, blind durch die Sümpfe und das dichte Grün zu wandern.
    Er befestigte die Pfanne an seinem Gürtel, legte sich das nasse Leinen um die Schultern, streckte eine Hand aus und begann sich vorzutasten. Wacholderholz war ungeeignet; es zerfiel, wenn man es mit dem Messer bearbeitete, und die Bäume wuchsen so, dass kein Ast über mehr als ein paar Zentimeter gerade verlief. Gummibaum oder Tupelo war schon besser, aber eine Erle wäre am besten.
    Er fand tatsächlich eine kleine Gruppe von Erlenschösslingen, nachdem er sich eine halbe Ewigkeit behutsam durch den Nebel vorgearbeitet hatte, indem er stets einen Fuß vor den anderen setzte und die Wirkung abwartete – und bei jedem Baum stehen blieb und sich die Blätter an Mund und Nase presste, um zu erkennen, was es war.
    Er tastete sich zwischen den schmalen Stämmchen vor, suchte sich einen aus, der einen Durchmesser von vielleicht drei Zentimetern hatte, packte den Schössling mit beiden Händen und riss ihn aus. Er rutschte mit einem ächzenden Laut und einem Blattschauer aus dem Boden – und ein schwerer Körper glitt ihm plötzlich über den Stiefel. Er stieß einen Schrei aus und ließ das Wurzelende seines Schösslings niedersausen, doch die Schlange war längst geflohen.
    Trotz der Kühle in Schweiß gebadet, löste er die Bratpfanne von seinem Gürtel und benutzte sie, um vorsichtig auf dem unsichtbaren Boden umherzustochern. Da sich nichts mehr bewegte und sich die Oberfläche als relativ fest herausstellte, drehte er die Pfanne um und setzte sich darauf.
    Wenn er sich das Holz dicht vor das Gesicht hielt, konnte er die Bewegungen seiner Hände so verfolgen, dass er sich nicht schnitt, und so gelang es ihm mühsam, den Schössling zu entrinden und ihn auf eine praktische Länge von etwa einem Meter achtzig zurechtzustutzen. Dann machte er sich daran, ihn an einem Ende anzuspitzen.

    Der Great Dismal war zwar gefährlich, doch er wimmelte nur so von Wild. Das war es, was die Jäger in seine rätselhaften Tiefen lockte. Natürlich hatte William nicht vor, mit seinem selbst gemachten Speer einen Bären oder auch nur ein Reh zu töten. Doch war er recht geschickt im Aufspießen von Fröschen; zumindest war er es einmal gewesen. Ein Stallknecht auf dem Anwesen seines Großvaters hatte es ihm vor langer Zeit beigebracht; er hatte es oft mit seinem Vater in Virginia getan, und er war zwar in den letzten Jahren in London nicht zum Üben gekommen, aber er war sich sicher, dass er es nicht verlernt hatte.
    Überall ringsum konnte er fröhliche Frösche hören, die sich durch den Nebel nicht beeindrucken ließen.
    »Brekekekex, koax, koax«, murmelte er. »Brekekekex, koax!« Aristophanes-Zitate schienen die Frösche nicht besonders zu beeindrucken.
    »Ha! Wartet nur«, versprach er ihnen drohend und prüfte seine Speerspitze mit dem Daumen. Brauchbar. Ein Speer für die Froschjagd hatte idealerweise die Form eines Dreizacks … Nun, warum nicht? Zeit hatte er ja.
    Er biss sich vor lauter Konzentration auf die Zunge, während er zwei weitere Zweige anspitzte und diese so einkerbte, dass sie sich am eigentlichen Speer befestigen ließen. Er dachte kurz daran, sie mit Wacholderrinde festzubinden, verwarf diesen Gedanken jedoch und löste lieber ein Stück Faden vom Saum seines Hemdes.
    Nach dem Unwetter war der Sumpf triefend nass. Er hatte seine Zunderbüchse verloren, doch er glaubte nicht einmal, dass Jehovas Donnerschläge der letzten Nacht hier noch ein Feuer entfachen würden. Und bis die Sonne herauskam und es ihm vielleicht gelang, einen Frosch zu fangen, wäre er wohl ohnehin so verzweifelt, dass er ihn roh essen würde.
    Paradoxerweise fand er diesen Gedanken tröstlich. Er würde also weder verhungern noch verdursten – der Aufenthalt in diesem Sumpf war so, als lebte man im Inneren eines Schwamms.
    Er hatte keinen definitiven Plan – nur das Wissen, dass der Sumpf zwar groß war, aber begrenzt. Daher beschloss er, geradeaus zu gehen, bis er auf festen Boden

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