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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wie sie gekleidet waren und was für Waffen sie trugen; seine Aufmerksamkeit war vollständig auf die Stange gerichtet gewesen, die der eine von ihnen trug – und die mit Skalps dekoriert war. Mit frischen Skalps. Weißen Skalps. Ein animalischer Blutgeruch hing unangenehm in der Luft, und die Indianer wurden von laut summenden Fliegen begleitet. Die Überreste des reichhaltigen
Frühstücks geronnen unter Williams Rippen zu einem festen Klumpen.
    Die Indianer waren auf der Suche nach dem Zahlmeister; einer von ihnen fragte in überraschend melodischem Englisch, wo der Zahlmeister war. Dann war es also wahr. Der General hatte seine Indianer losgelassen, sie wie Jagdhunde in die Wälder geschickt, damit sie sich auf die Rebellen stürzten und Angst und Schrecken unter ihnen verbreiteten.
    Er wollte die Skalps nicht ansehen, doch er konnte nicht anders; sein Blick folgte ihnen, während sich die Stange zwischen einer wachsenden Menge neugieriger Soldaten hindurchbewegte – die teilweise entsetzte Gesichter zogen, teilweise Beifallsrufe ausstießen. Himmel. War das ein Frauen skalp? Es musste so sein; eine wogende Masse honigfarbener Haare, länger, als ein Mann sie tragen würde, und so glänzend, als ob seine Trägerin es jeden Abend mit hundert Strichen bürstete, so wie seine Cousine Dottie sagte, dass sie es tat. Es war Dotties Haar gar nicht so unähnlich, obwohl es ein wenig dunkler -
    Er wandte sich abrupt ab und hoffte, dass er sich nicht übergeben würde, wandte sich dann aber genau so abrupt wieder zurück, als er den Aufschrei hörte. Einen solchen Schrei hatte er noch nie zuvor gehört – ein solches Aufkreischen des Entsetzens, des Schmerzes, dass ihm das Herz in der Brust erstarrte.
    »Jane! Jane!« Ein Leutnant aus Wales, den er flüchtig kannte und der David Jones hieß, drängte sich durch die Menge und hieb mit Fäusten und Ellbogen auf die Männer ein, um sich dann mit verzerrtem Gesicht auf die überraschten Indianer zu stürzen.
    »O Gott«, hauchte ein Soldat neben ihm. »Seine Verlobte heißt Jane. Er kann doch nicht glauben -«
    Jones stürzte sich auf die Stange, griff nach der Mähne aus honigfarbenem Haar und kreischte aus voller Kehle: »JANE!« Die Indianer, die einen verblüfften Eindruck machten, rissen die Stange zur Seite. Jones stürzte sich auf einen von ihnen, der überrascht zu Boden ging, und hämmerte mit der Kraft des Wahnsinns auf ihn ein.
    Einige Männer drängten nach vorn und fassten nach Jones – jedoch nicht sehr beherzt. Angewiderte Blicke fuhren in die Richtung der Indianer, die sich dicht aneinanderdrängten, die Augen zusammengekniffen und die Hände an den Tomahawks. Die Stimmung in der Menschenmenge war innerhalb eines Moments von Beifall in Entrüstung umgeschlagen, und die Indianer spürten das.
    Ein Offizier, den William nicht kannte, trat vor, hielt die Indianer mit finsterem Blick in Schach und riss den blonden Skalp von der Stange ab. Stand dann bestürzt damit da, die Haarmassen scheinbar lebendig in seinen Händen, weil sich die langen Strähnen im Wind regten und sich um seine Finger wanden.
    Sie hatten Jones endlich von dem Indianer losgerissen; seine Freunde klopften ihm auf die Schultern und versuchten ihn beiseitezudrängen, doch er stand
stocksteif da, und die Tränen liefen ihm über das Gesicht und tropften ihm vom Kinn. »Jane«, sagte sein lautloser Mund. Er streckte flehend die Hände aus, und der Offizier legte ihm den Skalp sanft hinein.

56
    BEI LEBENDIGEM LEIB
    L eutnant Stactoe stand wie gebannt vor einer der Leichen. In Zeitlupe hockte er sich mit starrem Blick nieder und hielt sich wie automatisch die Hand vor den Mund.
    Ich hätte am liebsten gar nicht hingesehen.
    Doch er hatte meine Schritte gehört und zog die Hand von seinem Mund fort. Ich konnte sehen, wie ihm der Schweiß über den Hals tropfte, und das Verschlussband seines Hemdes klebte ihm nass und dunkel auf der Haut.
    »Glaubt Ihr, man hat ihm das bei lebendigem Leib angetan?«, fragte er mit völlig normaler Stimme.
    Widerstrebend sah ich ihm über die Schulter.
    »Ja«, sagte ich genauso emotionslos wie er. »Das hat man.«
    »Oh«, sagte er. Er stand auf und betrachtete die Leiche noch einen Moment, dann trat er ein paar Schritte beiseite und übergab sich.
    »Kümmert Euch nicht darum«, sagte ich sanft und nahm ihn beim Ärmel. »Jetzt ist er tot. Kommt und helft uns.«
    Viele der Boote waren verloren gegangen, abgefangen, bevor sie das Ende des Sees erreichten; viele

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