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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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INDEPENDENCE
    6. Juli, nachmittags
     
    B rigadier Frasers Männer rückten gegen das Fort auf dem Gipfel des Hügels vor, den die Amerikaner ironischerweise »Independence« nannten. William führte einen der angreifenden Trupps an und befahl seinen Männern, die Bajonette aufzupflanzen, als sie sich näherten. Es herrschte völlige Stille, unterbrochen nur vom Knacken der Zweige, den leisen Geräuschen der Stiefel im feuchten Laub, hin und wieder dem leisen Klack! , wenn eine Patronendose gegen einen Musketenlauf stieß. Doch war diese Stille erwartungsvoll?
    Die Amerikaner mussten wissen, dass sie im Anmarsch waren. Lagen die Rebellen irgendwo im Hinterhalt, bereit, aus der grob, aber sehr solide gezimmerten Befestigung, die er zwischen den Bäumen sehen konnte, auf sie zu feuern?
    Etwa zweihundert Meter unterhalb des Gipfels signalisierte er seinen Männern anzuhalten, weil er hoffte, irgendein Lebenszeichen der Verteidiger aufzuschnappen, falls es denn Verteidiger gab. Seine eigene Kompanie hielt gehorsamst an, doch die nachfolgenden Männer begannen, sich rücksichtslos zwischen ihnen hindurchzuschieben, um das Fort zu erstürmen.
    »Halt!«, rief er und war sich dabei bewusst, dass seine Stimme den amerikanischen Gewehrschützen fast ein genauso gutes Ziel bot wie das Leuchten
seines roten Rockes. Einige der Männer hielten zwar an, wurden aber sofort von ihren Hintermännern weitergeschubst, und innerhalb von Sekunden war der ganze Hang ein einzige rote Masse. Sie konnten nicht stehen bleiben, man würde sie zertrampeln. Und wenn die Verteidiger vorhatten zu feuern, konnten sie nicht um eine bessere Gelegenheit bitten – und doch verharrte das Fort in Schweigen.
    »Vorwärts!«, brüllte William und warf den Arm hoch, und die Männer stürzten begeistert aus dem Wald, die Bajonette bereit.
    Die Tore hingen offen, und die Männer rannten wie blind ins Innere des Forts, ohne sich um die Gefahr zu kümmern – doch es gab keine Gefahr. William lief mit ihnen und fand das Fort verlassen vor. Nicht nur verlassen, sondern offenbar in erstaunlicher Eile verlassen.
    Überall lagen die persönlichen Besitztümer der Verteidiger verstreut, als hätten sie sie im Laufen fallen gelassen: nicht nur schwere Gegenstände wie Kochutensilien, sondern auch Kleider, Schuhe, Bücher, Wolldecken – sogar Geld, wie in Panik weggeworfen. Noch wesentlicher war jedoch zumindest für William die Tatsache, dass die Verteidiger keinen Versuch unternommen hatten, die Munition oder das Pulver, das sie nicht mitnehmen konnten, in die Luft zu sprengen. Neben den aufgestapelten Fässern hatten sie obendrein Verpflegung zurückgelassen, ein willkommener Anblick.
    »Warum haben sie nicht einfach Feuer gelegt?«, fragte ihn Leutnant Hammond, der sich mit großen Augen in den Unterkünften umsah, die immer noch vollständig mit Betten, Bettwäsche und Nachttöpfen ausgestattet waren – sodass die Eroberer einfach einziehen konnten.
    »Weiß der Himmel«, erwiderte William knapp und stürzte dann auf einen Gefreiten zu, den er mit einem Schultertuch aus Spitze behängt und einem Arm voll Schuhe aus einem der Zimmer kommen sah. »He da! Hier wird nicht geplündert! Habt Ihr mich gehört, Sir?«
    Der Gefreite hatte ihn gehört. Er ließ die Schuhe fallen und stürzte davon, sodass die Spitze im Wind flatterte. Doch es gab noch andere Plünderer, und William begriff, dass er und Hammond nicht in der Lage sein würden, ihnen Einhalt zu gebieten. Er rief im zunehmenden Lärm nach einem Boten, griff nach seinem Schreibzeug und kritzelte eine hastige Note.
    »Bringt das zu General Fraser«, sagte er und drückte dem Boten die Utensilien wieder in die Hand. »So schnell Ihr nur könnt!«
     
    7. Juli 1777, bei Tagesanbruch
    »Ich dulde diese entsetzlichen Unregelmäßigkeiten nicht!« General Frasers Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, vor Wut genauso wie vor Erschöpfung. Die kleine Reiseuhr im Zelt des Generals zeigte kurz vor fünf Uhr morgens an, und William hatte das seltsam verträumte Gefühl, dass sein Kopf
irgendwo über seiner linken Schulter in der Luft schwebte. »Plündereien, Diebstahl, um sich greifende Disziplinlosigkeit – ich dulde das nicht, sage ich. Ist das verstanden? Von allen?«
    Die kleine Gruppe müder Offiziere bejahte dies mit einem Chor von Grunzlauten. Sie waren die ganze Nacht auf gewesen und hatten ihre Truppen einigermaßen zur Ordnung gerufen, die gemeinen Soldaten an den schlimmsten Exzessen gehindert, in

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