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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Halsbergen zu töten. In der Nacht hatte ich nicht geschlafen, weil mir Leutnant Ransom mit der silbernen Halsberge an seiner Kehle vor Augen stand. Im Nebel, im Staub der Schlacht, aus der Ferne … Ich schluckte, doch meine Kehle war und blieb zugeschnürt; ich konnte nicht einmal Wasser trinken.
    Dank des sturen Konzentrationsvermögens eines Soldaten hatte Jamie zwar geschlafen, doch mitten in der Nacht war er wach geworden, das Hemd trotz der Kühle mit Schweiß durchtränkt und zitternd wie Espenlaub. Ich fragte ihn nicht, wovon er geträumt hatte; ich wusste es. Ich hatte ihm ein trockenes
Hemd geholt, seinen Kopf in meinen Schoß gelegt und ihn gestreichelt, bis er die Augen schloss – doch ich glaubte nicht, dass er wieder eingeschlafen war.
    Jetzt war es nicht mehr kühl; der Nebel war verdunstet, und wir hörten ab und zu Gewehrfeuer, verstreute, aber wiederholte Salven. Schwache Rufe in der Ferne, doch es war nicht möglich auszumachen, wer wem etwas zurief. Dann der plötzliche Knall eines britischen Feldgeschützes, dessen Widerhall das Lager in Schweigen tauchte. Eine Pause, dann brach die Schlacht mit voller Wucht los, Schüsse und Schreie und immer wieder Kanonendonner. Die Frauen drängten sich aneinander oder machten sich grimmig daran, ihre Habseligkeiten zu packen für den Fall, dass wir fliehen mussten.
    Gegen Mittag senkte sich relative Stille über das Gelände. War es vorüber? Wir warteten. Nach einer Weile begannen die Kinder, hungrig zu quengeln, und eine Art angespannter Normalität setzte ein – doch nichts geschah. Wir konnten das Stöhnen und die Hilferufe der Verwundeten hören – doch es wurden keine Verwundeten zu uns gebracht.
    Ich war bereit. Ich hatte einen kleinen Maultierwagen mit Verbandsmaterial und medizinischer Ausrüstung und dazu ein kleines Zelt, das ich aufbauen konnte, falls ich im Regen operieren musste. Das Maultier war in der Nähe angepflockt und graste friedlich, ohne sich an der allgemeinen Nervosität und den gelegentlichen Musketensalven zu stören.
    In der Mitte des Nachmittags brachen erneut Feindseligkeiten aus, und diesmal begannen der Tross und die Küchenwagen tatsächlich mit dem Rückzug. Es gab Artilleriefeuer auf beiden Seiten, sodass die fortwährende Kanonade wie Donner grollte, und ich sah eine riesige schwarze Pulverrauchwolke über dem Steilhang aufsteigen. Sie war zwar nicht ganz pilzförmig, doch sie ließ mich dennoch an Nagasaki und Hiroshima denken. Zum dutzendsten Mal schärfte ich mein Messer und meine Skalpelle.
    DER ABEND WAR NAH; DIE SONNE SANK UNSICHTBAR UND TAUCHTE DEN Nebel in ein stumpfes, trübes Orange. Vom Fluss her erhob sich der Abendwind, sodass sich der Nebel vom Boden lichtete und sich in Schwaden und Wirbeln zerstreute.
    Schwarzpulverrauch lag in schweren Wolken in den Senken. Er hob sich langsamer als die leichteren Nebelfetzen und verlieh einer Szene, die, wenn nicht höllisch, so doch zumindest verdammt gespenstisch war, den passenden Schwefelgeruch.
    Hier und dort klarte ein Fleckchen plötzlich auf, als würde ein Vorhang beiseitegezogen, um die Folgen der Schlacht zu zeigen. In der Ferne bewegten sich kleine dunkle Gestalten, huschten gebückt hin und her, blieben unvermittelt stehen, die Köpfe erhoben wie Paviane, die nach einem Leoparden Ausschau halten. Es waren die Frauen und die Huren der Soldaten, die dem Tross gefolgt waren und jetzt wie Krähen gekommen waren, um die Toten auszurauben.
    Unter ihnen waren auch Kinder. Unter einem Busch saß ein Junge von neun
oder zehn Jahren rittlings auf der Leiche eines rot berockten Soldaten und schlug mit einem schweren Felsbrocken auf dessen Gesicht ein. Gelähmt von diesem Anblick, blieb ich stehen und sah, wie der Junge in den offenen, blutverschmierten Mund griff und einen Zahn herausdrehte. Er ließ seine blutige Beute in eine Tasche gleiten, die an seiner Seite hing, tastete sich weiter vor und zog, und als er keine weiteren losen Zähne fand, ergriff er wie ein Profi seinen Stein und machte sich wieder an die Arbeit.
    Ich spürte, wie mir die Galle in der Kehle hochstieg, und eilte schluckend weiter. Kriege, Tote und Verwundete waren mir nicht neu. Doch noch nie war ich einer Schlacht so nah gewesen; noch nie hatte ich ein Schlachtfeld betreten, auf dem noch die Toten und Verwundeten lagen, bevor sich die Sanitäter oder Totengräber ihrer annehmen konnten.
    Hilferufe und gelegentliches Stöhnen oder Schreien hallten körperlos durch den Nebel und erinnerten

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