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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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in der Schusslinie der Briten. Wenn deren Vorstoß gelungen wäre, hätten sie die Kompanie mit Sicherheit verloren, und weiß Gott, was aus dem Rest geworden wäre.« Sein sanfter Highlandakzent verstärkte sich jetzt; sein Blick war auf meinen Rock geheftet.
    »Also hast du sie gerettet«, fasste ich sanft zusammen. »Wie viele Männer sind in einer Kompanie?«
    »Fünfzig», sagte er. »Obwohl ich nicht annehme, dass sie alle umgekommen wären.« Seine Hand rutschte ab; er fing sich und erneuerte leise glucksend seinen Griff. Durch meinen Rock konnte ich seinen Atem warm auf meinen Oberschenkeln spüren.
    »Es hat mich an die Bibel erinnert, aye?«
    »Ja?« Ich drückte seine Hand gegen die Rundung meiner Hüfte und hielt sie dort fest.
    »Die Stelle, wo Abraham mit dem Herrn der Städte in der Ebene verhandelt. ›Würdest du die Stadt nicht zerstören‹«, zitierte er, »›wenn es dort fünfzig Gerechte gäbe?‹ Und dann handelt Abraham ihn herunter, immer etwas mehr, von fünfzig auf vierzig, dann auf dreißig und zwanzig und zehn.«
    Seine Augen waren halb geschlossen, seine Stimme friedvoll und gelassen. »Ich hatte keine Zeit, um Nachforschungen über die Moral in dieser Kompanie anzustellen. Aber man würde doch annehmen, dass unter ihnen zehn Gerechte wären – gute Männer?«
    »Ganz bestimmt.« Seine Hand war schwer, sein Arm fast ganz erschlafft.
    »Oder fünf. Oder auch nur ein einziger. Einer würde reichen.«
    »Ich bin mir sicher, dass es einen gibt.«
    »Der Junge mit den Apfelbäckchen, der dir im Lazarett geholfen hat – ist er so einer?«
    »Ja, das ist er.«
    Er seufzte tief, die Augen fast geschlossen.
    »Dann sag ihm, ich bin ihm nicht böse wegen des Fingers«, sagte er.
    Ich hielt seine gesunde Hand eine Minute lang fest. Er atmete langsam und tief, sein Mund war in völliger Entspannung erschlafft. Ich drehte ihn behutsam auf den Rücken und legte ihm die Hand auf die Brust.
    »Verflixter Kerl«, flüsterte ich. »Ich wusste doch, dass du mich zum Weinen bringen würdest.«
    DRAUSSEN IM LAGER HERRSCHTE DIE STILLE DER LETZTEN AUGENBLICKE DES Schlummers, bevor die aufgehende Sonne die Männer in Bewegung versetzte. Hin und wieder konnte ich einen Wachtposten rufen hören, und zwei Verpflegungssammler
unterhielten sich murmelnd, als sie auf dem Weg in den Wald dicht an meinem Zelt vorüberkamen. Die Lagerfeuer waren bis auf die Glut heruntergebrannt, doch ich hatte drei Laternen, die ich so angebracht hatte, dass sie Licht spendeten, ohne Schatten zu werfen.
    Ich legte mir ein dünnes Kieferbrettchen als Arbeitsfläche auf den Schoß. Jamie lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Feldbett, und sein Kopf war mir zugewandt, sodass ich seine Gesichtsfarbe im Blick hatte. Er schlief fest; er atmete langsam und rührte sich nicht, als ich die Spitze einer Sonde gegen seinen Handrücken drückte. Alles bereit.
    Die Hand war geschwollen und aufgedunsen und hatte sich verfärbt; die Schwertwunde bildete eine dicke schwarze Linie auf der sonnengoldenen Haut. Ich schloss einen Moment die Augen, hielt sein Handgelenk fest und zählte seine Pulsschläge: Eins und zwei und drei und vier …
    Ich betete nur selten bewusst, wenn ich mich auf eine Operation vorbereitete, doch ich suchte nach etwas – etwas, das ich nicht beschreiben konnte, aber immer erkannte; eine gewisse Seelenruhe, jene losgelöste Geistesgegenwart, die es mir möglich machte, auf dem schmalen Grat zwischen Rücksichtslosigkeit und Mitgefühl zu wandeln, zugleich in äußerster Intimität mit dem Körper unter meinen Händen vereint – und doch fähig, das, was ich berührte, im Namen der Heilkunst zu zerstören.
    Eins und zwei und drei und vier …
    Mit einem Mal bemerkte ich, dass sich mein eigener Herzschlag verlangsamt hatte; der Pulsschlag in meiner Fingerspitze stimmte mit dem in Jamies Handgelenk überein, Schlag um Schlag, langsam und kraftvoll. Wenn ich auf ein Zeichen wartete, so reichte dies wohl aus. Achtung, fertig, los, dachte ich und ergriff das Skalpell.
    Ein kurzer Einschnitt oberhalb der Fingerknöchel von Ringfinger und kleinem Finger, dann schnitt ich die Haut abwärts fast bis zum Handgelenk auf. Ich grub mich vorsichtig mit der Scherenspitze unter die Haut, dann schlug ich den losen Hautlappen mit einer der langen Stahlsonden zurück, die ich fest in das Weichholzbrettchen steckte.
    Ich hatte einen kleinen Pumpzerstäuber, der mit einer Lösung aus destilliertem Wasser und Alkohol gefüllt war; da es nicht

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