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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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möglich war, sterile Bedingungen herzustellen, benutzte ich ihn, um die Operationsfläche leicht einzunebeln und das erste aufquellende Blut wegzuspülen. Nur nicht zu viel; der Vasokonstriktor, den ich ihm verabreicht hatte, wirkte, aber das würde nicht lange anhalten.
    Ich zerteilte vorsichtig die Muskelfasern, die noch intakt waren, um den Knochen freizulegen und die Sehne, die silbern zwischen den anderen Farben des Körpers aufglänzte. Das Schwert hatte die Sehne etwa drei Zentimeter oberhalb der Mittelhandknochen fast ganz zertrennt. Ich zerschnitt die wenigen verbleibenden Fasern, und die Hand reagierte mit einem Zuckreflex, der mich etwas aus der Fassung brachte. Ich biss mir auf die Lippe, doch es war alles in Ordnung;
abgesehen von der Hand hatte er sich nicht bewegt. Er fühlte sich anders an; es war mehr Leben in seinem Gewebe als in dem eines Mannes unter Äther oder Pentothal. Er war nicht anästhesiert, sondern lag nur im Tiefschlaf; seine Haut und seine Muskeln fühlten sich elastisch an, nicht nachgiebig und schlaff, wie ich es zu meiner Zeit im Krankenhaus gewohnt gewesen war. Dennoch war es etwas ganz anderes – und eine unermessliche Erleichterung – als die lebendigen, panischen Zuckungen, die ich im Lazarettzelt unter meinen Händen gespürt hatte.
    Ich schob die abgeschnittene Sehne mit der Zange zur Seite. Der tief liegende Zweig des Ellennervs kam zum Vorschein, ein zarter weißer Myelinfaden, dessen winzige Verästelungen sich bis hin zur Unsichtbarkeit tief im Gewebe ausbreiteten. Gut, er lag so dicht am kleinen Finger, dass ich arbeiten konnte, ohne den Hauptstamm des Nervs zu beschädigen.
    Man wusste es nie; Lehrbuchillustrationen waren eine Sache, doch das Erste, was jeder Chirurg lernte, war die verblüffende Tatsache, dass jeder menschliche Körper ein Unikat war. Der Magen mochte sich in etwa dort befinden, wo man ihn erwartete, doch die Nerven und Blutgefäße, die ihn versorgten, konnten überall in seiner ungefähren Nachbarschaft verlaufen, und ihre Form und Anzahl konnten jedes Mal anders sein.
    Doch jetzt kannte ich die Geheimnisse dieser Hand. Ich konnte ihren Bauplan sehen, die Strukturen, die ihr Gestalt und Bewegungsfähigkeit verliehen. Da war der schöne, kraftvolle Bogen des dritten Mittelhandknochens und das feine Netz der Blutgefäße, die ihn versorgten. Blut quoll auf, langsam und lebendig, scharlachrot auf dem zerstörten Knochen, dunkel und königsblau in der kleinen Vene, die unter dem Gelenk pulsierte, schwarz verkrustet am Rand der eigentlichen Wunde, wo es geronnen war.
    Ohne mich zu fragen, woher, hatte ich gewusst, dass der vierte Mittelhandknochen zerschmettert war; das Ringfingergelenk im Inneren der Hand. So war es auch; die Klinge hatte ihn in der Nähe des proximalen Endes getroffen und das Ende des kleinen Knochens nahe der Mitte der Hand abgesplittert.
    Also würde ich ihn ebenfalls entfernen; die freiliegenden Knochenstücke mussten sowieso entfernt werden, um zu verhindern, dass sie das umliegende Gewebte reizten. Wenn ich den Finger vom Mittelhandgelenk an entfernte, würden Mittelfinger und kleiner Finger dicht beieinanderliegen und so die Hand verschmälern und die sperrige Lücke schließen, die der fehlende Finger hinterließ.
    Ich zog fest an dem zerschmetterten Finger, um den Gelenkzwischenraum zu vergrößern, dann benutzte ich die Skalpellspitze, um die Sehne zu durchtrennen. Die Knorpel trennten sich mit einem leisen, aber hörbaren Plop!, und Jamie fuhr zusammen und stöhnte, und seine Hand wand sich in der meinen.
    »Schsch«, flüsterte ich ihm zu und hielt seine Hand fest. »Schsch, schon gut. Ich bin hier, es ist schon gut.«
    Ich konnte nichts für die jungen Männer tun, die auf dem Feld im Sterben
lagen, doch hier, für ihn, konnte ich zaubern, und ich wusste, dass meine Magie von Dauer sein würde. Er hörte mich, tief in seinen verstörenden Opiumträumen; er runzelte die Stirn und murmelte etwas Unverständliches, dann seufzte er tief und entspannte sich, und sein Handgelenk erschlaffte wieder unter meiner Hand.
    Irgendwo in der Nähe krähte ein Hahn, und ich blickte zur Zeltwand hinüber. Es war merklich heller geworden, und ein schwacher Morgenwind wehte hinter mir durch den Spalt und kühlte mir den Nacken.
    Den tief liegenden Muskel so zerstörungsfrei wie möglich entfernen. Die kleine Fingerarterie und die beiden anderen Gefäße abbinden, die so groß waren, dass man sich darum kümmern musste; die letzten paar

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