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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Verletzung spüren, einen losen Hautfetzen im Inneren meiner Lippe, und schmeckte Silber und Kupfer, als hätte ich den Mund voller Pennystücke.
    Ich atmete, als wäre ich eine Meile weit gerannt, doch ich konnte atmen; meine Nase und mein Hals waren widerstandslos frei, und der Hals war nicht rau, nicht wund. Ich war in Schweiß gebadet, und meine Muskeln schmerzten, weil ich mich so sehr verkrampft hatte.
    Zu meiner Linken hörte ich Stöhnen im Gebüsch. Sie haben ihn also nicht umgebracht, dachte ich dumpf. Ich sollte wohl einen Blick auf ihn werfen, ihm helfen. Ich wollte es nicht, wollte keinen Mann berühren oder sehen oder mich irgendwo in der Nähe eines Mannes aufhalten. Doch es spielte keine Rolle; ich konnte mich nicht bewegen.
    Ich war nicht länger in den Klauen des Schreckens erstarrt; ich wusste, wo ich war und dass ich in Sicherheit war – mehr oder weniger. Doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich verharrte schwitzend und zitternd in der Hocke und lauschte.
    Der Mann stöhnte noch ein paarmal auf, dann wälzte er sich herum, und es raschelte im Geäst.
    »Oh, Mist«, murmelte er. Er lag schwer atmend still, bis er sich abrupt aufsetzte und »Oh, Mist! « ausrief – ich konnte nicht sagen, ob der Schmerz der Auslöser war oder er sich wieder daran erinnerte, dass man ihn ausgeraubt hatte. Leises Fluchen, ein Seufzer, Schweigen – dann ein Schreckensschrei, der mich wie ein Elektroschock ins Mark traf.
    Wildes Rascheln, als sich der Mann aufrappelte – warum, warum, was war los? Er flüchtete knackend und krachend. Die Angst war ansteckend; am liebsten wäre ich mitgerannt, war auf den Beinen, das Herz im Hals, doch ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Der Idiot machte solchen Lärm, dass ich nichts hören konnte. Was zum Teufel war dort in der Dunkelheit unterwegs?
    Ich sah mich um, weil es leise im trockenen Laub raschelte – und blieb um den Bruchteil einer Sekunde vor einem Herzinfarkt verschont, weil Rollos feuchte Nase meine Hand anstupste.
    »Jesus H. Roosevelt Christ!«, rief ich aus und war erleichtert, meine Stimme zu hören. Raschelnde Schritte kamen durch das Laub auf mich zu.
    »Oh, da bist du ja, Tante Claire.« Eine hochgewachsene Gestalt ragte vor mir auf, nicht mehr als ein Schatten in der Dunkelheit, und Ian berührte meinen Arm. »Geht es dir gut?« Seine Stimme hatte einen nervösen Unterton – guter Junge.
    »Ja«, sagte ich ziemlich schwach, dann entschlossener: »Ja. Ich habe im Dunkeln die Orientierung verloren.«

    »Oh.« Die hochgewachsene Gestalt entspannte sich. »Das habe ich mir schon gedacht. Denny Hunter ist zu mir gekommen und hat gesagt, du wolltest ein bisschen Schmalz ausfindig machen, doch du wärst nicht zurückgekommen, und er würde sich um dich sorgen. Also habe ich mich mit Rollo auf die Suche gemacht. Wer war denn der Kerl, den Rollo zu Tode erschreckt hat?«
    »Ich weiß es nicht.« Da er von Schmalz sprach, sah ich mich nach meiner Tasse um. Sie lag leer und sauber auf dem Boden. Aus den Leckgeräuschen schloss ich, dass Rollo, nachdem er die Tasse geleert hatte, jetzt ordentlich die Blätter sauber leckte, auf die das Schmalz getropft war, als ich sie hatte fallen lassen. Unter den Umständen beschwerte ich mich wohl besser nicht.
    Ian bückte sich und hob die Tasse auf.
    »Komm zurück zum Feuer, Tante Claire. Ich besorge dir neues Schmalz.«
    Ich widersprach ihm nicht und folgte ihm den Hang hinunter, ohne ernsthaft auf meine Umgebung zu achten. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, meine Gefühle in den Griff zu bekommen und das Gleichgewicht wiederzufinden.
    Ich hatte das Wort »Flashback« in den Sechzigern in Boston flüchtig gehört. Vorher hatte man das Phänomen nicht so genannt, doch ich hatte davon gehört. Grabenschock hatte man im Ersten Weltkrieg dazu gesagt. Kriegsneurose im Zweiten. Es ist das, was geschieht, wenn man Dinge überlebt, die man niemals er leben dürfte, und dieses Bewusstsein dann nicht mit der Tatsache in Einklang bringen kann, dass man es geschafft hat.
    Nun, das habe ich aber, sagte ich trotzig zu mir selbst. Also finde dich damit ab. Eine Sekunde lang fragte ich mich, mit wem ich eigentlich redete und ob ich ernsthaft im Begriff war, den Verstand zu verlieren.
    Natürlich erinnerte ich mich an die Dinge, die mir zugestoßen waren, als man mich vor einigen Jahren entführt hatte. Es wäre mir zwar von Herzen lieber gewesen, wenn ich mich nicht mehr daran erinnert hätte, doch ich wusste genug über

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