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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und ließ unsere Umhänge und Röcke flattern wie Rabenflügel.
    Ich behielt die Steine argwöhnisch im Auge, spürte aber nichts, als wir vor
dem Grabhügel zum Stehen kamen. Es war ein Passagengrab von der Art, die man Clava Cairns nannte; ich hatte keine Ahnung, was das bedeutete, doch Onkel Lamb hatte Fotos von vielen solcher Fundorte gehabt. Die Passage orientierte sich zu einem bestimmten Datum an einem bestimmten Gestirn. Ich hob meinen Blick zum bleiernen, weinenden Himmel empor und beschloss, dass heute wohl ohnehin nicht der richtige Tag war.
    »Wir wissen nicht, wer hier begraben liegt«, hatte uns Hugh am Vortag erklärt. »Doch es muss ein großer Clanhäuptling gewesen sein. Sonst hätte sich ja niemand die Mühe gemacht, ihm ein solches Grab zu errichten!«
    »Aye, gewiss«, hatte Jamie gesagt und diplomatisch hinzugefügt: »Und dieser große Häuptling liegt dort jetzt nicht mehr?«
    »O nein«, versicherte uns Hugh. »Die Erde hat ihn sich schon lange genommen. Man sieht nur noch einen kleinen Fleck, wo seine Knochen waren. Und ihr braucht auch keine Angst zu haben, dass ein Fluch auf dem Ort liegt.«
    »Oh, gut«, murmelte ich, doch er beachtete mich nicht.
    »Irgendeine Vorwitznase hat das Grab vor über hundert Jahren geöffnet; wenn es also einen Fluch gab, hat er sich gewiss an ihn geheftet.«
    Das war tröstlich, und tatsächlich schien sich keiner der Anwesenden in der Nähe des Grabes beklommen zu fühlen. Allerdings war es genauso gut möglich, dass sie alle schon so lange mit seinem Anblick lebten, dass es für sie nicht mehr war als ein Teil der Landschaft.
    Jetzt diskutierten sie über ihr weiteres Vorgehen. Die Augen der Männer waren kopfschüttelnd und skeptisch auf den Grabhügel gerichtet und zeigten abwechselnd auf die offene Passage, die in die Grabkammer führte, und zur Spitze des Hügelgrabs, deren Steine entweder entfernt oder heruntergefallen und fortgeräumt worden waren. Die Frauen drängten sich dichter aneinander und warteten. Wir waren am Vortag benebelt vor Erschöpfung angekommen, und sie waren mir zwar alle vorgestellt worden, doch es fiel mir schwer, den richtigen Gesichtern die richtigen Namen zuzuordnen. Ohnehin sahen sich ihre Gesichter alle ähnlich – schmal, abgehärmt und blass. Und sie strahlten chronische Erschöpfung aus, eine Müdigkeit, die nicht allein von der Totenwache kam.
    Ich musste mich plötzlich an Mrs. Bugs Begräbnis erinnern. Wir hatten es in aller Hast improvisiert – und doch hatten die Trauernden Würde und aufrichtigen Schmerz an den Tag gelegt. Ich hatte den Eindruck, dass diese Menschen Simon Fraser kaum gekannt hatten.
    Wie viel besser wäre es doch gewesen, seinen letzten Wunsch zu beherzigen und ihn bei seinen gefallenen Kameraden auf dem Schlachtfeld zu lassen, dachte ich. Doch wer auch immer gesagt hatte, dass Beerdigungen vor allem für die Lebenden da waren, hatte recht.
    Das Gefühl des Versagens und der Vergeblichkeit, das auf die Niederlage bei Saratoga gefolgt war, hatte bei seinen Offizieren die Entschlossenheit hervorgerufen, irgendetwas zu bewerkstelligen, den Mann, den sie geliebt, und den Soldaten, den sie respektiert hatten, mit einer würdigen Geste zu ehren. Vielleicht
hatten sie ihn ja auch heimschicken wollen, weil sie selbst solche Sehnsucht nach der Heimat hatten.
    Genau dieses Gefühl des Versagens – gepaart mit einer zutiefst romantischen Ader – war es zweifellos auch gewesen, das General Burgoyne dazu bewogen hatte, auf dieser Geste zu beharren; wahrscheinlich betrachtete er es als persönliche Ehrensache. Und dann Hugh Fraser, der seit der Katastrophe von Culloden selbst von der Hand in den Mund leben musste und angesichts der unerwarteten Heimkehr seines jüngeren Bruders nicht in der Lage war, für ein grandioses Begräbnis zu sorgen, gleichzeitig aber selbst ein großer Romantiker war … Und am Ende diese seltsame Prozession, die Simon Fraser in eine Heimat führte, die nicht mehr die seine war, zu einer Frau, für die er ein Fremder war.
    Und Ungestüm wird ihn von seinem Ort treiben. An diese Zeile musste ich denken, als die Männer jetzt zu ihrem Entschluss fanden und begannen, dem Sarg die Räder abzunehmen. Gemeinsam mit den anderen Frauen war ich näher gekommen und stand jetzt unmittelbar neben einem der Steine, die das Grab umringten. Sie waren kleiner als die Steine von Craigh na Dun – zwischen einem halben und einem Meter hoch. Ich folgte einem plötzlichen Impuls, streckte die Hand aus

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