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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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früh, denn es hatte vor drei oder vier Stunden zu schneien begonnen, und schon war das Lager in eine weiße Decke gehüllt.
    William hoffte, dass sie die weiße Flagge überhaupt sehen würden.
    »Schön, dann steig also auf und reite vor mir her«, sagte er zu Colenso und reichte dem Jungen den langen Stock, an dem er die Flagge festgebunden hatte. Der Junge riss vor Schreck die Augen auf.
    »Was, ich?«
    »Ja, genau«, sagte William ungeduldig. »Los, sonst gibt es einen Tritt.«
    Es juckte William zwischen den Schulterblättern, als sie das Lager betraten, und Colenso, der wie ein Äffchen auf seinem Pferd hockte, hielt die Flagge, so tief er es wagte, und murmelte seltsame Flüche in seinem Dialekt. Williams linke Hand juckte ebenfalls, denn sie hätte gern nach seinem Schwertknauf gegriffen oder dem Kolben seiner Pistole. Doch er war unbewaffnet gekommen.
Wenn sie auf ihn schießen wollten, würden sie auf ihn schießen, ob er bewaffnet war oder nicht, und keine Waffen zu tragen, war ein Zeichen des vertrauensvollen Entgegenkommens. Also schlug er trotz des Schnees seinen Umhang zurück, um seinen Mangel an Waffen zu demonstrieren, und ritt langsam in den Sturm hinein.
     
    DIE PRÄLIMINARIEN VERLIEFEN GUT. NIEMAND SCHOSS AUF IHN, UND MAN verwies ihn an einen gewissen Oberst Preston, einen hochgewachsenen Mann in den zerlumpten Überresten der Kontinantaluniform, der ihn zwar schief ansah, seiner Frage aber überraschend höflich Gehör schenkte. Die Erlaubnis wurde ihm gewährt – doch da dies die amerikanische Armee war, handelte es sich dabei nicht um die Genehmigung, den Arzt mitzunehmen, sondern um die Genehmigung, den Arzt zu fragen, ob er mitgehen würde.
    Willie ließ Colenso bei den Pferden und dem Maultier zurück und erteilte ihm die strikte Anweisung, die Augen offen zu halten. Dann stieg er den kleinen Hügel hinauf, auf dem sich Denzell Hunter wahrscheinlich aufhielt, wie man ihm mitgeteilt hatte. Sein Herz schlug schnell, und das nicht nur vor Anstrengung. In Philadelphia war er sich noch sicher gewesen, dass Hunter auf seine Bitte hin mitkommen würde. Jetzt war er sich da nicht mehr ganz so sicher.
    Er hatte gegen die Amerikaner gekämpft, kannte viele von ihnen – Männer, die sich in keiner Weise von den Engländern unterschieden, die sie bis vor zwei Jahren noch gewesen waren. Doch nie zuvor war er in einem amerikanischen Feldlager gewesen.
    Es erschien ihm chaotisch, das war normal für ein Lager im Anfangsstadium, und er konnte die grobe Ordnung erkennen, die in der Tat inmitten der Trümmerhaufen und der zerhackten Baumstämme herrschte. Doch etwas in diesem Lager fühlte sich anders an, etwas, das ihm beinahe wie Überschwang vorkam. Die Männer, an denen er vorüberkam, waren extrem zerlumpt, trotz des Wetters hatte nicht einmal jeder Zehnte Schuhe, und sie hockten in Gruppen wie Bettler um die Lagerfeuer, in Decken, Schultertücher, die Überreste von Leinenzelten und Jutesäcke gehüllt. Und doch hockten sie nicht in trostlosem Schweigen zusammen. Sie redeten.
    Unterhielten sich kameradschaftlich, erzählten sich Witze, standen auf, um in den Schnee zu pinkeln, oder stapften im Kreis, um das Blut in Fluss zu bringen. Er wusste, wie ein demoralisiertes Feldlager aussah, und dieses hier war keines. Was alles in allem erstaunlich war. Er ging davon aus, dass auch Denzell Hunter diese Stimmung teilen musste. Und wenn das so war, würde er sich dann einverstanden erklären, seine Kameraden zu verlassen? Unmöglich, es zu sagen, wenn man ihn nicht fragte.
    Es gab keine Tür zum Anklopfen. Er umrundete einen Hain blattloser Eichenschösslinge, die der Axt bis jetzt entronnen waren, und fand Hunter am Boden hockend, wo er eine Wunde im Bein eines Mannes nähte, der vor ihm auf einer Decke lag. Rachel Hunter hielt den Mann an den Schultern fest, und
ihr Kopf mit dem Häubchen war über ihn gebeugt, während sie ihm Mut zusprach.
    »Habe ich dir nicht gesagt, dass es schnell geht?«, sagte sie gerade. »Nicht mehr als dreißig Sekunden, habe ich angekündigt, und so war es. Ich habe mitgezählt, nicht wahr?«
    »Du zählst aber sehr langsam, Rachel«, sagte der Arzt und lächelte, während er nach seiner Schere griff und den Faden abschnitt. »Man könnte in einer deiner Minuten dreimal die Paulskathedrale umrunden.«
    »Quatsch«, sagte sie nachsichtig. »Jedenfalls ist es ja vorbei. Hier, setz dich und trink einen Schluck Wasser. Du kannst nicht -« Sie hatte sich dem Eimer zugewandt, der

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