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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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er einfach nur die bessere Aussicht hatte, wenn er ihr gegenübersaß.
    Allmählich kamen sie zur Ruhe, machten es sich bequem und verstummten. Rachel schloss die Augen, sah die warme Röte des Feuers auf der Innenseite ihrer Augenlider, spürte die Wärme an Händen und Füßen. Sie bedankte sich wortlos dafür, denn sie hatte die immerwährende beißende Kälte des Feldlagers nicht vergessen, die ihr die Finger- und Zehennägel in Brand setzte, und das fortwährende Zittern, das zwar nachließ, aber nicht ganz aufhörte, wenn sie sich nachts in ihre Decken hüllte, sodass ihre Muskeln vor Erschöpfung schmerzten. Es war kein Wunder, dass Denny nicht wollte, dass Dorothea ihm folgte. Sie selbst wollte nicht zurück, hätte fast alles gegeben, um nicht zurückzugehen – alles außer Dennys Wohlergehen. Sie hasste es zu hungern und zu frieren, doch es wäre schlimmer, warm und satt zu sein und zu wissen, dass er allein litt.
    Hatte Lady Dorothea die geringste Ahnung, wie es sein würde?, fragte sie sich und öffnete die Augen. Dorothea saß still, aber aufrecht da, die eleganten Hände auf dem Schoß gefaltet. Wahrscheinlich stellte sich Denny ja gerade diese Hände rot gefroren und voller Blasen vor, wie es Rachel tat, das hübsche Gesicht eingefallen vor Hunger und fleckig vor Schmutz und Kälte.
    Dorotheas Augen wurden von ihren Lidern überschattet, doch Rachel war sich sicher, dass sie Denny ansah. Sie war hier ein beträchtliches Risiko eingegangen, dachte Rachel. Denn was, wenn der Herr zu Denny sprach und ihm sagte, dass es unmöglich war, dass er sie fortschicken sollte? Was, wenn der Herr gerade zu Dorothea sprach, dachte sie plötzlich, oder wenn Er es bereits getan hatte? Dieser Gedanke bestürzte Rachel sehr. Nicht dass die Freunde der Meinung waren, der Herr würde ausschließlich zu ihnen sprechen; sie waren sich nur nicht sicher, dass andere ihm besonders oft zuhörten.
    Hatte sie selbst denn zugehört? Wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie es nicht getan hatte. Und sie wusste auch, warum: weil sie nicht hören wollte, wovon sie befürchtete, dass sie es unweigerlich hören würde – dass sie sich von Ian Murray abwenden und die Gedanken an ihn aufgeben musste, die ihr in der Kälte des Waldes den Körper wärmten und die Träume erhitzten, so
sehr, dass sie manchmal erwachte und sich sicher war, dass der Schnee auf ihrer Handfläche verdampfen würde, wenn sie die Hand ins Freie streckte.
    Sie schluckte krampfhaft und schloss die Augen, während sie versuchte, sich der Wahrheit zu öffnen, auch wenn sie aus Angst davor zitterte.
    Doch alles, was sie hörte, war ein beständiges Hecheln, und ihm nächsten Moment stieß ihr Rollo seine feuchte Nase in die Hand. Bestürzt kratzte sie ihm die Ohren. Es schickte sich zwar gewiss nicht, das bei einer Zusammenkunft zu tun, doch er würde nicht aufhören, sie anzustupsen, bis sie nachgab, das wusste sie. Er schloss wohlig die gelben Augen und legte ihr seinen schweren Kopf auf das Knie.
    Der Hund liebt ihn, dachte sie und strich ihm sanft durch den dichten, drahtigen Pelz. Kann er denn ein schlechter Mensch sein, wenn das so ist? Es war nicht Gott, dessen Antwort sie hörte, sondern ihr Bruder, der gewiss sagen würde: Hunde sind zwar wunderbare Geschöpfe, doch ich glaube nicht, dass sie besonders gute Menschenkenner sind.
    Ich aber schon, dachte sie. Ich weiß, was er ist – und ich weiß, was er sein könnte. Sie richtete den Blick auf Dorothea, die reglos in ihrem grauen Sackkleid dasaß. Lady Dorothea war bereit, ihr früheres Leben und sehr wahrscheinlich auch ihre Familie aufzugeben, um sich um Dennys willen den Freunden anzuschließen. War es nicht möglich, fragte sie sich, dass sich Ian Murray um ihretwillen von der Gewalt abwandte?
    Nun, was für ein stolzer Gedanke, tadelte sie sich. Was glaubst du denn, welche Macht du besitzt, Rachel Mary Hunter? Niemand besitzt solche Macht außer dem Herrn.
    Doch der Herr besaß sie. Und wenn der Herr es wollte, war alles möglich. Rollos Rute bewegte sich sacht und klopfte dreimal auf den Boden.
    Denzell Hunter richtete sich im Sitzen ein wenig auf. Es war eine kaum merkliche Bewegung, doch da sie der völligen Reglosigkeit entsprang, überraschte sie die beiden Frauen, die wie aufgeschreckte Vögel die Köpfe hoben.
    »Ich liebe dich, Dorothea«, sagte er. Er sprach sehr leise, doch seine sanften Augen brannten hinter den Brillengläsern, und Rachel spürte einen Schmerz in ihrer Brust.

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