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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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»Willst du mich heiraten?«

87
    TRENNUNG UND WIEDERSEHEN
    20. April 1778
     
    F ür eine Atlantiküberquerung – und nach unseren Abenteuern mit den Kapitänen Roberts, Hickman und Stebbings betrachtete ich mich als Expertin in Schiffskatastrophen – fiel die Reise nach Amerika extrem langweilig aus. Einmal kamen wir in die Nähe eines englischen Kriegsschiffs, das wir aber glücklicherweise abhängen konnten; wir gerieten in zwei Gewitter und einen gewaltigen Sturm, zum Glück jedoch, ohne zu sinken. Und das Essen war zwar grauenhaft, doch ich war viel zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, um mehr als die Maden aus dem Zwieback zu schütteln, bevor ich ihn aß.
    Meine Gedanken galten zur Hälfte der Zukunft: Marsalis und Fergus’ heikler Situation, Henri-Christians lebensgefährlichem Zustand und den praktischen Voraussetzungen für seine Behebung. Die andere Hälfte – nun ja, sieben Achtel, um ehrlich zu sein – war noch in Lallybroch bei Jamie.
    Ich fühlte mich wund und angeschlagen. An einer lebensgefährlichen Stelle abgeschnitten, wie immer, wenn ich länger von Jamie getrennt war, doch gleichzeitig auch, als wäre ich mit Gewalt von daheim vertrieben worden wie eine Seepocke, die man von ihrem Felsen gerissen und achtlos in die kochende Brandung geworfen hatte.
    Zum Großteil jedoch lag es an Ians bevorstehendem Tod. Ian war so sehr Teil von Lallybroch, seine Anwesenheit dort eine solche Konstante – und jahrein, jahraus ein solcher Trost für Jamie gewesen -, dass sein Verlust in gewisser Weise dem Verlust Lallybrochs gleichkam. Merkwürdigerweise machte ich mir kaum Gedanken über Jennys Worte, so verletzend diese auch gewesen waren; zu gut kannte ich diesen panischen Schmerz, diese Verzweiflung, die man in Wut verwandelte, weil man nur so am Leben bleiben konnte. Und eigentlich verstand ich ihre Gefühle auch, weil ich sie teilte: irrational oder nicht, ich fühlte mich, als wäre es meine Pflicht gewesen, Ian zu helfen. Was nützte all mein Wissen, all mein Können, wenn ich nicht helfen konnte, wo Hilfe wirklich vonnöten war?
    Dieses Gefühl des Verlustes – und der nagenden Schuld – wurde noch verstärkt durch die Tatsache, dass ich nicht dabei sein konnte, als Ian starb, dass ich bei unserem letzten Abschied genau gewusst hatte, dass ich ihn nicht wiedersehen würde … dass ich nicht in der Lage gewesen war, ihm Trost oder Erleichterung zu bringen oder bei Jamie oder seiner Familie zu sein, als der Schlag fiel – oder einfach nur bei seinem Tod zugegen zu sein.
    Auch der jüngere Ian spürte dies, sogar noch stärker. Ich traf ihn oft am Heck an, wo er voll Kummer in das Kielwasser des Schiffes starrte.

    »Glaubst du, er ist schon tot?«, fragte er mich einmal abrupt, als ich mich dort zu ihm setzte. »Pa?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich aufrichtig. »Eigentlich würde ich es annehmen, aber manche Menschen halten erstaunlich lange durch. Wann hat er Geburtstag, weißt du das?«
    Er sah mich verblüfft an. »Irgendwann im Mai, ungefähr zur gleichen Zeit wie Onkel Jamie. Warum?«
    Ich zuckte mit den Achseln und zog das Schultertuch fester um mich, denn der Wind war kalt.
    »Oft scheinen Menschen, die sehr krank sind, aber bald Geburtstag haben, mit dem Sterben zu warten, bis er vorüber ist. Ich habe einmal eine Studie darüber gelesen. Aus irgendeinem Grund ist es noch wahrscheinlicher, wenn es sich um eine Berühmtheit handelt.«
    Das brachte ihn zum Lachen, wenn auch schmerzerfüllt.
    »Das ist Pa natürlich nie gewesen.« Er seufzte. »Ich wünschte nur, ich wäre bei ihm geblieben. Ich weiß, dass er gesagt hat, ich soll gehen – und ich wollte auch gehen«, fügte er aufrichtig hinzu. »Aber ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich es getan habe.«
    Ich seufzte ebenfalls. »Ich genauso.«
    »Aber du musstest doch gehen«, protestierte er. »Du konntest doch nicht zulassen, dass der arme kleine Henri-Christian erstickt. Pa hat das verstanden, das weiß ich ganz bestimmt.«
    Ich lächelte über diesen gut gemeinten Versuch, mich aufzumuntern.
    »Er hat auch verstanden, warum du gehen musstest.«
    »Aye, ich weiß.« Er schwieg eine Weile und sah der Furche des Kielwassers zu; es war ein windiger Tag, und das Schiff kam gut voran, obwohl die See aufgewühlt war und voller weißer Häubchen. »Ich wünschte -«, sagte er plötzlich, dann hielt er inne und schluckte. »Ich wünschte, Pa hätte Rachel kennenlernen können«, sagte er leise. »Ich wünschte, sie könnte

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